so sehr Gnade vor den Weltlust verachtenden Augen, daß die Frau Marquise mir die Hand drückte und ver¬ sicherte: sie würde alle meine Debüts besuchen ... "Ah, vous jouerez la jeune maraine? On dit: une char¬ mante piece ... mais la jeune maraine -- est elle bien eleevee?"
Ich konnte mit gutem Gewissen sagen, daß die junge Pathin eine sehr wohlerzogene Person sei.
Bei dem berühmten Orientalen Hammer-Purgstall fühlte ich mich dagegen gleich heimisch. Hier lernte ich alle Größen der Kunst und Wissenschaft des damaligen Wien kennen. Mit dein feinsten Takt und unermüdlicher Liebenswürdigkeit verstanden Wirth und Wirthin es, alle Gäste des vielgesuchten gastfreien Hauses mit einander bekannt zu machen.
Fürst Gortschakoff, erster Attache der russischen Ge¬ sandtschaft, machte mir auf den Empfehlungsbrief des Fürsten Wolkonski in Abwesenheit seines Chefs in feinster und zuvorkommendster Weise die Honneurs seines Landes, dem ja auch ich drei Jahre hindurch mit Vergnügen an¬ gehört hatte. Ein echter Kavalier, mit den elegantesten Manieren, rundem, behaglichen Gesicht, sanften Zügen, gütigem Lächeln, großen klugen Augen, geistvoller, ja bezaubernder Unterhaltung -- machte der Fürst schon damals den Eindruck einer bedeutenden Persönlichkeit ... Aber er selber ahnte wohl noch nicht, daß er berufen sei, als Diplomat eine so große und für ganz Europa so ein¬ flußreiche Rolle auf dem politischen Welttheater zu spielen!
ſo ſehr Gnade vor den Weltluſt verachtenden Augen, daß die Frau Marquiſe mir die Hand drückte und ver¬ ſicherte: ſie würde alle meine Debüts beſuchen … »Ah, vous jouerez la jeune maraine? On dit: une char¬ mante pièce … mais la jeune maraine — est elle bien éleevée?«
Ich konnte mit gutem Gewiſſen ſagen, daß die junge Pathin eine ſehr wohlerzogene Perſon ſei.
Bei dem berühmten Orientalen Hammer-Purgſtall fühlte ich mich dagegen gleich heimiſch. Hier lernte ich alle Größen der Kunſt und Wiſſenſchaft des damaligen Wien kennen. Mit dein feinſten Takt und unermüdlicher Liebenswürdigkeit verſtanden Wirth und Wirthin es, alle Gäſte des vielgeſuchten gaſtfreien Hauſes mit einander bekannt zu machen.
Fürſt Gortſchakoff, erſter Attaché der ruſſiſchen Ge¬ ſandtſchaft, machte mir auf den Empfehlungsbrief des Fürſten Wolkonſki in Abweſenheit ſeines Chefs in feinſter und zuvorkommendſter Weiſe die Honneurs ſeines Landes, dem ja auch ich drei Jahre hindurch mit Vergnügen an¬ gehört hatte. Ein echter Kavalier, mit den eleganteſten Manieren, rundem, behaglichen Geſicht, ſanften Zügen, gütigem Lächeln, großen klugen Augen, geiſtvoller, ja bezaubernder Unterhaltung — machte der Fürſt ſchon damals den Eindruck einer bedeutenden Perſönlichkeit … Aber er ſelber ahnte wohl noch nicht, daß er berufen ſei, als Diplomat eine ſo große und für ganz Europa ſo ein¬ flußreiche Rolle auf dem politiſchen Welttheater zu ſpielen!
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ſo ſehr Gnade vor den Weltluſt verachtenden Augen,
daß die Frau Marquiſe mir die Hand drückte und ver¬
ſicherte: ſie würde alle meine Debüts beſuchen … »Ah,
vous jouerez la jeune maraine? On dit: une char¬
mante pièce … mais la jeune maraine — est elle
bien éleevée?«
Ich konnte mit gutem Gewiſſen ſagen, daß die junge
Pathin eine ſehr wohlerzogene Perſon ſei.
Bei dem berühmten Orientalen Hammer-Purgſtall
fühlte ich mich dagegen gleich heimiſch. Hier lernte ich
alle Größen der Kunſt und Wiſſenſchaft des damaligen
Wien kennen. Mit dein feinſten Takt und unermüdlicher
Liebenswürdigkeit verſtanden Wirth und Wirthin es,
alle Gäſte des vielgeſuchten gaſtfreien Hauſes mit einander
bekannt zu machen.
Fürſt Gortſchakoff, erſter Attaché der ruſſiſchen Ge¬
ſandtſchaft, machte mir auf den Empfehlungsbrief des
Fürſten Wolkonſki in Abweſenheit ſeines Chefs in feinſter
und zuvorkommendſter Weiſe die Honneurs ſeines Landes,
dem ja auch ich drei Jahre hindurch mit Vergnügen an¬
gehört hatte. Ein echter Kavalier, mit den eleganteſten
Manieren, rundem, behaglichen Geſicht, ſanften Zügen,
gütigem Lächeln, großen klugen Augen, geiſtvoller, ja
bezaubernder Unterhaltung — machte der Fürſt ſchon
damals den Eindruck einer bedeutenden Perſönlichkeit …
Aber er ſelber ahnte wohl noch nicht, daß er berufen
ſei, als Diplomat eine ſo große und für ganz Europa ſo ein¬
flußreiche Rolle auf dem politiſchen Welttheater zu ſpielen!
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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/307>, abgerufen am 22.11.2024.
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