Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.Das dritte Buch. Poliarchus Land machen wolten. Melcander wür-de alsdann von sich selber widerumb Freundschafft suchen: vnd wann Radirobanes nach solcher Be- rückung etwas anfangen wolte/ so köndte man jhm mit Waffen begegnen. Selenisse vnd Archombro- tus würden jhnen nichts schaden. Was hette es Wunder/ wann eine Jungfraw mit jhrem Bräuti- gam anheimb reisete? das Segel deß Schiffes wür- de jhr an statt deß Brautschleyers seyn/ welches sie bey jhrem Abreisen bedeckte. Die Sternen aber wür- den jhnen/ wann sie bey Nacht vom Vfer abstiessen heller leuchten als fünff Hochzeit Fackeln. Ob nun wol Argenis in die Flucht willigte/ kundte sie doch jhr Gemüte/ welches bey jhr widerstritte/ vnd solche Gewalt verdammete/ nicht wol zähmen/ vnd wardt jhr Fürsatz zwischen dem wegreisen vnd bleiben bald auff diese bald auff jene seitte gezogen. Eins theils sahe sie die Sache an/ welche zwar an jhr selber recht- mässig vnd gut war; anders Theils aber den guten Namen/ welchen man nicht allein mit vnverletzter/ sondern auch mit fürsichtiger Scham vnd Ehre er- halten muß. In solchem Auffruhr deß Hertzens fol- gete sie dennoch dem Poliarchus; nicht so sehr weil sie solches für das beste hielte/ sondern nur daß nichts were welches sie jhm zu versagen schiene. Er war a- ber auch selber vber solcher Entweichung nicht frö- lich; dann er wußte daß dieses ein gemeines Mittel/ vnd fast keine Fabel von Liebhabenden zu finden we- re/ darinnen sich die Geliebte mit jrem Liebsten nicht darvon
Das dritte Buch. Poliarchus Land machen wolten. Melcander wuͤr-de alsdann von ſich ſelber widerumb Freundſchafft ſuchen: vnd wann Radirobanes nach ſolcher Be- ruͤckung etwas anfangen wolte/ ſo koͤndte man jhm mit Waffen begegnen. Seleniſſe vnd Archombro- tus wuͤrden jhnen nichts ſchaden. Was hette es Wunder/ wann eine Jungfraw mit jhrem Braͤuti- gam anheimb reiſete? das Segel deß Schiffes wuͤr- de jhr an ſtatt deß Brautſchleyers ſeyn/ welches ſie bey jhrem Abreiſen bedeckte. Die Sternen aber wuͤr- den jhnen/ wann ſie bey Nacht vom Vfer abſtieſſen heller leuchten als fuͤnff Hochzeit Fackeln. Ob nun wol Argenis in die Flucht willigte/ kundte ſie doch jhr Gemuͤte/ welches bey jhr widerſtritte/ vnd ſolche Gewalt verdammete/ nicht wol zaͤhmen/ vnd wardt jhr Fuͤrſatz zwiſchen dem wegreiſen vnd bleiben bald auff dieſe bald auff jene ſeitte gezogen. Eins theils ſahe ſie die Sache an/ welche zwar an jhr ſelber recht- maͤſſig vnd gut war; anders Theils aber den guten Namen/ welchen man nicht allein mit vnverletzter/ ſondern auch mit fuͤrſichtiger Scham vnd Ehre er- halten muß. In ſolchem Auffruhr deß Hertzens fol- gete ſie dennoch dem Poliarchus; nicht ſo ſehr weil ſie ſolches fuͤr das beſte hielte/ ſondern nur daß nichts were welches ſie jhm zu verſagen ſchiene. Er war a- ber auch ſelber vber ſolcher Entweichung nicht froͤ- lich; dann er wußte daß dieſes ein gemeines Mittel/ vnd faſt keine Fabel von Liebhabenden zu finden we- re/ darinnen ſich die Geliebte mit jrem Liebſten nicht darvon
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0569" n="525"/><fw place="top" type="header">Das dritte Buch.</fw><lb/> Poliarchus Land machen wolten. Melcander wuͤr-<lb/> de alsdann von ſich ſelber widerumb Freundſchafft<lb/> ſuchen: vnd wann Radirobanes nach ſolcher Be-<lb/> ruͤckung etwas anfangen wolte/ ſo koͤndte man jhm<lb/> mit Waffen begegnen. Seleniſſe vnd Archombro-<lb/> tus wuͤrden jhnen nichts ſchaden. Was hette es<lb/> Wunder/ wann eine Jungfraw mit jhrem Braͤuti-<lb/> gam anheimb reiſete? das Segel deß Schiffes wuͤr-<lb/> de jhr an ſtatt deß Brautſchleyers ſeyn/ welches ſie<lb/> bey jhrem Abreiſen bedeckte. Die Sternen aber wuͤr-<lb/> den jhnen/ wann ſie bey Nacht vom Vfer abſtieſſen<lb/> heller leuchten als fuͤnff Hochzeit Fackeln. Ob nun<lb/> wol Argenis in die Flucht willigte/ kundte ſie doch<lb/> jhr Gemuͤte/ welches bey jhr widerſtritte/ vnd ſolche<lb/> Gewalt verdammete/ nicht wol zaͤhmen/ vnd wardt<lb/> jhr Fuͤrſatz zwiſchen dem wegreiſen vnd bleiben bald<lb/> auff dieſe bald auff jene ſeitte gezogen. Eins theils<lb/> ſahe ſie die Sache an/ welche zwar an jhr ſelber recht-<lb/> maͤſſig vnd gut war; anders Theils aber den guten<lb/> Namen/ welchen man nicht allein mit vnverletzter/<lb/> ſondern auch mit fuͤrſichtiger Scham vnd Ehre er-<lb/> halten muß. In ſolchem Auffruhr deß Hertzens fol-<lb/> gete ſie dennoch dem Poliarchus; nicht ſo ſehr weil<lb/> ſie ſolches fuͤr das beſte hielte/ ſondern nur daß nichts<lb/> were welches ſie jhm zu verſagen ſchiene. Er war a-<lb/> ber auch ſelber vber ſolcher Entweichung nicht froͤ-<lb/> lich; dann er wußte daß dieſes ein gemeines Mittel/<lb/> vnd faſt keine Fabel von Liebhabenden zu finden we-<lb/> re/ darinnen ſich die Geliebte mit jrem Liebſten nicht<lb/> <fw place="bottom" type="catch">darvon</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [525/0569]
Das dritte Buch.
Poliarchus Land machen wolten. Melcander wuͤr-
de alsdann von ſich ſelber widerumb Freundſchafft
ſuchen: vnd wann Radirobanes nach ſolcher Be-
ruͤckung etwas anfangen wolte/ ſo koͤndte man jhm
mit Waffen begegnen. Seleniſſe vnd Archombro-
tus wuͤrden jhnen nichts ſchaden. Was hette es
Wunder/ wann eine Jungfraw mit jhrem Braͤuti-
gam anheimb reiſete? das Segel deß Schiffes wuͤr-
de jhr an ſtatt deß Brautſchleyers ſeyn/ welches ſie
bey jhrem Abreiſen bedeckte. Die Sternen aber wuͤr-
den jhnen/ wann ſie bey Nacht vom Vfer abſtieſſen
heller leuchten als fuͤnff Hochzeit Fackeln. Ob nun
wol Argenis in die Flucht willigte/ kundte ſie doch
jhr Gemuͤte/ welches bey jhr widerſtritte/ vnd ſolche
Gewalt verdammete/ nicht wol zaͤhmen/ vnd wardt
jhr Fuͤrſatz zwiſchen dem wegreiſen vnd bleiben bald
auff dieſe bald auff jene ſeitte gezogen. Eins theils
ſahe ſie die Sache an/ welche zwar an jhr ſelber recht-
maͤſſig vnd gut war; anders Theils aber den guten
Namen/ welchen man nicht allein mit vnverletzter/
ſondern auch mit fuͤrſichtiger Scham vnd Ehre er-
halten muß. In ſolchem Auffruhr deß Hertzens fol-
gete ſie dennoch dem Poliarchus; nicht ſo ſehr weil
ſie ſolches fuͤr das beſte hielte/ ſondern nur daß nichts
were welches ſie jhm zu verſagen ſchiene. Er war a-
ber auch ſelber vber ſolcher Entweichung nicht froͤ-
lich; dann er wußte daß dieſes ein gemeines Mittel/
vnd faſt keine Fabel von Liebhabenden zu finden we-
re/ darinnen ſich die Geliebte mit jrem Liebſten nicht
darvon
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |