und ein gewisser Blick -- Louis, Du kennst doch noch diesen Blick? -- machte mich verstummen.
Als Präsident Scheve uns verlassen hatte, beklagte ich mich aber bitter, daß ich nun gar mit siebenzigjährigen Herren speisen solle das sei von einem jungen Mäd¬ chen zu viel verlangt ... Aber da hättest Du unsere Mutter hören sollen: "Gegen junge, schöne Herren, nicht wahr? -- da wird es Dir nicht schwer, liebens¬ würdig zu sein; -- das will aber gar nichts heißen, das können Viele! -- aber dem Alter gegenüber bescheiden, an¬ muthig, zuvorkommend sich zu benehmen -- das erfordert nicht allein Bildung, sondern auch Herzensgüte. Nur gute Herzen vermögen zu schätzen, von ehrwürdigen Greisen achtungsvoll, wohlwollend ausgezeichnet zu werden ..."
Und ich fühlte mich wahrlich tief beschämt. Ich dachte aber doch daran, die alemannischen Gedichte mitzu¬ nehmen und etliche vorzutragen, wenn mich meine Weis¬ heit und -- Liebenswürdigkeit gegen die ehrwürdigen tausendjährigen Herrn im Stiche lassen sollte.
Die Mutter schmückte mich, als sollte ich mir einen Bräutigam erobern. Sie hatte sich blühendes Geranium zu verschaffen gewußt; und diese frischen Blumen nahmen sich gar hübsch in den blonden Locken aus.
Präsident Scheve holte uns in seiner Equipage ab, wir wurden von den alten Herren meist -- hohen Militärs, die Brust mit Orden bedeckt -- freundlichst begrüßt ... und bald fühlte ich mich stolz und zufrieden in der tausend¬ jährigen Gesellschaft.
und ein gewiſſer Blick — Louis, Du kennſt doch noch dieſen Blick? — machte mich verſtummen.
Als Präſident Scheve uns verlaſſen hatte, beklagte ich mich aber bitter, daß ich nun gar mit ſiebenzigjährigen Herren ſpeiſen ſolle das ſei von einem jungen Mäd¬ chen zu viel verlangt … Aber da hätteſt Du unſere Mutter hören ſollen: »Gegen junge, ſchöne Herren, nicht wahr? — da wird es Dir nicht ſchwer, liebens¬ würdig zu ſein; — das will aber gar nichts heißen, das können Viele! — aber dem Alter gegenüber beſcheiden, an¬ muthig, zuvorkommend ſich zu benehmen — das erfordert nicht allein Bildung, ſondern auch Herzensgüte. Nur gute Herzen vermögen zu ſchätzen, von ehrwürdigen Greiſen achtungsvoll, wohlwollend ausgezeichnet zu werden …«
Und ich fühlte mich wahrlich tief beſchämt. Ich dachte aber doch daran, die alemanniſchen Gedichte mitzu¬ nehmen und etliche vorzutragen, wenn mich meine Weis¬ heit und — Liebenswürdigkeit gegen die ehrwürdigen tauſendjährigen Herrn im Stiche laſſen ſollte.
Die Mutter ſchmückte mich, als ſollte ich mir einen Bräutigam erobern. Sie hatte ſich blühendes Geranium zu verſchaffen gewußt; und dieſe friſchen Blumen nahmen ſich gar hübſch in den blonden Locken aus.
Präſident Scheve holte uns in ſeiner Equipage ab, wir wurden von den alten Herren meiſt — hohen Militärs, die Bruſt mit Orden bedeckt — freundlichſt begrüßt … und bald fühlte ich mich ſtolz und zufrieden in der tauſend¬ jährigen Geſellſchaft.
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und ein gewiſſer Blick — Louis, Du kennſt doch noch
dieſen Blick? — machte mich verſtummen.
Als Präſident Scheve uns verlaſſen hatte, beklagte
ich mich aber bitter, daß ich nun gar mit ſiebenzigjährigen
Herren ſpeiſen ſolle das ſei von einem jungen Mäd¬
chen zu viel verlangt … Aber da hätteſt Du unſere
Mutter hören ſollen: »Gegen junge, ſchöne Herren,
nicht wahr? — da wird es Dir nicht ſchwer, liebens¬
würdig zu ſein; — das will aber gar nichts heißen, das
können Viele! — aber dem Alter gegenüber beſcheiden, an¬
muthig, zuvorkommend ſich zu benehmen — das erfordert
nicht allein Bildung, ſondern auch Herzensgüte. Nur gute
Herzen vermögen zu ſchätzen, von ehrwürdigen Greiſen
achtungsvoll, wohlwollend ausgezeichnet zu werden …«
Und ich fühlte mich wahrlich tief beſchämt. Ich dachte
aber doch daran, die alemanniſchen Gedichte mitzu¬
nehmen und etliche vorzutragen, wenn mich meine Weis¬
heit und — Liebenswürdigkeit gegen die ehrwürdigen
tauſendjährigen Herrn im Stiche laſſen ſollte.
Die Mutter ſchmückte mich, als ſollte ich mir einen
Bräutigam erobern. Sie hatte ſich blühendes Geranium
zu verſchaffen gewußt; und dieſe friſchen Blumen nahmen
ſich gar hübſch in den blonden Locken aus.
Präſident Scheve holte uns in ſeiner Equipage ab,
wir wurden von den alten Herren meiſt — hohen Militärs,
die Bruſt mit Orden bedeckt — freundlichſt begrüßt …
und bald fühlte ich mich ſtolz und zufrieden in der tauſend¬
jährigen Geſellſchaft.
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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/128>, abgerufen am 21.11.2024.
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