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Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.

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Joh. Barclayens Argenis/
lohnung jhrer Tugendt von den Vnderthanen die
Schatzungen freywillig erleget würden. Ihr wis-
set nicht/ welche Könige von dem Volcke fürnem-
lich geehret werden; wie es offtmals billiches Für-
haben außschlage/ wie es sich durch falsche Tu-
genden oder scheinbare Laster betriegen lasse/ vnd
endtlich wie seine Zuneigungen der gemeinen
Wolfahrt zuwieder lauffen. Man würde dem
Völcklein schmeicheln müssen/ vnd nach sei-
nem belieben die Geschäffte treiben/ damit es
Fürsten wegen jhrer Nachsehung belohne. Es
wirdt für sein Geldt den Zaum abwerffen: für
sein Geldt mutwillig seyn/ vnd für sein Geldt
verderben. Es wird vmb das Menschliche We-
sen vbel stehen/ wann sich Königenicht guten/ son-
dern vielen Leuten zu Gefallen befleissen werden.

Man helt dafür/ je mehr man das Wasser auß-
schöpffet/ je gesünder es wirdt; hergegen wann man
es nicht rühret/ so verstopffet es sich vnd vergehet.
Eben also ist es mit deß gemeinen Mannes Kräff-
ten vnd Gemütern: sie verderben durch Müssig-
gang. Wöllet jhr derhalben sagen/ daß die Stachel
nicht sehr nützlich sindt/ welche sie zu ersprößlichem
Fleisse aller Tugenden auffmuntern/ vnd in keine
Nachlässigkeit gerahten lassen? Nun sind keine spi-
tziger/ als das Geldt so sie Königen zinsen müssen.
Dann ob sie schon auß Faulheit lieber von weni-
gem leben/ vnd den Leib lieber nicht kostbarlich hal-
ten/ als durch Arbeit zu Reichthumb gelangen wol-

ten/ so

Joh. Barclayens Argenis/
lohnung jhrer Tugendt von den Vnderthanen die
Schatzungen freywillig erleget wuͤrden. Ihr wiſ-
ſet nicht/ welche Koͤnige von dem Volcke fuͤrnem-
lich geehret werden; wie es offtmals billiches Fuͤr-
haben außſchlage/ wie es ſich durch falſche Tu-
genden oder ſcheinbare Laſter betriegen laſſe/ vnd
endtlich wie ſeine Zuneigungen der gemeinen
Wolfahrt zuwieder lauffen. Man wuͤrde dem
Voͤlcklein ſchmeicheln muͤſſen/ vnd nach ſei-
nem belieben die Geſchaͤffte treiben/ damit es
Fuͤrſten wegen jhrer Nachſehung belohne. Es
wirdt fuͤr ſein Geldt den Zaum abwerffen: fuͤr
ſein Geldt mutwillig ſeyn/ vnd fuͤr ſein Geldt
verderben. Es wird vmb das Menſchliche We-
ſen vbel ſtehen/ wann ſich Koͤnigenicht guten/ ſon-
dern vielen Leuten zu Gefallen befleiſſen werden.

Man helt dafuͤr/ je mehr man das Waſſer auß-
ſchoͤpffet/ je geſuͤnder es wirdt; hergegen wann man
es nicht ruͤhret/ ſo verſtopffet es ſich vnd vergehet.
Eben alſo iſt es mit deß gemeinen Mannes Kraͤff-
ten vnd Gemuͤtern: ſie verderben durch Muͤſſig-
gang. Woͤllet jhr derhalben ſagen/ daß die Stachel
nicht ſehr nuͤtzlich ſindt/ welche ſie zu erſproͤßlichem
Fleiſſe aller Tugenden auffmuntern/ vnd in keine
Nachlaͤſſigkeit gerahten laſſen? Nun ſind keine ſpi-
tziger/ als das Geldt ſo ſie Koͤnigen zinſen muͤſſen.
Dann ob ſie ſchon auß Faulheit lieber von weni-
gem leben/ vnd den Leib lieber nicht koſtbarlich hal-
ten/ als durch Arbeit zu Reichthumb gelangen wol-

ten/ ſo
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[792/0836] Joh. Barclayens Argenis/ lohnung jhrer Tugendt von den Vnderthanen die Schatzungen freywillig erleget wuͤrden. Ihr wiſ- ſet nicht/ welche Koͤnige von dem Volcke fuͤrnem- lich geehret werden; wie es offtmals billiches Fuͤr- haben außſchlage/ wie es ſich durch falſche Tu- genden oder ſcheinbare Laſter betriegen laſſe/ vnd endtlich wie ſeine Zuneigungen der gemeinen Wolfahrt zuwieder lauffen. Man wuͤrde dem Voͤlcklein ſchmeicheln muͤſſen/ vnd nach ſei- nem belieben die Geſchaͤffte treiben/ damit es Fuͤrſten wegen jhrer Nachſehung belohne. Es wirdt fuͤr ſein Geldt den Zaum abwerffen: fuͤr ſein Geldt mutwillig ſeyn/ vnd fuͤr ſein Geldt verderben. Es wird vmb das Menſchliche We- ſen vbel ſtehen/ wann ſich Koͤnigenicht guten/ ſon- dern vielen Leuten zu Gefallen befleiſſen werden. Man helt dafuͤr/ je mehr man das Waſſer auß- ſchoͤpffet/ je geſuͤnder es wirdt; hergegen wann man es nicht ruͤhret/ ſo verſtopffet es ſich vnd vergehet. Eben alſo iſt es mit deß gemeinen Mannes Kraͤff- ten vnd Gemuͤtern: ſie verderben durch Muͤſſig- gang. Woͤllet jhr derhalben ſagen/ daß die Stachel nicht ſehr nuͤtzlich ſindt/ welche ſie zu erſproͤßlichem Fleiſſe aller Tugenden auffmuntern/ vnd in keine Nachlaͤſſigkeit gerahten laſſen? Nun ſind keine ſpi- tziger/ als das Geldt ſo ſie Koͤnigen zinſen muͤſſen. Dann ob ſie ſchon auß Faulheit lieber von weni- gem leben/ vnd den Leib lieber nicht koſtbarlich hal- ten/ als durch Arbeit zu Reichthumb gelangen wol- ten/ ſo

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Zitationshilfe: Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626, S. 792. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/836>, abgerufen am 22.11.2024.