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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.

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sich diese Wirkung selbst als die Reproduktion eines bei dem Dichter pba_104.002
unumgänglich erforderlichen Gemütszustandes denkt, also als eben das, pba_104.003
was im Obigen Nachahmung eines Ethos genannt ist. So, wenn es pba_104.004
in betreff der strafenden oder pathetischen Satire heißt: "Bei der pba_104.005
Darstellung empörender Wirklichkeit kommt Alles darauf an, daß das pba_104.006
Notwendige der Grund sei, auf welchem der Dichter oder der Erzähler pba_104.007
das Wirkliche aufträgt, daß er unser Gemüt für Jdeen zu stimmen pba_104.008
wisse. Stehen wir nur hoch in der Beurteilung, so hat es nichts pba_104.009
zu sagen, wenn auch der Gegenstand tief und niedrig unter uns zurückbleibt pba_104.010
..... Die pathetische Satire muß also jederzeit aus einem pba_104.011
Gemüte fließen, welches von dem Jdeale lebhaft durchdrungen pba_104.012
ist.
" Und weiterhin: "Die äußern und zufälligen Einflüsse, welche pba_104.013
immer einschränkend wirken, dürfen höchstens nur die Richtung bestimmen, pba_104.014
niemals den Jnhalt der Begeisterung hergeben. Dieser muß in allem pba_104.015
derselbe sein und, rein von jedem äußeren Bedürfnis, aus einem pba_104.016
glühenden Triebe für das Jdeal hervorfließen,
welcher durchaus pba_104.017
der einzig wahre Beruf zu dem satirischen wie überhaupt zu dem pba_104.018
sentimentalischen Dichter ist."

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"Wenn die pathetische Satire nur erhabene Seelen kleidet, so pba_104.020
kann die spottende Satire nur einem schönen Herzen gelingen ....." pba_104.021
"Nur dem schönen Herzen ist es verliehen, unabhängig von dem Gegenstand pba_104.022
seines Wirkens in jeder seiner Aeußerungen ein vollendetes Bild pba_104.023
von sich selbst abzuprägen. Der erhabene Charakter kann sich nur in pba_104.024
einzelnen Siegen über den Widerstand der Sinne, nur in gewissen Momenten pba_104.025
des Schwunges und einer augenblicklichen Anstrengung kundthun; pba_104.026
in der schönen Seele hingegen wirkt das Jdeal als Natur, also pba_104.027
gleichförmig, und kann mithin auch in einem Zustand der Ruhe sich pba_104.028
zeigen. Das tiefe Meer erscheint am erhabensten in seiner Bewegung, pba_104.029
der klare Bach am schönsten in seinem ruhigen Lauf."

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Es ist klar, daß, was Schiller hier Begeisterung, Trieb für das pba_104.031
Jdeal, erhabene Seele, schönes Herz oder schöne Seele nennt, samt und pba_104.032
sonders unter den Begriff des Ethos fällt, wie er im Obigem definiert pba_104.033
ist; an die Stelle jener verschiedenartigen und einer präcisen Feststellung pba_104.034
sich entziehenden Bezeichnungen tritt damit ein einheitlicher Begriff, pba_104.035
welcher den Vorzug besitzt, für jeden Fall sich mit einem klar und fest pba_104.036
zu bestimmenden Jnhalt erfüllen zu lassen und zudem auch für alle Fälle pba_104.037
anwendbar zu sein, während Schillers Räsonnement nur dem Jdeal der pba_104.038
satirischen Dichtung gilt und für alle tieferen Stufen derselben Ausnahmen pba_104.039
statuieren muß. Jenes klassische Jdeal, von welchem Schiller pba_104.040
handelt, würden diejenigen satirischen und humoristischen Dichtungen

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sich diese Wirkung selbst als die Reproduktion eines bei dem Dichter pba_104.002
unumgänglich erforderlichen Gemütszustandes denkt, also als eben das, pba_104.003
was im Obigen Nachahmung eines Ethos genannt ist. So, wenn es pba_104.004
in betreff der strafenden oder pathetischen Satire heißt: „Bei der pba_104.005
Darstellung empörender Wirklichkeit kommt Alles darauf an, daß das pba_104.006
Notwendige der Grund sei, auf welchem der Dichter oder der Erzähler pba_104.007
das Wirkliche aufträgt, daß er unser Gemüt für Jdeen zu stimmen pba_104.008
wisse. Stehen wir nur hoch in der Beurteilung, so hat es nichts pba_104.009
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..... Die pathetische Satire muß also jederzeit aus einem pba_104.011
Gemüte fließen, welches von dem Jdeale lebhaft durchdrungen pba_104.012
ist.
“ Und weiterhin: „Die äußern und zufälligen Einflüsse, welche pba_104.013
immer einschränkend wirken, dürfen höchstens nur die Richtung bestimmen, pba_104.014
niemals den Jnhalt der Begeisterung hergeben. Dieser muß in allem pba_104.015
derselbe sein und, rein von jedem äußeren Bedürfnis, aus einem pba_104.016
glühenden Triebe für das Jdeal hervorfließen,
welcher durchaus pba_104.017
der einzig wahre Beruf zu dem satirischen wie überhaupt zu dem pba_104.018
sentimentalischen Dichter ist.“

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„Wenn die pathetische Satire nur erhabene Seelen kleidet, so pba_104.020
kann die spottende Satire nur einem schönen Herzen gelingen .....“ pba_104.021
„Nur dem schönen Herzen ist es verliehen, unabhängig von dem Gegenstand pba_104.022
seines Wirkens in jeder seiner Aeußerungen ein vollendetes Bild pba_104.023
von sich selbst abzuprägen. Der erhabene Charakter kann sich nur in pba_104.024
einzelnen Siegen über den Widerstand der Sinne, nur in gewissen Momenten pba_104.025
des Schwunges und einer augenblicklichen Anstrengung kundthun; pba_104.026
in der schönen Seele hingegen wirkt das Jdeal als Natur, also pba_104.027
gleichförmig, und kann mithin auch in einem Zustand der Ruhe sich pba_104.028
zeigen. Das tiefe Meer erscheint am erhabensten in seiner Bewegung, pba_104.029
der klare Bach am schönsten in seinem ruhigen Lauf.“

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Es ist klar, daß, was Schiller hier Begeisterung, Trieb für das pba_104.031
Jdeal, erhabene Seele, schönes Herz oder schöne Seele nennt, samt und pba_104.032
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satirischen Dichtung gilt und für alle tieferen Stufen derselben Ausnahmen pba_104.039
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Zitationshilfe: Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/122>, abgerufen am 24.11.2024.