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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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und Burgsdorff in das romantische Land Italia zu ent¬
fliehen, dort ein genial poetisches, abenteuerliches Leben
zu führen und nur als Berühmtheiten nach dem spie߬
bürgerlichen Deutschland zurückzukehren, nicht zur Aus¬
führung kommen konnte -- aus Mangel an goldenen
Sohlen ...

Kein Wunder, dachte ich bei solchen Erzählungen
still für mich, daß jetzt der alte "Romantiker" vor Dir
sitzt.

Launisch und spöttisch erzählte Tieck gern von
seinem Besuch bei Klopstock in Hamburg, wie er eine
ideale Dichtergestalt zu sehen erwartet und einen echten
vertrockneten deutschen Professor im zerrissenen Schlaf¬
rock mit der Tabakspfeife zwischen den Zähnen gefunden
habe, dessen erste Frage an die Studenten war: "Nun,
hat sich denn der tolle Goethe immer noch nicht todt¬
geschossen?" -- wie ergötzlich der alte Stimmkünstler die
schneidend hohen Fisteltöne des göttlichen Sängers der
Messiade nachmachen konnte!

In Berlin begann im Herbst 1794 für den jungen
21jährigen Poeten ein neues, wundersames Leben. Für
den bekannten Buchhändler Nikolai bearbeitete er aus
dem Französischen eine Reihe damals beliebter satyrisch¬
moralischer Geschichten, und dieser lieferte ihm dafür die
Mittel, mit der Schwester Sophie und dem jungen Bild¬
hauer Friedrich Tieck einen eigenen genialischen Künstler-
Hausstand zu führen, in dem sich auch der große Mime
Fleck oft wohl fühlte. "Der alte Nikolai aber wurde

und Burgsdorff in das romantiſche Land Italia zu ent¬
fliehen, dort ein genial poetiſches, abenteuerliches Leben
zu führen und nur als Berühmtheiten nach dem ſpie߬
bürgerlichen Deutſchland zurückzukehren, nicht zur Aus¬
führung kommen konnte — aus Mangel an goldenen
Sohlen …

Kein Wunder, dachte ich bei ſolchen Erzählungen
ſtill für mich, daß jetzt der alte »Romantiker« vor Dir
ſitzt.

Launiſch und ſpöttiſch erzählte Tieck gern von
ſeinem Beſuch bei Klopſtock in Hamburg, wie er eine
ideale Dichtergeſtalt zu ſehen erwartet und einen echten
vertrockneten deutſchen Profeſſor im zerriſſenen Schlaf¬
rock mit der Tabakspfeife zwiſchen den Zähnen gefunden
habe, deſſen erſte Frage an die Studenten war: »Nun,
hat ſich denn der tolle Goethe immer noch nicht todt¬
geſchoſſen?« — wie ergötzlich der alte Stimmkünſtler die
ſchneidend hohen Fiſteltöne des göttlichen Sängers der
Meſſiade nachmachen konnte!

In Berlin begann im Herbſt 1794 für den jungen
21jährigen Poeten ein neues, wunderſames Leben. Für
den bekannten Buchhändler Nikolai bearbeitete er aus
dem Franzöſiſchen eine Reihe damals beliebter ſatyriſch¬
moraliſcher Geſchichten, und dieſer lieferte ihm dafür die
Mittel, mit der Schweſter Sophie und dem jungen Bild¬
hauer Friedrich Tieck einen eigenen genialiſchen Künſtler-
Hausſtand zu führen, in dem ſich auch der große Mime
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[389/0417] und Burgsdorff in das romantiſche Land Italia zu ent¬ fliehen, dort ein genial poetiſches, abenteuerliches Leben zu führen und nur als Berühmtheiten nach dem ſpie߬ bürgerlichen Deutſchland zurückzukehren, nicht zur Aus¬ führung kommen konnte — aus Mangel an goldenen Sohlen … Kein Wunder, dachte ich bei ſolchen Erzählungen ſtill für mich, daß jetzt der alte »Romantiker« vor Dir ſitzt. Launiſch und ſpöttiſch erzählte Tieck gern von ſeinem Beſuch bei Klopſtock in Hamburg, wie er eine ideale Dichtergeſtalt zu ſehen erwartet und einen echten vertrockneten deutſchen Profeſſor im zerriſſenen Schlaf¬ rock mit der Tabakspfeife zwiſchen den Zähnen gefunden habe, deſſen erſte Frage an die Studenten war: »Nun, hat ſich denn der tolle Goethe immer noch nicht todt¬ geſchoſſen?« — wie ergötzlich der alte Stimmkünſtler die ſchneidend hohen Fiſteltöne des göttlichen Sängers der Meſſiade nachmachen konnte! In Berlin begann im Herbſt 1794 für den jungen 21jährigen Poeten ein neues, wunderſames Leben. Für den bekannten Buchhändler Nikolai bearbeitete er aus dem Franzöſiſchen eine Reihe damals beliebter ſatyriſch¬ moraliſcher Geſchichten, und dieſer lieferte ihm dafür die Mittel, mit der Schweſter Sophie und dem jungen Bild¬ hauer Friedrich Tieck einen eigenen genialiſchen Künſtler- Hausſtand zu führen, in dem ſich auch der große Mime Fleck oft wohl fühlte. »Der alte Nikolai aber wurde

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/417>, abgerufen am 22.11.2024.