Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.Das Ander Buch. Gewerb aber das sie trieben hatte alle Freundligkeitauß jhren Gemüthern weggerissen. In erwegung gleichwol/ daß offtmals Reisende jhre beste Sachen vnd Zehrung in den Kleydern zuverbergen pflegen/ befunden sie es für gut/ weil die See fast stille wor- den/ daß sie zu solchem Raub sich hin machten; vnd fertigten also jhr Nachschiff auß. Damit sie aber nicht an die Klippen führen/ ruderten sie etwas lang- samb/ vnd versuchten allzeit wie tieff der Grunde lege. Sie rufften auch denen die also badeten zu/ daß sie so viel als möglich auff den Steinen vnd hartem Sande näher herzu giengen. Endlich legten die Räuber jhre Ruder von dem Schiff an den nechsten Felsen/ daß sie als auff einer Brücken kundten hin- ein gehen. Sie wunderten sich aber deß Poliarchus vnd Gelanors Gesichtes/ vnd trugen einen Gefal- len vber jhrer Schönheit vnd zierlichen Kleydern/ in Meinung/ daß es eine reiche Beuth bey jhnen setzen würde. So bald sie auß dem kleinen in das grössere wolte
Das Ander Buch. Gewerb aber das ſie trieben hatte alle Freundligkeitauß jhren Gemuͤthern weggeriſſen. In erwegung gleichwol/ daß offtmals Reiſende jhre beſte Sachen vnd Zehrung in den Kleydern zuverbergen pflegen/ befunden ſie es fuͤr gut/ weil die See faſt ſtille wor- den/ daß ſie zu ſolchem Raub ſich hin machten; vnd fertigten alſo jhr Nachſchiff auß. Damit ſie aber nicht an die Klippen fuͤhren/ ruderten ſie etwas lang- ſamb/ vnd verſuchten allzeit wie tieff der Grunde lege. Sie rufften auch denen die alſo badeten zu/ daß ſie ſo viel als moͤglich auff den Steinen vnd hartem Sande naͤher herzu giengen. Endlich legten die Raͤuber jhre Ruder von dem Schiff an den nechſten Felſen/ daß ſie als auff einer Bruͤcken kundten hin- ein gehen. Sie wunderten ſich aber deß Poliarchus vnd Gelanors Geſichtes/ vnd trugen einen Gefal- len vber jhrer Schoͤnheit vnd zierlichen Kleydern/ in Meinung/ daß es eine reiche Beuth bey jhnen ſetzen wuͤrde. So bald ſie auß dem kleinen in das groͤſſere wolte
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Das Ander Buch.
Gewerb aber das ſie trieben hatte alle Freundligkeit
auß jhren Gemuͤthern weggeriſſen. In erwegung
gleichwol/ daß offtmals Reiſende jhre beſte Sachen
vnd Zehrung in den Kleydern zuverbergen pflegen/
befunden ſie es fuͤr gut/ weil die See faſt ſtille wor-
den/ daß ſie zu ſolchem Raub ſich hin machten; vnd
fertigten alſo jhr Nachſchiff auß. Damit ſie aber
nicht an die Klippen fuͤhren/ ruderten ſie etwas lang-
ſamb/ vnd verſuchten allzeit wie tieff der Grunde
lege. Sie rufften auch denen die alſo badeten zu/ daß
ſie ſo viel als moͤglich auff den Steinen vnd hartem
Sande naͤher herzu giengen. Endlich legten die
Raͤuber jhre Ruder von dem Schiff an den nechſten
Felſen/ daß ſie als auff einer Bruͤcken kundten hin-
ein gehen. Sie wunderten ſich aber deß Poliarchus
vnd Gelanors Geſichtes/ vnd trugen einen Gefal-
len vber jhrer Schoͤnheit vnd zierlichen Kleydern/ in
Meinung/ daß es eine reiche Beuth bey jhnen ſetzen
wuͤrde.
So bald ſie auß dem kleinen in das groͤſſere
Schiff kommen waren/ hielten ſie mit jhrer Betrie-
gerey nicht lang hinder dem Berge/ ſondern wolten
ſich vnterſtehẽ jnen Ketten anzulegẽ. Poliarchus er-
ſchrack vber dem Abenthewer/ vnd/ was ſol das ſeyn/
ſagte er/ jhr Leute? was habt jhr zu vns? oder womit
ſeynd wir euch ſo geſchwind zuwider geweſen/ da jhr
vns doch erſt gewuͤrdiget habt/ daß wir mit ewerer
Gefahr auß der Flut ſeynd erꝛettet worden? Poliar-
chus war mit ſeinem Degen auch nit langſamer/ vñ
wolte
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