Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.Das Ander Buch. sie mit sich hinein/ vnd war dermassen betrübet/ daßer von dem Verlauff deß Vbels nicht fragen kund- te: sondern entwieche mit dem Timonides in sein Zimmer/ vnd sieng daselbst an den schmertzlichen Todt zubeweinen/ die vnendliche Schickung/ vnd die Erde so deß Poliarchus nicht werth gewesen an- zuklagen/ vnd alles andere herfür zusuchen/ was man in so wütendem Schmertzen gemeiniglich herauß stösset. Als nach Vergiessung vieler Thre- nen Timonides fragte/ warumb Poliarchus die Reise angefangen/ vnd wer jhm den vnglückseligen Raht gegeben hette sich der See zuvertrawen? gab Arsidas zur Antwort/ Daß er zu Rhege/ weil es mit Sicilien benachbart were/ nicht hette trawen wöllen. Dann/ sagte er/ es kondte dem Lycogenes nicht verborgen seyn/ daß er sich hieher begeben/ vnd wie bald köndte er von der andern seiten deß Meeres etliche Mörder herüber senden? Derentwegen be- fandt er für rahtsam sich in Franckreich zumachen/ welches/ wie ich glaube/ sein Vatterlandt ist; von dannen wolte er auff das eheste widerumb hieher ge- langen. Aber die Göttliche Bestimmung hat es den Menschen nicht gegönnet/ daß sie sich eines solchen Mannes/ der jhrer vnsterblichkeit so nahe käme/ län- ger solten rühmen können. Vnter dem seufftzen erwehnete Timonides/ wie das Q iiij
Das Ander Buch. ſie mit ſich hinein/ vnd war dermaſſen betruͤbet/ daßer von dem Verlauff deß Vbels nicht fragen kund- te: ſondern entwieche mit dem Timonides in ſein Zimmer/ vnd ſieng daſelbſt an den ſchmertzlichen Todt zubeweinen/ die vnendliche Schickung/ vnd die Erde ſo deß Poliarchus nicht werth geweſen an- zuklagen/ vnd alles andere herfuͤr zuſuchen/ was man in ſo wuͤtendem Schmertzen gemeiniglich herauß ſtoͤſſet. Als nach Vergieſſung vieler Thre- nen Timonides fragte/ warumb Poliarchus die Reiſe angefangen/ vnd wer jhm den vngluͤckſeligen Raht gegeben hette ſich der See zuvertrawen? gab Arſidas zur Antwort/ Daß er zu Rhege/ weil es mit Sicilien benachbart were/ nicht hette trawen woͤllen. Dann/ ſagte er/ es kondte dem Lycogenes nicht verborgen ſeyn/ daß er ſich hieher begeben/ vnd wie bald koͤndte er von der andern ſeiten deß Meeres etliche Moͤrder heruͤber ſenden? Derentwegen be- fandt er fuͤr rahtſam ſich in Franckreich zumachen/ welches/ wie ich glaube/ ſein Vatterlandt iſt; von dannen wolte er auff das eheſte widerumb hieher ge- langen. Aber die Goͤttliche Beſtimmung hat es den Menſchen nicht gegoͤnnet/ daß ſie ſich eines ſolchen Mannes/ der jhrer vnſterblichkeit ſo nahe kaͤme/ laͤn- ger ſolten ruͤhmen koͤnnen. Vnter dem ſeufftzen erwehnete Timonides/ wie das Q iiij
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Das Ander Buch.
ſie mit ſich hinein/ vnd war dermaſſen betruͤbet/ daß
er von dem Verlauff deß Vbels nicht fragen kund-
te: ſondern entwieche mit dem Timonides in ſein
Zimmer/ vnd ſieng daſelbſt an den ſchmertzlichen
Todt zubeweinen/ die vnendliche Schickung/ vnd
die Erde ſo deß Poliarchus nicht werth geweſen an-
zuklagen/ vnd alles andere herfuͤr zuſuchen/ was
man in ſo wuͤtendem Schmertzen gemeiniglich
herauß ſtoͤſſet. Als nach Vergieſſung vieler Thre-
nen Timonides fragte/ warumb Poliarchus die
Reiſe angefangen/ vnd wer jhm den vngluͤckſeligen
Raht gegeben hette ſich der See zuvertrawen? gab
Arſidas zur Antwort/ Daß er zu Rhege/ weil es
mit Sicilien benachbart were/ nicht hette trawen
woͤllen. Dann/ ſagte er/ es kondte dem Lycogenes
nicht verborgen ſeyn/ daß er ſich hieher begeben/ vnd
wie bald koͤndte er von der andern ſeiten deß Meeres
etliche Moͤrder heruͤber ſenden? Derentwegen be-
fandt er fuͤr rahtſam ſich in Franckreich zumachen/
welches/ wie ich glaube/ ſein Vatterlandt iſt; von
dannen wolte er auff das eheſte widerumb hieher ge-
langen. Aber die Goͤttliche Beſtimmung hat es den
Menſchen nicht gegoͤnnet/ daß ſie ſich eines ſolchen
Mannes/ der jhrer vnſterblichkeit ſo nahe kaͤme/ laͤn-
ger ſolten ruͤhmen koͤnnen.
Vnter dem ſeufftzen erwehnete Timonides/ wie
ſehr geneigt Meleander gegen dem Poliarchus
were/ gab dem Arſidas die Schreiben/ vnd nam
das
Q iiij
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