Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.Das Vierdte Buch. mit euch gehen. Derhalben führte er mich/ vnd alsich zuwissen begehrte/ auff welche Thiere er den Bo- gen trüge; Mein Vatter/ fieng er einfältig an/ hat mir noch nicht erlaubet/ daß ich mit vnserem Sti- chus vnd Ambirin auff die Wolffsjagt ziehen mag. Er wil daß ich noch ein Jahr warten soll: aber ich werde euch viel zudancken haben/ mein Herr/ wann jhr mir saget/ wie viel Tage im Jahre sind. Dann ich hab etliche mahl gemercket/ weil ich noch ein Knabe bin/ vnd die Zeit nicht zurechnen weiß/ daß man mir die Verheissung nicht gehalten hatte. Ich war voll lachens; vnd/ es ist vergebens/ sagte ich/ daß jhr mich fraget. Dann jhr werdet doch so eine lange Zeit die jhr wissen wöllet im Gedächt- niß nit behalten können. Verzeihet mir/ hub er an; ich wolte mir so viel kleine Steine geben lassen als Tage weren. Dieselben legte ich in einen Winckel/ vnd nehme täglich einen herauß/ biß das Jahr zu Ende lieffe. Dieser Anschlag eines Kindes ge- fiel mir von Hertzen wol/ vnd ich that mit Fleisse enge schritte/ damit ich der anmutigen Beschaw- ung lange geniessen köndte. Ich weiß aber nicht/ wer es der Sicambre muste gesagt haben/ daß einer mit jhrem Sohne redete; Sie kam eylends zu vns herauß/ vnd ließ auß dem Gesichte sehen/ daß sie wegen so werthen Pfandes Beysorge trüge. Als sie mich aber erkandte/ vnd noch in Zweiffel Kinde
Das Vierdte Buch. mit euch gehen. Derhalben fuͤhrte er mich/ vnd alsich zuwiſſen begehrte/ auff welche Thiere er dẽ Bo- gen truͤge; Mein Vatter/ fieng er einfaͤltig an/ hat mir noch nicht erlaubet/ daß ich mit vnſerem Sti- chus vnd Ambirin auff die Wolffsjagt ziehen mag. Er wil daß ich noch ein Jahr warten ſoll: aber ich werde euch viel zudancken haben/ mein Herꝛ/ wann jhr mir ſaget/ wie viel Tage im Jahre ſind. Dann ich hab etliche mahl gemercket/ weil ich noch ein Knabe bin/ vnd die Zeit nicht zurechnen weiß/ daß man mir die Verheiſſung nicht gehalten hatte. Ich war voll lachens; vnd/ es iſt vergebens/ ſagte ich/ daß jhr mich fraget. Dann jhr werdet doch ſo eine lange Zeit die jhr wiſſen woͤllet im Gedaͤcht- niß nit behalten koͤnnen. Verzeihet mir/ hub er an; ich wolte mir ſo viel kleine Steine geben laſſen als Tage weren. Dieſelben legte ich in einen Winckel/ vnd nehme taͤglich einen herauß/ biß das Jahr zu Ende lieffe. Dieſer Anſchlag eines Kindes ge- fiel mir von Hertzen wol/ vnd ich that mit Fleiſſe enge ſchritte/ damit ich der anmutigen Beſchaw- ung lange genieſſen koͤndte. Ich weiß aber nicht/ wer es der Sicambre muſte geſagt haben/ daß einer mit jhrem Sohne redete; Sie kam eylends zu vns herauß/ vnd ließ auß dem Geſichte ſehen/ daß ſie wegen ſo werthen Pfandes Beyſorge truͤge. Als ſie mich aber erkandte/ vnd noch in Zweiffel Kinde
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Das Vierdte Buch.
mit euch gehen. Derhalben fuͤhrte er mich/ vnd als
ich zuwiſſen begehrte/ auff welche Thiere er dẽ Bo-
gen truͤge; Mein Vatter/ fieng er einfaͤltig an/ hat
mir noch nicht erlaubet/ daß ich mit vnſerem Sti-
chus vnd Ambirin auff die Wolffsjagt ziehen
mag. Er wil daß ich noch ein Jahr warten ſoll: aber
ich werde euch viel zudancken haben/ mein Herꝛ/
wann jhr mir ſaget/ wie viel Tage im Jahre ſind.
Dann ich hab etliche mahl gemercket/ weil ich noch
ein Knabe bin/ vnd die Zeit nicht zurechnen weiß/
daß man mir die Verheiſſung nicht gehalten hatte.
Ich war voll lachens; vnd/ es iſt vergebens/ ſagte
ich/ daß jhr mich fraget. Dann jhr werdet doch
ſo eine lange Zeit die jhr wiſſen woͤllet im Gedaͤcht-
niß nit behalten koͤnnen. Verzeihet mir/ hub er an;
ich wolte mir ſo viel kleine Steine geben laſſen als
Tage weren. Dieſelben legte ich in einen Winckel/
vnd nehme taͤglich einen herauß/ biß das Jahr
zu Ende lieffe. Dieſer Anſchlag eines Kindes ge-
fiel mir von Hertzen wol/ vnd ich that mit Fleiſſe
enge ſchritte/ damit ich der anmutigen Beſchaw-
ung lange genieſſen koͤndte. Ich weiß aber nicht/
wer es der Sicambre muſte geſagt haben/ daß einer
mit jhrem Sohne redete; Sie kam eylends zu vns
herauß/ vnd ließ auß dem Geſichte ſehen/ daß ſie
wegen ſo werthen Pfandes Beyſorge truͤge.
Als ſie mich aber erkandte/ vnd noch in Zweiffel
ſtundt/ ob mir wiſſend were mit weſſen Standes
Kinde
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