und selbst Goethe, dem eine "neudeutsche religiös-patrio- tische Kunst" und der "ganz wahnsinnige, protestantisch- katholische, poetisch-christliche Obskurantismus" zuwider waren 37); Goethe, der doch selbst von Protesten getragen, sich zu Cellini und der italienischen Renaissance bekannte, -- selbst er brachte den Optimismus nicht auf, zu glauben, dass hier in absehbarer Zeit etwas könne geändert werden 38). Frankreich und Belgien blieb es vorbehalten, in den sakra- mentalen Werken der Barbey d'Aurevilly, Erneste Hello, Leon Bloy und Cardinal Mercier die Renaissance der Scholastik zu vollziehen und dem protestantischen Zeitalter das Grab zu schaufeln 39).
3.
Ein Herr Hoffmann (Berlin-Friedenau, im Februar 1915) spricht von einem "heroisch-tragischen Sinn des deutschen Humanitätsideals". Ich habe das Büchlein, zu dem er die Vorrede schrieb, bereits erwähnt. Es heisst "Der deutsche Mensch. Bekenntnisse und Forderungen unserer Klassiker" und ist für die Feldpost bestimmt 40). "Die sittliche Freiheit", spricht Herr Hoffmann, "bedeutet eine Beherrschung des vorgefundenen und vorhandenen, des sinnlichen Seins".
Nun weiss man zwar, was Pfarrerssöhne unter Beherr- schung des sinnlichen Seins verstehen, und es bedürfte keiner weiteren "idealistischen" Philosophie. Doch der heroisch- tragische Sinn des deutschen Humanitätsideals, mit dem man versucht, unseren Soldaten die Köpfe zu benebeln, hat seine politischen Hintergedanken. Diese offenbaren sich etwas deut- licher in einem zweiten Bändchen derselben Bücherei, "Der deutsche Glaube. Religiöse Bekenntnisse aus Vergangenheit und Gegenwart", das ich ebenfalls zitierte, sowie in einem dritten und vierten, "Deutsches Volkstum" und "Deutsche Poli- tik", von denen das letztere ausschliesslich Herrn von Treitschke
und selbst Goethe, dem eine „neudeutsche religiös-patrio- tische Kunst“ und der „ganz wahnsinnige, protestantisch- katholische, poetisch-christliche Obskurantismus“ zuwider waren 37); Goethe, der doch selbst von Protesten getragen, sich zu Cellini und der italienischen Renaissance bekannte, — selbst er brachte den Optimismus nicht auf, zu glauben, dass hier in absehbarer Zeit etwas könne geändert werden 38). Frankreich und Belgien blieb es vorbehalten, in den sakra- mentalen Werken der Barbey d'Aurevilly, Erneste Hello, Léon Bloy und Cardinal Mercier die Renaissance der Scholastik zu vollziehen und dem protestantischen Zeitalter das Grab zu schaufeln 39).
3.
Ein Herr Hoffmann (Berlin-Friedenau, im Februar 1915) spricht von einem „heroisch-tragischen Sinn des deutschen Humanitätsideals“. Ich habe das Büchlein, zu dem er die Vorrede schrieb, bereits erwähnt. Es heisst „Der deutsche Mensch. Bekenntnisse und Forderungen unserer Klassiker“ und ist für die Feldpost bestimmt 40). „Die sittliche Freiheit“, spricht Herr Hoffmann, „bedeutet eine Beherrschung des vorgefundenen und vorhandenen, des sinnlichen Seins“.
Nun weiss man zwar, was Pfarrerssöhne unter Beherr- schung des sinnlichen Seins verstehen, und es bedürfte keiner weiteren „idealistischen“ Philosophie. Doch der heroisch- tragische Sinn des deutschen Humanitätsideals, mit dem man versucht, unseren Soldaten die Köpfe zu benebeln, hat seine politischen Hintergedanken. Diese offenbaren sich etwas deut- licher in einem zweiten Bändchen derselben Bücherei, „Der deutsche Glaube. Religiöse Bekenntnisse aus Vergangenheit und Gegenwart“, das ich ebenfalls zitierte, sowie in einem dritten und vierten, „Deutsches Volkstum“ und „Deutsche Poli- tik“, von denen das letztere ausschliesslich Herrn von Treitschke
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und selbst Goethe, dem eine „neudeutsche religiös-patrio-
tische Kunst“ und der „ganz wahnsinnige, protestantisch-
katholische, poetisch-christliche Obskurantismus“ zuwider
waren
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; Goethe, der doch selbst von Protesten getragen,
sich zu Cellini und der italienischen Renaissance bekannte,
— selbst er brachte den Optimismus nicht auf, zu glauben,
dass hier in absehbarer Zeit etwas könne geändert werden
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Frankreich und Belgien blieb es vorbehalten, in den sakra-
mentalen Werken der Barbey d'Aurevilly, Erneste Hello,
Léon Bloy und Cardinal Mercier die Renaissance der
Scholastik zu vollziehen und dem protestantischen Zeitalter
das Grab zu schaufeln
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3.
Ein Herr Hoffmann (Berlin-Friedenau, im Februar 1915)
spricht von einem „heroisch-tragischen Sinn des deutschen
Humanitätsideals“. Ich habe das Büchlein, zu dem er die
Vorrede schrieb, bereits erwähnt. Es heisst „Der deutsche
Mensch. Bekenntnisse und Forderungen unserer Klassiker“
und ist für die Feldpost bestimmt
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spricht Herr Hoffmann, „bedeutet eine Beherrschung des
vorgefundenen und vorhandenen, des sinnlichen Seins“.
Nun weiss man zwar, was Pfarrerssöhne unter Beherr-
schung des sinnlichen Seins verstehen, und es bedürfte keiner
weiteren „idealistischen“ Philosophie. Doch der heroisch-
tragische Sinn des deutschen Humanitätsideals, mit dem man
versucht, unseren Soldaten die Köpfe zu benebeln, hat seine
politischen Hintergedanken. Diese offenbaren sich etwas deut-
licher in einem zweiten Bändchen derselben Bücherei, „Der
deutsche Glaube. Religiöse Bekenntnisse aus Vergangenheit
und Gegenwart“, das ich ebenfalls zitierte, sowie in einem
dritten und vierten, „Deutsches Volkstum“ und „Deutsche Poli-
tik“, von denen das letztere ausschliesslich Herrn von Treitschke
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Ball, Hugo: Zur Kritik der deutschen Intelligenz. Bern, 1919, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ball_intelligenz_1919/75>, abgerufen am 29.11.2024.
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