Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.Joh. Barclayens Argenis/ darumb/ daß Meleander vnser Beylager mit köni-glicher Pracht begehen wolte: Zu dessen Zuberei- tung er dann verreisete. Letztlich hat mich Armseli- ge nichts mehr zurück gehalten/ als die Schamhaff- tigkeit/ wider weiche ich mich auch jetzt in Reden zu thun besorge. Schawet hier/ meine Schwester/ vn- ter dem Pulster die Heyrahtsbedingungen/ so Me- leander mit eigener Handt außgefertiget/ vnd ich zu mehrer Versicherung vnterschrieben habe. (Also gab sie mir das Schreiben.) In diesem Kästlein sind die Kennzeichen vnserer Geheimnüsse/ etliche Brie- fe/ Ringe/ vnd auß vnserer beyden Haar ein Arm- bandt. Wann jhr dieses zeigen werdet/ so wirdt er glauben/ daß ich euch alles vertrawet habe. Vnter solchen Reden entfiel jhr die Sprach. Ich erquickte vnd tröstete sie/ beruffte nachmals etliche trewe Fra- wen/ vnd thete nebenst jhnen alles was vonnöthen war. Aber das Vbel war grösser als die Mittel. Doch gebahr sie einen Sohn/ welchen wir jhr zeige- ten weil sie noch lebte. Hernachmals fragte ich/ ob sie noch so viel Kräfften hette ein Briefflein zu ma- chen; vnd weiß nicht/ was für eine gute Eingebung mich zu den jenigen reitzete was wir heute fürhanden haben. Sie hat es gethan/ vnd auffgezeichnet/ daß sie stürbe/ mir aber ewern Sohn hinderliesse. Ihr werdet jhre Hand erkennen/ Herr/ wiewol sie grosser Schwachheit halben die Buchstaben sehr vbel ge- setzt hat. Kurtz hernach starb sie in meinen Armen. Es waren nicht mehr als vier Frawen bey mir. Ich vbergab
Joh. Barclayens Argenis/ darumb/ daß Meleander vnſer Beylager mit koͤni-glicher Pracht begehen wolte: Zu deſſen Zuberei- tung er dann verꝛeiſete. Letztlich hat mich Armſeli- ge nichts mehr zuruͤck gehalten/ als die Schamhaff- tigkeit/ wider weiche ich mich auch jetzt in Reden zu thun beſorge. Schawet hier/ meine Schweſter/ vn- ter dem Pulſter die Heyrahtsbedingungen/ ſo Me- leander mit eigener Handt außgefertiget/ vnd ich zu mehrer Verſicherung vnterſchrieben habe. (Alſo gab ſie mir das Schreiben.) In dieſem Kaͤſtlein ſind die Kennzeichen vnſerer Geheimnuͤſſe/ etliche Brie- fe/ Ringe/ vnd auß vnſerer beyden Haar ein Arm- bandt. Wann jhr dieſes zeigen werdet/ ſo wirdt er glauben/ daß ich euch alles vertrawet habe. Vnter ſolchen Reden entfiel jhr die Sprach. Ich erquickte vnd troͤſtete ſie/ beruffte nachmals etliche trewe Fra- wen/ vnd thete nebenſt jhnen alles was vonnoͤthen war. Aber das Vbel war groͤſſer als die Mittel. Doch gebahr ſie einen Sohn/ welchen wir jhr zeige- ten weil ſie noch lebte. Hernachmals fragte ich/ ob ſie noch ſo viel Kraͤfften hette ein Briefflein zu ma- chen; vnd weiß nicht/ was fuͤr eine gute Eingebung mich zu den jenigen reitzete was wir heute fuͤrhanden haben. Sie hat es gethan/ vnd auffgezeichnet/ daß ſie ſtuͤrbe/ mir aber ewern Sohn hinderlieſſe. Ihr werdet jhre Hand erkennen/ Herꝛ/ wiewol ſie groſſer Schwachheit halben die Buchſtaben ſehr vbel ge- ſetzt hat. Kurtz hernach ſtarb ſie in meinen Armen. Es waren nicht mehr als vier Frawen bey mir. Ich vbergab
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Joh. Barclayens Argenis/
darumb/ daß Meleander vnſer Beylager mit koͤni-
glicher Pracht begehen wolte: Zu deſſen Zuberei-
tung er dann verꝛeiſete. Letztlich hat mich Armſeli-
ge nichts mehr zuruͤck gehalten/ als die Schamhaff-
tigkeit/ wider weiche ich mich auch jetzt in Reden zu
thun beſorge. Schawet hier/ meine Schweſter/ vn-
ter dem Pulſter die Heyrahtsbedingungen/ ſo Me-
leander mit eigener Handt außgefertiget/ vnd ich
zu mehrer Verſicherung vnterſchrieben habe. (Alſo
gab ſie mir das Schreiben.) In dieſem Kaͤſtlein ſind
die Kennzeichen vnſerer Geheimnuͤſſe/ etliche Brie-
fe/ Ringe/ vnd auß vnſerer beyden Haar ein Arm-
bandt. Wann jhr dieſes zeigen werdet/ ſo wirdt er
glauben/ daß ich euch alles vertrawet habe. Vnter
ſolchen Reden entfiel jhr die Sprach. Ich erquickte
vnd troͤſtete ſie/ beruffte nachmals etliche trewe Fra-
wen/ vnd thete nebenſt jhnen alles was vonnoͤthen
war. Aber das Vbel war groͤſſer als die Mittel.
Doch gebahr ſie einen Sohn/ welchen wir jhr zeige-
ten weil ſie noch lebte. Hernachmals fragte ich/ ob
ſie noch ſo viel Kraͤfften hette ein Briefflein zu ma-
chen; vnd weiß nicht/ was fuͤr eine gute Eingebung
mich zu den jenigen reitzete was wir heute fuͤrhanden
haben. Sie hat es gethan/ vnd auffgezeichnet/ daß
ſie ſtuͤrbe/ mir aber ewern Sohn hinderlieſſe. Ihr
werdet jhre Hand erkennen/ Herꝛ/ wiewol ſie groſſer
Schwachheit halben die Buchſtaben ſehr vbel ge-
ſetzt hat. Kurtz hernach ſtarb ſie in meinen Armen.
Es waren nicht mehr als vier Frawen bey mir. Ich
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