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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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Spannung im ersten Range des dichtbesetzten königlichen
Schauspielhauses. Es erschien mir gegen das Karlsruher
klein, aber eleganter, auch besser beleuchtet. Es wurde
"Hermann und Dorothea" gegeben, von Dr. Karl Töpfer
nach Goethe's Dichtung für die Bühne bearbeitet.

Neben mir saß ein gemüthlich-heiterer Herr von
einigen 30 Jahren. Sein ganzes Wesen erinnerte mich
lebhaft an meinen lieben Hofrath in Iffland's Hagestolzen.
Mein jugendlich aufblitzendes Entzücken über einzelne
Stellen der Dichtung -- meine Begeisterung über das
vollendete Spiel schienen ihn zu ergötzen. Wir kamen
in den Pausen in's Plaudern. Mein Nachbar sprach
über Kunst und Schauspieler voll Verständniß und Be¬
scheidenheit -- angenehm und liebenswürdig. Er hatte
sogleich die Fremde und begeisterte Kunstnovize erkannt --
und nannte sich mir als früheren Kollegen und Verfasser
von "Hermann und Dorothea" -- Dr. Töpfer.

Töpfer war Hofschauspieler in Wien gewesen, hatte
dann durch Deutschland Kunstreisen gemacht und besonders
durch sein Guitarrenspiel entzückt. Seit einigen Jahren
hatte er die Bühne verlassen und war mit großem Glück
als Lustspieldichter und Novellist aufgetreten. Seine
Lustspiele: "Des Herzogs Befehl" und "Der beste Ton"
wurden damals auf allen Bühnen gegeben und haben
sich bis heute auf dem Repertoir erhalten. Vor wenigen
Wochen ist Töpfer in Hamburg gestorben.

"Hermann und Dorothea" ist kein Effektstück und
vermag nicht rauschenden Beifall zu erzielen; -- aber

Spannung im erſten Range des dichtbeſetzten königlichen
Schauſpielhauſes. Es erſchien mir gegen das Karlsruher
klein, aber eleganter, auch beſſer beleuchtet. Es wurde
»Hermann und Dorothea« gegeben, von Dr. Karl Töpfer
nach Goethe's Dichtung für die Bühne bearbeitet.

Neben mir ſaß ein gemüthlich-heiterer Herr von
einigen 30 Jahren. Sein ganzes Weſen erinnerte mich
lebhaft an meinen lieben Hofrath in Iffland's Hageſtolzen.
Mein jugendlich aufblitzendes Entzücken über einzelne
Stellen der Dichtung — meine Begeiſterung über das
vollendete Spiel ſchienen ihn zu ergötzen. Wir kamen
in den Pauſen in's Plaudern. Mein Nachbar ſprach
über Kunſt und Schauſpieler voll Verſtändniß und Be¬
ſcheidenheit — angenehm und liebenswürdig. Er hatte
ſogleich die Fremde und begeiſterte Kunſtnovize erkannt —
und nannte ſich mir als früheren Kollegen und Verfaſſer
von »Hermann und Dorothea« — Dr. Töpfer.

Töpfer war Hofſchauſpieler in Wien geweſen, hatte
dann durch Deutſchland Kunſtreiſen gemacht und beſonders
durch ſein Guitarrenſpiel entzückt. Seit einigen Jahren
hatte er die Bühne verlaſſen und war mit großem Glück
als Luſtſpieldichter und Novelliſt aufgetreten. Seine
Luſtſpiele: »Des Herzogs Befehl« und »Der beſte Ton«
wurden damals auf allen Bühnen gegeben und haben
ſich bis heute auf dem Repertoir erhalten. Vor wenigen
Wochen iſt Töpfer in Hamburg geſtorben.

»Hermann und Dorothea« iſt kein Effektſtück und
vermag nicht rauſchenden Beifall zu erzielen; — aber

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[46/0074] Spannung im erſten Range des dichtbeſetzten königlichen Schauſpielhauſes. Es erſchien mir gegen das Karlsruher klein, aber eleganter, auch beſſer beleuchtet. Es wurde »Hermann und Dorothea« gegeben, von Dr. Karl Töpfer nach Goethe's Dichtung für die Bühne bearbeitet. Neben mir ſaß ein gemüthlich-heiterer Herr von einigen 30 Jahren. Sein ganzes Weſen erinnerte mich lebhaft an meinen lieben Hofrath in Iffland's Hageſtolzen. Mein jugendlich aufblitzendes Entzücken über einzelne Stellen der Dichtung — meine Begeiſterung über das vollendete Spiel ſchienen ihn zu ergötzen. Wir kamen in den Pauſen in's Plaudern. Mein Nachbar ſprach über Kunſt und Schauſpieler voll Verſtändniß und Be¬ ſcheidenheit — angenehm und liebenswürdig. Er hatte ſogleich die Fremde und begeiſterte Kunſtnovize erkannt — und nannte ſich mir als früheren Kollegen und Verfaſſer von »Hermann und Dorothea« — Dr. Töpfer. Töpfer war Hofſchauſpieler in Wien geweſen, hatte dann durch Deutſchland Kunſtreiſen gemacht und beſonders durch ſein Guitarrenſpiel entzückt. Seit einigen Jahren hatte er die Bühne verlaſſen und war mit großem Glück als Luſtſpieldichter und Novelliſt aufgetreten. Seine Luſtſpiele: »Des Herzogs Befehl« und »Der beſte Ton« wurden damals auf allen Bühnen gegeben und haben ſich bis heute auf dem Repertoir erhalten. Vor wenigen Wochen iſt Töpfer in Hamburg geſtorben. »Hermann und Dorothea« iſt kein Effektſtück und vermag nicht rauſchenden Beifall zu erzielen; — aber

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/74>, abgerufen am 21.11.2024.