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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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bereiten sollte ... ja, die vielleicht mit die Veranlassung
war, daß die Frau Gräfin Rossi Excellenz wieder --
für Geld singen mußte ... die Leidenschaft für -- --
das Spiel! Während der belebtesten Gesellschaft --
des rauschendsten Tanzes konnte sie sich mit dem galanten
russischen Gesandten Alopeus in einem Nebenzimmer an
den Spieltisch setzen und mit fieberhafter Hast und oft
20 Spielen Whistkarten das damals sehr beliebte Rabusche
spielen -- Stunde auf Stunde!

Nach Henriette Sontag enthusiasmirten die Berliner
damals am Meisten durch Gesang und Spiel Anna
Schechner und Mad. Schröder-Devrient. Die Erstere
feierte ihren größten Triumph als Julia in der Vestalin,
wie denn überhaupt die Aufführung von Spontini's
Meisterwerk mit der Schechner die vollendetste gewesen
sein soll, welche je stattgefunden hat.

Beim Anblick der majestätischen Milder-Hauptmann
als Oberpriesterin, der edlen, ideal-schönen, jugendlichen
Julia, dem herrlichen Bader als Licinius, und Heinrich
Blum -- mußte man an die Worte Iphigeniens denken:

"Sie zogen aus,
Als hätte der Olymp sich aufgethan
Und die Gestalten der erlauchten Vorwelt
Herabgesendet!"

Selbst Spontini, der sonst so schlau berechnende,
kaltherzige Maestro, wurde durch diese Aufführung be¬
geistert, und während er dirigirte, rief er unwillkürlich:
"sublime! sublime!"

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bereiten ſollte … ja, die vielleicht mit die Veranlaſſung
war, daß die Frau Gräfin Roſſi Excellenz wieder —
für Geld ſingen mußte … die Leidenſchaft für — —
das Spiel! Während der belebteſten Geſellſchaft —
des rauſchendſten Tanzes konnte ſie ſich mit dem galanten
ruſſiſchen Geſandten Alopeus in einem Nebenzimmer an
den Spieltiſch ſetzen und mit fieberhafter Haſt und oft
20 Spielen Whiſtkarten das damals ſehr beliebte Rabuſche
ſpielen — Stunde auf Stunde!

Nach Henriette Sontag enthuſiasmirten die Berliner
damals am Meiſten durch Geſang und Spiel Anna
Schechner und Mad. Schröder-Devrient. Die Erſtere
feierte ihren größten Triumph als Julia in der Veſtalin,
wie denn überhaupt die Aufführung von Spontini's
Meiſterwerk mit der Schechner die vollendetſte geweſen
ſein ſoll, welche je ſtattgefunden hat.

Beim Anblick der majeſtätiſchen Milder-Hauptmann
als Oberprieſterin, der edlen, ideal-ſchönen, jugendlichen
Julia, dem herrlichen Bader als Licinius, und Heinrich
Blum — mußte man an die Worte Iphigeniens denken:

»Sie zogen aus,
Als hätte der Olymp ſich aufgethan
Und die Geſtalten der erlauchten Vorwelt
Herabgeſendet!«

Selbſt Spontini, der ſonſt ſo ſchlau berechnende,
kaltherzige Maeſtro, wurde durch dieſe Aufführung be¬
geiſtert, und während er dirigirte, rief er unwillkürlich:
»sublime! sublime!«

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[147/0175] bereiten ſollte … ja, die vielleicht mit die Veranlaſſung war, daß die Frau Gräfin Roſſi Excellenz wieder — für Geld ſingen mußte … die Leidenſchaft für — — das Spiel! Während der belebteſten Geſellſchaft — des rauſchendſten Tanzes konnte ſie ſich mit dem galanten ruſſiſchen Geſandten Alopeus in einem Nebenzimmer an den Spieltiſch ſetzen und mit fieberhafter Haſt und oft 20 Spielen Whiſtkarten das damals ſehr beliebte Rabuſche ſpielen — Stunde auf Stunde! Nach Henriette Sontag enthuſiasmirten die Berliner damals am Meiſten durch Geſang und Spiel Anna Schechner und Mad. Schröder-Devrient. Die Erſtere feierte ihren größten Triumph als Julia in der Veſtalin, wie denn überhaupt die Aufführung von Spontini's Meiſterwerk mit der Schechner die vollendetſte geweſen ſein ſoll, welche je ſtattgefunden hat. Beim Anblick der majeſtätiſchen Milder-Hauptmann als Oberprieſterin, der edlen, ideal-ſchönen, jugendlichen Julia, dem herrlichen Bader als Licinius, und Heinrich Blum — mußte man an die Worte Iphigeniens denken: »Sie zogen aus, Als hätte der Olymp ſich aufgethan Und die Geſtalten der erlauchten Vorwelt Herabgeſendet!« Selbſt Spontini, der ſonſt ſo ſchlau berechnende, kaltherzige Maeſtro, wurde durch dieſe Aufführung be¬ geiſtert, und während er dirigirte, rief er unwillkürlich: »sublime! sublime!« 10 *

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/175>, abgerufen am 10.05.2024.