Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.Joh. Barclayens Argenis/ gele königlichen Höfen nicht an stattlichen Gemü-tern/ bin ich gäntzlich nicht darwider: aber ich bitte höret mich/ Archombrotus. Es ist ein mitteler Or- den oder Art der Gemüter/ welche zwar verschla- gen vnd zu weltlichen Geschäfften tüchtig gnug sind/ die hohe Staffel aber von welcher wir reden nicht erreichen. Dieser Leute nun/ die Warheit zu sagen/ ist nicht so gar wenig: vnd ich wil nicht ver- neinen daß dieselben offtmals in Höfe kommen/ vnd wann sie befödert sind/ mit den angenommenen Stralen jrer Würden dermassen gläntzen/ daß man sie die vollkommenesten Geschöpffe der Natur zu seyn vermeynet; wie geringe Steine durch die Kunst vnd Versetzung in das Goldt einen solchen Glantz bekommen/ als ob sie von den besten weren. Fleissig seyn/ nicht vnbedachtsam reden/ der Arbeit gewoh- nen/ ein Bildnüß der Weißheit an sich nehmen/ willig seyn/ die Gebrechen vnd Mängel seiner Na- tur verbergen/ diese Sachen erfordern keinen Men- schen der in allem vollkommen ist/ vnd wegen dersel- ben werden nichts desto weniger berhümte Hoffe- leute offtmals einig vnd allein hoch gehalten. So daß es entweder für eine Tugendt gerechnet wird/ wann man der Laster frey ist/ oder daß nur eine klei- ne Bach der Tugendt sich in das Meer eines gu- ten Lobes ergeusset: in dem die Vbung vnd Erfah- rung/ welche diese Leute in weltlichen Geschäfften haben/ von vielen für eine so stattliche Natur vnd Eygenschafft deß Gemütes verkennet wird. Vnd diese
Joh. Barclayens Argenis/ gele koͤniglichen Hoͤfen nicht an ſtattlichen Gemuͤ-tern/ bin ich gaͤntzlich nicht darwider: aber ich bitte hoͤret mich/ Archombrotus. Es iſt ein mitteler Or- den oder Art der Gemuͤter/ welche zwar verſchla- gen vnd zu weltlichen Geſchaͤfften tuͤchtig gnug ſind/ die hohe Staffel aber von welcher wir reden nicht erꝛeichen. Dieſer Leute nun/ die Warheit zu ſagen/ iſt nicht ſo gar wenig: vnd ich wil nicht ver- neinen daß dieſelben offtmals in Hoͤfe kommen/ vnd wann ſie befoͤdert ſind/ mit den angenommenen Stralen jreꝛ Wuͤrden dermaſſen glaͤntzen/ daß man ſie die vollkommeneſten Geſchoͤpffe der Natur zu ſeyn vermeynet; wie geringe Steine durch die Kunſt vnd Verſetzung in das Goldt einen ſolchen Glantz bekommen/ als ob ſie von den beſten weren. Fleiſſig ſeyn/ nicht vnbedachtſam reden/ der Arbeit gewoh- nen/ ein Bildnuͤß der Weißheit an ſich nehmen/ willig ſeyn/ die Gebrechen vnd Maͤngel ſeiner Na- tur verbergen/ dieſe Sachen erfordern keinen Men- ſchen der in allem vollkommen iſt/ vnd wegen derſel- ben werden nichts deſto weniger berhuͤmte Hoffe- leute offtmals einig vnd allein hoch gehalten. So daß es entweder fuͤr eine Tugendt gerechnet wird/ wann man der Laſter frey iſt/ oder daß nur eine klei- ne Bach der Tugendt ſich in das Meer eines gu- ten Lobes ergeuſſet: in dem die Vbung vnd Erfah- rung/ welche dieſe Leute in weltlichen Geſchaͤfften haben/ von vielen fuͤr eine ſo ſtattliche Natur vnd Eygenſchafft deß Gemuͤtes verkennet wird. Vnd dieſe
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0140" n="96"/><fw place="top" type="header">Joh. Barclayens Argenis/</fw><lb/> gele koͤniglichen Hoͤfen nicht an ſtattlichen Gemuͤ-<lb/> tern/ bin ich gaͤntzlich nicht darwider: aber ich bitte<lb/> hoͤret mich/ Archombrotus. Es iſt ein mitteler Or-<lb/> den oder Art der Gemuͤter/ welche zwar verſchla-<lb/> gen vnd zu weltlichen Geſchaͤfften tuͤchtig gnug<lb/> ſind/ die hohe Staffel aber von welcher wir reden<lb/> nicht erꝛeichen. Dieſer Leute nun/ die Warheit zu<lb/> ſagen/ iſt nicht ſo gar wenig: vnd ich wil nicht ver-<lb/> neinen daß dieſelben offtmals in Hoͤfe kommen/<lb/> vnd wann ſie befoͤdert ſind/ mit den angenommenen<lb/> Stralen jreꝛ Wuͤrden dermaſſen glaͤntzen/ daß man<lb/> ſie die vollkommeneſten Geſchoͤpffe der Natur zu<lb/> ſeyn vermeynet; wie geringe Steine durch die Kunſt<lb/> vnd Verſetzung in das Goldt einen ſolchen Glantz<lb/> bekommen/ als ob ſie von den beſten weren. Fleiſſig<lb/> ſeyn/ nicht vnbedachtſam reden/ der Arbeit gewoh-<lb/> nen/ ein Bildnuͤß der Weißheit an ſich nehmen/<lb/> willig ſeyn/ die Gebrechen vnd Maͤngel ſeiner Na-<lb/> tur verbergen/ dieſe Sachen erfordern keinen Men-<lb/> ſchen der in allem vollkommen iſt/ vnd wegen derſel-<lb/> ben werden nichts deſto weniger berhuͤmte Hoffe-<lb/> leute offtmals einig vnd allein hoch gehalten. So<lb/> daß es entweder fuͤr eine Tugendt gerechnet wird/<lb/> wann man der Laſter frey iſt/ oder daß nur eine klei-<lb/> ne Bach der Tugendt ſich in das Meer eines gu-<lb/> ten Lobes ergeuſſet: in dem die Vbung vnd Erfah-<lb/> rung/ welche dieſe Leute in weltlichen Geſchaͤfften<lb/> haben/ von vielen fuͤr eine ſo ſtattliche Natur vnd<lb/> Eygenſchafft deß Gemuͤtes verkennet wird. Vnd<lb/> <fw place="bottom" type="catch">dieſe</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [96/0140]
Joh. Barclayens Argenis/
gele koͤniglichen Hoͤfen nicht an ſtattlichen Gemuͤ-
tern/ bin ich gaͤntzlich nicht darwider: aber ich bitte
hoͤret mich/ Archombrotus. Es iſt ein mitteler Or-
den oder Art der Gemuͤter/ welche zwar verſchla-
gen vnd zu weltlichen Geſchaͤfften tuͤchtig gnug
ſind/ die hohe Staffel aber von welcher wir reden
nicht erꝛeichen. Dieſer Leute nun/ die Warheit zu
ſagen/ iſt nicht ſo gar wenig: vnd ich wil nicht ver-
neinen daß dieſelben offtmals in Hoͤfe kommen/
vnd wann ſie befoͤdert ſind/ mit den angenommenen
Stralen jreꝛ Wuͤrden dermaſſen glaͤntzen/ daß man
ſie die vollkommeneſten Geſchoͤpffe der Natur zu
ſeyn vermeynet; wie geringe Steine durch die Kunſt
vnd Verſetzung in das Goldt einen ſolchen Glantz
bekommen/ als ob ſie von den beſten weren. Fleiſſig
ſeyn/ nicht vnbedachtſam reden/ der Arbeit gewoh-
nen/ ein Bildnuͤß der Weißheit an ſich nehmen/
willig ſeyn/ die Gebrechen vnd Maͤngel ſeiner Na-
tur verbergen/ dieſe Sachen erfordern keinen Men-
ſchen der in allem vollkommen iſt/ vnd wegen derſel-
ben werden nichts deſto weniger berhuͤmte Hoffe-
leute offtmals einig vnd allein hoch gehalten. So
daß es entweder fuͤr eine Tugendt gerechnet wird/
wann man der Laſter frey iſt/ oder daß nur eine klei-
ne Bach der Tugendt ſich in das Meer eines gu-
ten Lobes ergeuſſet: in dem die Vbung vnd Erfah-
rung/ welche dieſe Leute in weltlichen Geſchaͤfften
haben/ von vielen fuͤr eine ſo ſtattliche Natur vnd
Eygenſchafft deß Gemuͤtes verkennet wird. Vnd
dieſe
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |