pba_397.001 Gemäß allen diesen Bestimmungen fängt das "Schauspiel" jenseits pba_397.002 der Grenzen der ethischen Tragödie an und hört diesseits der Grenzen pba_397.003 der Charakter-Komödie auf.
pba_397.004 Jn der Tragödie ist das Hamartema in der Form eines pba_397.005 Jrrtums, eines Fehles in der Handlungsweise einer im Übrigen schuldlosen pba_397.006 Person durch die Macht verhängnisvoller Umstände der Anlaß pba_397.007 eines verderblichen Schicksals. Das tragische Schicksal als solchespba_397.008 erweckt die reinen Empfindungen der Furcht und des Mitleids.
pba_397.009 Jn der Komödie ist das Hamartema als solches in der pba_397.010 Form augenscheinlicher Verkehrtheit der Handlungsweise, also als Lächerliches,pba_397.011 der Gegenstand des entsprechenden Empfindungsurteils, das in pba_397.012 seiner wohlgefälligen Wirkung durch die Vorführung des gegenüberstehenden pba_397.013 Richtigen zugleich geläutert und gekräftigt wird. Der Ernst pba_397.014 der Schicksalsaffekte weicht vor den reinen Empfindungen des pba_397.015 Lächerlichen und Wohlgefälligen.
pba_397.016 Das Schauspiel stellt das Hamartema in allen seinen pba_397.017 Gestalten, als Jrrtum, Fehler, Verirrung und Verschuldungpba_397.018 in seinem unvermeidlich gesetzmäßigen Einfluß auf die Gestaltung pba_397.019 des Schicksals dar, ihm gegenüber jedoch als die stärkere Gewalt die pba_397.020 Macht der Phronesis, welche die Verderblichkeit des Schicksals entweder pba_397.021 aufhebt oder doch auf die Schuldigen beschränkt, so daß die pba_397.022 Wirkung auf das Empfindungsurteil auch nach dieser Seite eine befriedigende, pba_397.023 wohlgefällige ist, während im Übrigen durch sie der Ausgang pba_397.024 zum Glücke gewendet wird. Die durch sie zur Herrschaft gelangenden pba_397.025 Affekte sind einerseits das reine Wohlgefallen, andrerseits die pba_397.026 reine Empfindung der Nemesis in allen ihren Formen, die pba_397.027 durch die Beschaffenheit des Hamartema bedingt werden, also von der pba_397.028 bloßen Mißbilligung bis zur schweren Jndignation und zur pba_397.029 Empörung.
pba_397.030 Hierin liegt der Grund, warum die äußere Gestalt des Schauspiels pba_397.031 eine so mannigfache sein kann, so daß der Begriff desselben ein pba_397.032 schwankender geblieben ist, und man die zu dieser Gattung gehörigen pba_397.033 Stücke bald dem Trauerspiele, bald dem Lustspiele zugerechnet oder noch pba_397.034 andere Gattungsnamen für dieselben erfunden hat. Denn es ist klar, pba_397.035 daß die Gesetze dieser Gattung alle Wirkungen vom Furchtbaren pba_397.036 bis zum Heitern zulassen: nur daß das Furchtbare hier immer allein pba_397.037 auf die Befriedigung des Gefühls der Nemesis abzielen kann, welches pba_397.038 grundverschieden ist von der durch die tragische Katharsis in der Seele pba_397.039 auferbauten Ehrfurcht vor der Majestät des ohne Verschulden hereinbrechenden pba_397.040 Verhängnisses; und daß das Heitere nicht als die Wirkung
pba_397.001 Gemäß allen diesen Bestimmungen fängt das „Schauspiel“ jenseits pba_397.002 der Grenzen der ethischen Tragödie an und hört diesseits der Grenzen pba_397.003 der Charakter-Komödie auf.
pba_397.004 Jn der Tragödie ist das Hamartema in der Form eines pba_397.005 Jrrtums, eines Fehles in der Handlungsweise einer im Übrigen schuldlosen pba_397.006 Person durch die Macht verhängnisvoller Umstände der Anlaß pba_397.007 eines verderblichen Schicksals. Das tragische Schicksal als solchespba_397.008 erweckt die reinen Empfindungen der Furcht und des Mitleids.
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pba_397.030 Hierin liegt der Grund, warum die äußere Gestalt des Schauspiels pba_397.031 eine so mannigfache sein kann, so daß der Begriff desselben ein pba_397.032 schwankender geblieben ist, und man die zu dieser Gattung gehörigen pba_397.033 Stücke bald dem Trauerspiele, bald dem Lustspiele zugerechnet oder noch pba_397.034 andere Gattungsnamen für dieselben erfunden hat. Denn es ist klar, pba_397.035 daß die Gesetze dieser Gattung alle Wirkungen vom Furchtbaren pba_397.036 bis zum Heitern zulassen: nur daß das Furchtbare hier immer allein pba_397.037 auf die Befriedigung des Gefühls der Nemesis abzielen kann, welches pba_397.038 grundverschieden ist von der durch die tragische Katharsis in der Seele pba_397.039 auferbauten Ehrfurcht vor der Majestät des ohne Verschulden hereinbrechenden pba_397.040 Verhängnisses; und daß das Heitere nicht als die Wirkung
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Gemäß allen diesen Bestimmungen fängt das „Schauspiel“ jenseits pba_397.002
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Hierin liegt der Grund, warum die äußere Gestalt des Schauspiels pba_397.031
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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/415>, abgerufen am 22.11.2024.
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