Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.Das Dritte Buch. Schlacht sehen kundte; vnd vergoß nit weniger jhreThrenen/ als das Volck sein Blut. Sie war gantz bleich/ vnd befand sich niemals besser/ als wann die Furcht jhr alle Sinne genommen hette. Bißweilen verhieng sie den Schmertzen/ bißweilen kam sie wider zur Hoffnung vnd Kräfften/ nach Zeitung der Bot- ten/ welche sie in wehrendem Treffen außschickte. Doch kam jhr Poliarchus nie auß dem Gemüthe; welchen sie bey sich selber bald demütig/ bald erzürnet anredete. Sol ich lieber wündschen/ sagte sie/ liebster Freund/ daß jhr von diesem meinem Weinen möch- tet wissen/ oder daß sie euch/ wie auch geschiehet/ ver- borgen blieben? Gewiß jhr würdet nicht leben können/ wann euch meine grosse Schmertzen einfielen. Im Fall jhr hören werdet daß ich gefangen sey/ oder daß sich Argenis mit eigener Handt vnd jhrem Blute vor der Feinde Schmach gerettet habe/ o Vnglück? o trawrige Liebe? so wird es nicht genug seyn daß ich nur einmal todt bin/ sondern wiederumb durch ewren Todt auffs newe sterben. Aber jhr seydt abwesendt/ Poliarchus: sol ich ewers Verzuges halben euch/ o- der einen von den Göttern der vns hasset anklagen? Wannher kömpt solche Vergeßligkeit? welche Zau- berey helt euch in Africa auff? Hat euch nicht ewer guter Geist sagen können/ was anjetzt allhie für- läufft? Hat der Haß meines Vatters mehr Gewalt vber euch/ als das Recht vnserer Freundschafft? O- der habt jhr/ dem zu ruhen vnmöglich ist/ eine mehr anmutige Gefahr angetroffen? Ach/ weret jhr hie/ Poliar- C c
Das Dritte Buch. Schlacht ſehen kundte; vnd vergoß nit weniger jhreThrenen/ als das Volck ſein Blut. Sie war gantz bleich/ vnd befand ſich niemals beſſer/ als wann die Furcht jhr alle Sinne genommen hette. Bißweilen verhieng ſie den Schmertzen/ bißweilẽ kam ſie wider zur Hoffnung vñ Kraͤfften/ nach Zeitung der Bot- ten/ welche ſie in wehrendem Treffen außſchickte. Doch kam jhr Poliarchus nie auß dem Gemuͤthe; welchen ſie bey ſich ſelber bald demuͤtig/ bald erzuͤrnet anredete. Sol ich lieber wuͤndſchen/ ſagte ſie/ liebſter Freund/ daß jhr von dieſem meinem Weinen moͤch- tet wiſſen/ oder daß ſie euch/ wie auch geſchiehet/ ver- borgen blieben? Gewiß jhr wuͤrdet nicht leben koͤnnẽ/ wann euch meine groſſe Schmertzen einfielen. Im Fall jhr hoͤren werdet daß ich gefangen ſey/ oder daß ſich Argenis mit eigener Handt vnd jhrem Blute vor der Feinde Schmach gerettet habe/ o Vngluͤck? o trawrige Liebe? ſo wird es nicht genug ſeyn daß ich nur einmal todt bin/ ſondern wiederumb durch ewrẽ Todt auffs newe ſterben. Aber jhr ſeydt abweſendt/ Poliarchus: ſol ich ewers Verzuges halben euch/ o- der einen von den Goͤttern der vns haſſet anklagen? Wañher koͤmpt ſolche Vergeßligkeit? welche Zau- berey helt euch in Africa auff? Hat euch nicht ewer guter Geiſt ſagen koͤnnen/ was anjetzt allhie fuͤr- laͤufft? Hat der Haß meines Vatters mehr Gewalt vber euch/ als das Recht vnſerer Freundſchafft? O- der habt jhr/ dem zu ruhen vnmoͤglich iſt/ eine mehr anmutige Gefahr angetroffen? Ach/ weret jhr hie/ Poliar- C c
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Das Dritte Buch.
Schlacht ſehen kundte; vnd vergoß nit weniger jhre
Threnen/ als das Volck ſein Blut. Sie war gantz
bleich/ vnd befand ſich niemals beſſer/ als wann die
Furcht jhr alle Sinne genommen hette. Bißweilen
verhieng ſie den Schmertzen/ bißweilẽ kam ſie wider
zur Hoffnung vñ Kraͤfften/ nach Zeitung der Bot-
ten/ welche ſie in wehrendem Treffen außſchickte.
Doch kam jhr Poliarchus nie auß dem Gemuͤthe;
welchen ſie bey ſich ſelber bald demuͤtig/ bald erzuͤrnet
anredete. Sol ich lieber wuͤndſchen/ ſagte ſie/ liebſter
Freund/ daß jhr von dieſem meinem Weinen moͤch-
tet wiſſen/ oder daß ſie euch/ wie auch geſchiehet/ ver-
borgen blieben? Gewiß jhr wuͤrdet nicht leben koͤnnẽ/
wann euch meine groſſe Schmertzen einfielen. Im
Fall jhr hoͤren werdet daß ich gefangen ſey/ oder daß
ſich Argenis mit eigener Handt vnd jhrem Blute
vor der Feinde Schmach gerettet habe/ o Vngluͤck?
o trawrige Liebe? ſo wird es nicht genug ſeyn daß ich
nur einmal todt bin/ ſondern wiederumb durch ewrẽ
Todt auffs newe ſterben. Aber jhr ſeydt abweſendt/
Poliarchus: ſol ich ewers Verzuges halben euch/ o-
der einen von den Goͤttern der vns haſſet anklagen?
Wañher koͤmpt ſolche Vergeßligkeit? welche Zau-
berey helt euch in Africa auff? Hat euch nicht ewer
guter Geiſt ſagen koͤnnen/ was anjetzt allhie fuͤr-
laͤufft? Hat der Haß meines Vatters mehr Gewalt
vber euch/ als das Recht vnſerer Freundſchafft? O-
der habt jhr/ dem zu ruhen vnmoͤglich iſt/ eine mehr
anmutige Gefahr angetroffen? Ach/ weret jhr hie/
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