Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.Für die Einnahme von Gastrollen kaufte ich mir Der Wunsch, einer größeren Bühne anzugehören, Das gesellige Leben Karlsruhes bot wenig Ersatz Für die Einnahme von Gaſtrollen kaufte ich mir Der Wunſch, einer größeren Bühne anzugehören, Das geſellige Leben Karlsruhes bot wenig Erſatz <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0058" n="30"/> <p>Für die Einnahme von Gaſtrollen kaufte ich mir<lb/> eine eigene Sparbüchſe — und war glückſelig, da ich als<lb/> Ueberſchuß von der erſten Manheimer Gaſtreiſe <hi rendition="#g">Einen</hi><lb/> Gulden hinein thun konnte. Der führte lange ein melan¬<lb/> choliſches Einſiedlerdaſein. Erſt nach meinem zweiten Gaſt¬<lb/> ſpiel (Hamburg 1826) erhielt er einige Geſellſchaft …<lb/> und nach der Petersburger Gaſtreiſe (1828) ward die<lb/> Büchſe zu eng.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Der Wunſch, einer größeren Bühne anzugehören,<lb/> bei der ich mehr beſchäftigt werden konnte, wurde immer<lb/> ſehnlicher in mir. Die erſt 23 jährige Amalie Neumann<lb/> dürfte ſich noch Jahre lang im Fach erſter jugendlicher<lb/> Rollen behaupten — und da wöchentlich nur dreimal<lb/> geſpielt wurde, konnte ſie mir beim beſten Willen ohne<lb/> Opfer keine bedeutenden Rollen überlaſſen.</p><lb/> <p>Das geſellige Leben Karlsruhes bot wenig Erſatz<lb/> für mein dürftiges Rollenfach. Der Adel ſonderte ſich<lb/> ſtreng ab und nur auf den Muſeumsbällen tanzte er<lb/> wenigſtens im gleichen Saale mit dem höheren Bürger¬<lb/> ſtande. Aber auch auf dieſen Bällen gab es eine adelige<lb/> und bürgerliche Fran<hi rendition="#aq">ç</hi>aiſe. Ich ſehe noch die piquirten<lb/> Blicke einiger hochadeligen Fräuleins, als ein junger<lb/> Gleichgeborner — wahrſcheinlich ein verkappter Republi¬<lb/> kaner — es wagte, mich bei meinem erſten Erſcheinen<lb/> als Hofſchauſpielerin auf dem Muſeumsballe in die adelige<lb/> Fran<hi rendition="#aq">ç</hi>aiſe am oberen Ende des Saales einzuſchmuggeln.<lb/> Mich amüſirten dieſe froſtigen Blicke nicht wenig — ich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [30/0058]
Für die Einnahme von Gaſtrollen kaufte ich mir
eine eigene Sparbüchſe — und war glückſelig, da ich als
Ueberſchuß von der erſten Manheimer Gaſtreiſe Einen
Gulden hinein thun konnte. Der führte lange ein melan¬
choliſches Einſiedlerdaſein. Erſt nach meinem zweiten Gaſt¬
ſpiel (Hamburg 1826) erhielt er einige Geſellſchaft …
und nach der Petersburger Gaſtreiſe (1828) ward die
Büchſe zu eng.
Der Wunſch, einer größeren Bühne anzugehören,
bei der ich mehr beſchäftigt werden konnte, wurde immer
ſehnlicher in mir. Die erſt 23 jährige Amalie Neumann
dürfte ſich noch Jahre lang im Fach erſter jugendlicher
Rollen behaupten — und da wöchentlich nur dreimal
geſpielt wurde, konnte ſie mir beim beſten Willen ohne
Opfer keine bedeutenden Rollen überlaſſen.
Das geſellige Leben Karlsruhes bot wenig Erſatz
für mein dürftiges Rollenfach. Der Adel ſonderte ſich
ſtreng ab und nur auf den Muſeumsbällen tanzte er
wenigſtens im gleichen Saale mit dem höheren Bürger¬
ſtande. Aber auch auf dieſen Bällen gab es eine adelige
und bürgerliche Françaiſe. Ich ſehe noch die piquirten
Blicke einiger hochadeligen Fräuleins, als ein junger
Gleichgeborner — wahrſcheinlich ein verkappter Republi¬
kaner — es wagte, mich bei meinem erſten Erſcheinen
als Hofſchauſpielerin auf dem Muſeumsballe in die adelige
Françaiſe am oberen Ende des Saales einzuſchmuggeln.
Mich amüſirten dieſe froſtigen Blicke nicht wenig — ich
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