Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bakunin, Michail Alexandrowitsch: Aufruf an die Slaven. Koethen, 1848.

Bild:
<< vorherige Seite

Groß und schön war diese Bewegung, welche über ganz Europa ging. Als, berührt vom Hauche der Revolution, Italiener, Polen, Slaven, Deutsche, Magyaren, Wallachen, Die in Oesterreich und Die in der Türkei, kurz Alle, welche bis dahin in heimischen Ketten oder unter fremden Joche geächzt hatten, sich freudebebend erhoben! Die kühnsten Träume gingen in Erfüllung. Die Völker sahen vom Grabe ihrer Unabhängigkeit den schweren Stein, der Jahrhunderte hindurch darauf gelastet hatte, wie von unsichtbarer Hand hinweggewälzt; das Zaubersiegel war gebrochen, und der Drache, welcher die schmerzliche Erstarrung so vieler lebendigtodter Nationen hütete, lag erschlagen und verröchelnd da. Ein Völkerfrühlingsmorgen brach blutroth an. Die alte Staatenpolitik versank in Nichts; eine neue Politik trat ins Leben, die Politik der Völker. Aufgelöst erklärte die Revolution aus ihrer Machtvollkommenheit die Despoten-Staaten - aufgelöst das preußische Reich, das sie die ihm zugefallenen polnischen Landestheile aus seinem Staatsverbande entlassen hieß, - aufgelöst Oesterreich, dieses aus den verschiedenartigsten Nationalitäten durch List, Gewalt und Verbrechen zusammengeknetete Ungethüm, - aufgelöst das türkische Reich, in welchem kaum siebenhunderttausend Osmanen eine Bevölkerung von zwölf Millionen Slaven, Wallachen und Griechen unter ihre Füße traten, - aufgelöst endlich den letzten Despotentrost, das letzte trügerische Bollwerk der aufs Haupt geschlagenen Diplomatie, das russische Reich, auf daß die drei in ihr geknechteten Nationen, Großrussen, Kleinrussen, Polen, sich selbst zurückgegeben, ihren übrigen slavischen Brüdern die freie Hand reichen könnten. Aufgelöst also, umgestürzt und neugestaltet den ganzen Norden und Osten Europas, Italien frei und als

Groß und schön war diese Bewegung, welche über ganz Europa ging. Als, berührt vom Hauche der Revolution, Italiener, Polen, Slaven, Deutsche, Magyaren, Wallachen, Die in Oesterreich und Die in der Türkei, kurz Alle, welche bis dahin in heimischen Ketten oder unter fremden Joche geächzt hatten, sich freudebebend erhoben! Die kühnsten Träume gingen in Erfüllung. Die Völker sahen vom Grabe ihrer Unabhängigkeit den schweren Stein, der Jahrhunderte hindurch darauf gelastet hatte, wie von unsichtbarer Hand hinweggewälzt; das Zaubersiegel war gebrochen, und der Drache, welcher die schmerzliche Erstarrung so vieler lebendigtodter Nationen hütete, lag erschlagen und verröchelnd da. Ein Völkerfrühlingsmorgen brach blutroth an. Die alte Staatenpolitik versank in Nichts; eine neue Politik trat ins Leben, die Politik der Völker. Aufgelöst erklärte die Revolution aus ihrer Machtvollkommenheit die Despoten-Staaten – aufgelöst das preußische Reich, das sie die ihm zugefallenen polnischen Landestheile aus seinem Staatsverbande entlassen hieß, – aufgelöst Oesterreich, dieses aus den verschiedenartigsten Nationalitäten durch List, Gewalt und Verbrechen zusammengeknetete Ungethüm, – aufgelöst das türkische Reich, in welchem kaum siebenhunderttausend Osmanen eine Bevölkerung von zwölf Millionen Slaven, Wallachen und Griechen unter ihre Füße traten, – aufgelöst endlich den letzten Despotentrost, das letzte trügerische Bollwerk der aufs Haupt geschlagenen Diplomatie, das russische Reich, auf daß die drei in ihr geknechteten Nationen, Großrussen, Kleinrussen, Polen, sich selbst zurückgegeben, ihren übrigen slavischen Brüdern die freie Hand reichen könnten. Aufgelöst also, umgestürzt und neugestaltet den ganzen Norden und Osten Europas, Italien frei und als

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0008" n="8"/>
        <p>Groß und schön war diese Bewegung, welche über ganz Europa ging. Als, berührt vom Hauche der Revolution, Italiener, Polen, Slaven, Deutsche, Magyaren, Wallachen, Die in Oesterreich und Die in der Türkei, kurz Alle, welche bis dahin in heimischen Ketten oder unter fremden Joche geächzt hatten, sich freudebebend erhoben! Die kühnsten Träume gingen in Erfüllung. Die Völker sahen vom Grabe ihrer Unabhängigkeit den schweren Stein, der Jahrhunderte hindurch darauf gelastet hatte, wie von unsichtbarer Hand hinweggewälzt; das Zaubersiegel war gebrochen, und der Drache, welcher die schmerzliche Erstarrung so vieler lebendigtodter Nationen hütete, lag erschlagen und verröchelnd da. Ein Völkerfrühlingsmorgen brach blutroth an. Die alte Staatenpolitik versank in Nichts; eine neue Politik trat ins Leben, die Politik der Völker. Aufgelöst erklärte die Revolution aus ihrer Machtvollkommenheit die Despoten-Staaten &#x2013; aufgelöst das preußische Reich, das sie die ihm zugefallenen polnischen Landestheile aus seinem Staatsverbande entlassen hieß, &#x2013; aufgelöst Oesterreich, dieses aus den verschiedenartigsten Nationalitäten durch List, Gewalt und Verbrechen zusammengeknetete Ungethüm, &#x2013; aufgelöst das türkische Reich, in welchem kaum siebenhunderttausend Osmanen eine Bevölkerung von zwölf Millionen Slaven, Wallachen und Griechen unter ihre Füße traten, &#x2013; aufgelöst endlich den letzten Despotentrost, das letzte trügerische Bollwerk der aufs Haupt geschlagenen Diplomatie, das russische Reich, auf daß die drei in ihr geknechteten Nationen, Großrussen, Kleinrussen, Polen, sich selbst zurückgegeben, ihren übrigen slavischen Brüdern die freie Hand reichen könnten. Aufgelöst also, umgestürzt und neugestaltet den ganzen Norden und Osten Europas, Italien frei und als
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[8/0008] Groß und schön war diese Bewegung, welche über ganz Europa ging. Als, berührt vom Hauche der Revolution, Italiener, Polen, Slaven, Deutsche, Magyaren, Wallachen, Die in Oesterreich und Die in der Türkei, kurz Alle, welche bis dahin in heimischen Ketten oder unter fremden Joche geächzt hatten, sich freudebebend erhoben! Die kühnsten Träume gingen in Erfüllung. Die Völker sahen vom Grabe ihrer Unabhängigkeit den schweren Stein, der Jahrhunderte hindurch darauf gelastet hatte, wie von unsichtbarer Hand hinweggewälzt; das Zaubersiegel war gebrochen, und der Drache, welcher die schmerzliche Erstarrung so vieler lebendigtodter Nationen hütete, lag erschlagen und verröchelnd da. Ein Völkerfrühlingsmorgen brach blutroth an. Die alte Staatenpolitik versank in Nichts; eine neue Politik trat ins Leben, die Politik der Völker. Aufgelöst erklärte die Revolution aus ihrer Machtvollkommenheit die Despoten-Staaten – aufgelöst das preußische Reich, das sie die ihm zugefallenen polnischen Landestheile aus seinem Staatsverbande entlassen hieß, – aufgelöst Oesterreich, dieses aus den verschiedenartigsten Nationalitäten durch List, Gewalt und Verbrechen zusammengeknetete Ungethüm, – aufgelöst das türkische Reich, in welchem kaum siebenhunderttausend Osmanen eine Bevölkerung von zwölf Millionen Slaven, Wallachen und Griechen unter ihre Füße traten, – aufgelöst endlich den letzten Despotentrost, das letzte trügerische Bollwerk der aufs Haupt geschlagenen Diplomatie, das russische Reich, auf daß die drei in ihr geknechteten Nationen, Großrussen, Kleinrussen, Polen, sich selbst zurückgegeben, ihren übrigen slavischen Brüdern die freie Hand reichen könnten. Aufgelöst also, umgestürzt und neugestaltet den ganzen Norden und Osten Europas, Italien frei und als

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T17:03:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T17:03:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T17:03:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bakunin_aufruf_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bakunin_aufruf_1848/8
Zitationshilfe: Bakunin, Michail Alexandrowitsch: Aufruf an die Slaven. Koethen, 1848, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bakunin_aufruf_1848/8>, abgerufen am 28.03.2024.