Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.

Bild:
<< vorherige Seite

pba_534.001
gemäßen in ein wider die Natur Gehendes (ekstasis tis estin en te pba_534.002
genesei to para phusin tou kata phusin cf. De coel. II, 3 S. 286a pba_534.003
19 wörtlich: "Das Widernatürliche ist gewissermaßen eine "Verrückung", pba_534.004
die bei dem Entstehungsvorgange des Natürlichen, des Naturgemäßen pba_534.005
stattfindet"). Jn der Schrift "Von der Seele" sagt er dann freilich gerade pba_534.006
in Bezug auf diese, daß "eine jede Bewegung ,eine Verrückung des pba_534.007
Bewegten' sei, insofern es bewegt werde" aber er fügt ausdrücklich pba_534.008
hinzu, daß das nur der Fall sei, wenn die Bewegung nicht eine der pba_534.009
Natur des bewegten Dinges nach ihm eigene, zukommende sei (kata pba_534.010
sumbebekos), um dann zu dem Schlusse zu gelangen, daß gerade die pba_534.011
Bewegung der Seele eine solche sei, die ihr eigen, ihrem Wesen nach pba_534.012
(kath' auten) notwendig bei ihr stattfinde. Die naturgemäße Bewegung pba_534.013
der Seele schließt also keineswegs den Vorgang der "Verrückung" pba_534.014
von ihrem Wesen ein.1 Die strikte Anwendung dieser Sätze auf die pba_534.015
Empfindungsbewegungen der Seele ist von Aristoteles selbst gemacht pba_534.016
und sie widerspricht dem Satze, der die gesamte Auffassung Bernays' pba_534.017
von der Seelenlehre des Aristoteles beherrscht, diametral. Sie findet pba_534.018
sich in der sehr scharfsinnigen und gründlichen Untersuchung, die dieser pba_534.019
im Kapitel 3 des siebenten Buches der phys. auscult. über die Frage pba_534.020
anstellt, ob die Beschaffenheiten der Dinge Veränderungen (alloioseis) pba_534.021
derselben seien. Er verneint dieselbe: die Beschaffenheiten treten zwar nicht pba_534.022
ohne Veränderungsvorgänge ein, sie sind aber nicht selbst solche. Ebensowenig pba_534.023
seien also die Zustände (exeis) des Körpers oder der Seele pba_534.024
"Veränderungen" (alloioseis) derselben (S. 246a 10 ff.); so also auch pba_534.025
weder Vortrefflichkeit, Tugend, noch Fehlerhaftigkeit, Schlechtigkeit pba_534.026
(oute e arete oute e kakia), sondern die erste sei die Vollendung pba_534.027
eines Dinges (teleiosis), d. h. also die vollständige Entwickelung desselben pba_534.028
bis zu ihrem Ende, die andere die Störung und "Verrückung" pba_534.029
desselben (phthora toutou kai ekstasis). Zu der Vollendung ist pba_534.030
also einerseits die Freiheit von störendem Pathos erforderlich, andererseits pba_534.031
aber ebenso das richtige Pathos unentbehrlich
(246b 19: pba_534.032
e men gar arete poiei \e apathes \e os dei pathetikon); umgekehrt pba_534.033
ist die Fehlerhaftigkeit dem störenden Pathos unterworfen und in pba_534.034
der entgegengesetzten Weise dem richtigen Pathos verschlossen (e pba_534.035
de kakia pathetikon \e enantios apathes). Hier ist der Ausdruck pba_534.036
"Pathos" noch im weitesten Sinne genommen; aber die Anwen-

1 pba_534.037
S. De anim. I, 3. 406b 12. ost' ei pasa kinesis ekstasis esti tou pba_534.038
kinoumenou e kineitai, kai e psukhe existait' \an ek tes ousias, ei me kata sumbebekos pba_534.039
auten kinei. all' estin e kinesis tes ousias autes kath'auten.

pba_534.001
gemäßen in ein wider die Natur Gehendes (ἔκστασίς τίς ἐστιν ἐν τῇ pba_534.002
γενέσει τὸ παρὰ φύσιν τοῦ κατὰ φύσιν cf. De coel. II, 3 S. 286a pba_534.003
19 wörtlich: „Das Widernatürliche ist gewissermaßen eine „Verrückung“, pba_534.004
die bei dem Entstehungsvorgange des Natürlichen, des Naturgemäßen pba_534.005
stattfindet“). Jn der Schrift „Von der Seele“ sagt er dann freilich gerade pba_534.006
in Bezug auf diese, daß „eine jede Bewegung ‚eine Verrückung des pba_534.007
Bewegten‘ sei, insofern es bewegt werde“ aber er fügt ausdrücklich pba_534.008
hinzu, daß das nur der Fall sei, wenn die Bewegung nicht eine der pba_534.009
Natur des bewegten Dinges nach ihm eigene, zukommende sei (κατὰ pba_534.010
συμβεβηκός), um dann zu dem Schlusse zu gelangen, daß gerade die pba_534.011
Bewegung der Seele eine solche sei, die ihr eigen, ihrem Wesen nach pba_534.012
(καθ' αὑτήν) notwendig bei ihr stattfinde. Die naturgemäße Bewegung pba_534.013
der Seele schließt also keineswegs den Vorgang der „Verrückung“ pba_534.014
von ihrem Wesen ein.1 Die strikte Anwendung dieser Sätze auf die pba_534.015
Empfindungsbewegungen der Seele ist von Aristoteles selbst gemacht pba_534.016
und sie widerspricht dem Satze, der die gesamte Auffassung Bernays' pba_534.017
von der Seelenlehre des Aristoteles beherrscht, diametral. Sie findet pba_534.018
sich in der sehr scharfsinnigen und gründlichen Untersuchung, die dieser pba_534.019
im Kapitel 3 des siebenten Buches der phys. auscult. über die Frage pba_534.020
anstellt, ob die Beschaffenheiten der Dinge Veränderungen (ἀλλοιώσεις) pba_534.021
derselben seien. Er verneint dieselbe: die Beschaffenheiten treten zwar nicht pba_534.022
ohne Veränderungsvorgänge ein, sie sind aber nicht selbst solche. Ebensowenig pba_534.023
seien also die Zustände (ἕξεις) des Körpers oder der Seele pba_534.024
„Veränderungen“ (ἀλλοιώσεις) derselben (S. 246a 10 ff.); so also auch pba_534.025
weder Vortrefflichkeit, Tugend, noch Fehlerhaftigkeit, Schlechtigkeit pba_534.026
(οὔτε ἡ ἀρετὴ οὔτε ἡ κακία), sondern die erste sei die Vollendung pba_534.027
eines Dinges (τελείωσις), d. h. also die vollständige Entwickelung desselben pba_534.028
bis zu ihrem Ende, die andere die Störung und „Verrückungpba_534.029
desselben (φθορὰ τούτου καὶ ἔκστασις). Zu der Vollendung ist pba_534.030
also einerseits die Freiheit von störendem Pathos erforderlich, andererseits pba_534.031
aber ebenso das richtige Pathos unentbehrlich
(246b 19: pba_534.032
ἡ μὲν γὰρ ἀρετὴ ποιεῖ \̓η ἀπαθὲς \̓η ὠς δεῖ παθητικόν); umgekehrt pba_534.033
ist die Fehlerhaftigkeit dem störenden Pathos unterworfen und in pba_534.034
der entgegengesetzten Weise dem richtigen Pathos verschlossen (ἡ pba_534.035
δὲ κακία παθητικὸν \̓η ἐναντίως ἀπαθές). Hier ist der Ausdruck pba_534.036
„Pathos“ noch im weitesten Sinne genommen; aber die Anwen-

1 pba_534.037
S. De anim. I, 3. 406b 12. ὥστ' εἰ πᾶσα κίνησις ἔκστασίς ἐστι τοῦ pba_534.038
κινουμένου ᾗ κινεῖται, καὶ ἡ ψυχὴ ἐξίσταιτ' \̓αν ἐκ τῆς οὐσίας, εἰ μὴ κατὰ συμβεβηκὸς pba_534.039
αὑτὴν κῖνει. ἀλλ' ἔστιν ἡ κίνησις τῆς οὐσίας αὐτῆς καθ'αὑτήν.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0552" n="534"/><lb n="pba_534.001"/>
gemäßen in ein wider die Natur Gehendes (<foreign xml:lang="grc">&#x1F14;&#x03BA;&#x03C3;&#x03C4;&#x03B1;&#x03C3;&#x03AF;&#x03C2; &#x03C4;&#x03AF;&#x03C2; &#x1F10;&#x03C3;&#x03C4;&#x03B9;&#x03BD; &#x1F10;&#x03BD; &#x03C4;&#x1FC7;</foreign> <lb n="pba_534.002"/>
<foreign xml:lang="grc">&#x03B3;&#x03B5;&#x03BD;&#x03AD;&#x03C3;&#x03B5;&#x03B9; &#x03C4;&#x1F78; &#x03C0;&#x03B1;&#x03C1;&#x1F70; &#x03C6;&#x03CD;&#x03C3;&#x03B9;&#x03BD; &#x03C4;&#x03BF;&#x1FE6; &#x03BA;&#x03B1;&#x03C4;&#x1F70; &#x03C6;&#x03CD;&#x03C3;&#x03B9;&#x03BD;</foreign> <hi rendition="#aq">cf. De coel. II</hi>, 3 S. 286<hi rendition="#sup">a</hi> <lb n="pba_534.003"/>
19 wörtlich: &#x201E;Das Widernatürliche ist gewissermaßen eine &#x201E;Verrückung&#x201C;, <lb n="pba_534.004"/>
die bei dem Entstehungsvorgange des Natürlichen, des Naturgemäßen <lb n="pba_534.005"/>
stattfindet&#x201C;). Jn der Schrift &#x201E;Von der Seele&#x201C; sagt er dann freilich gerade <lb n="pba_534.006"/>
in Bezug auf diese, daß &#x201E;eine jede Bewegung &#x201A;eine Verrückung des <lb n="pba_534.007"/>
Bewegten&#x2018; sei, insofern es bewegt werde&#x201C; aber er fügt ausdrücklich <lb n="pba_534.008"/>
hinzu, daß das nur der Fall sei, wenn die Bewegung <hi rendition="#g">nicht</hi> eine der <lb n="pba_534.009"/>
Natur des bewegten Dinges nach ihm eigene, zukommende sei (<foreign xml:lang="grc">&#x03BA;&#x03B1;&#x03C4;&#x1F70;</foreign> <lb n="pba_534.010"/>
<foreign xml:lang="grc">&#x03C3;&#x03C5;&#x03BC;&#x03B2;&#x03B5;&#x03B2;&#x03B7;&#x03BA;&#x03CC;&#x03C2;</foreign>), um dann zu dem Schlusse zu gelangen, daß gerade die <lb n="pba_534.011"/>
Bewegung der Seele eine solche sei, die ihr eigen, ihrem Wesen nach <lb n="pba_534.012"/>
(<foreign xml:lang="grc">&#x03BA;&#x03B1;&#x03B8;' &#x03B1;&#x1F51;&#x03C4;&#x03AE;&#x03BD;</foreign>) notwendig bei ihr stattfinde. Die naturgemäße Bewegung <lb n="pba_534.013"/>
der Seele schließt also keineswegs den Vorgang der &#x201E;Verrückung&#x201C; <lb n="pba_534.014"/>
von ihrem Wesen ein.<note xml:id="pba_534_1" place="foot" n="1"><lb n="pba_534.037"/>
S. De anim. I, 3. 406<hi rendition="#sup">b</hi> 12. <foreign xml:lang="grc">&#x1F65;&#x03C3;&#x03C4;' &#x03B5;&#x1F30; &#x03C0;&#x1FB6;&#x03C3;&#x03B1;</foreign> <foreign xml:lang="grc">&#x03BA;&#x03AF;&#x03BD;&#x03B7;&#x03C3;&#x03B9;&#x03C2; &#x1F14;&#x03BA;&#x03C3;&#x03C4;&#x03B1;&#x03C3;&#x03AF;&#x03C2; &#x1F10;&#x03C3;&#x03C4;&#x03B9; &#x03C4;&#x03BF;&#x1FE6;</foreign> <lb n="pba_534.038"/>
<foreign xml:lang="grc">&#x03BA;&#x03B9;&#x03BD;&#x03BF;&#x03C5;&#x03BC;&#x03AD;&#x03BD;&#x03BF;&#x03C5; &#x1F97; &#x03BA;&#x03B9;&#x03BD;&#x03B5;&#x1FD6;&#x03C4;&#x03B1;&#x03B9;, &#x03BA;&#x03B1;&#x1F76; &#x1F21; &#x03C8;&#x03C5;&#x03C7;&#x1F74; &#x1F10;&#x03BE;&#x03AF;&#x03C3;&#x03C4;&#x03B1;&#x03B9;&#x03C4;' \&#x0313;&#x03B1;&#x03BD; &#x1F10;&#x03BA; &#x03C4;&#x1FC6;&#x03C2;</foreign> <foreign xml:lang="grc">&#x03BF;&#x1F50;&#x03C3;&#x03AF;&#x03B1;&#x03C2;, &#x03B5;&#x1F30; &#x03BC;&#x1F74; &#x03BA;&#x03B1;&#x03C4;&#x1F70; &#x03C3;&#x03C5;&#x03BC;&#x03B2;&#x03B5;&#x03B2;&#x03B7;&#x03BA;&#x1F78;&#x03C2;</foreign> <lb n="pba_534.039"/>
<foreign xml:lang="grc">&#x03B1;&#x1F51;&#x03C4;&#x1F74;&#x03BD; &#x03BA;&#x1FD6;&#x03BD;&#x03B5;&#x03B9;</foreign>. <foreign xml:lang="grc">&#x1F00;&#x03BB;&#x03BB;' &#x1F14;&#x03C3;&#x03C4;&#x03B9;&#x03BD; &#x1F21; &#x03BA;&#x03AF;&#x03BD;&#x03B7;&#x03C3;&#x03B9;&#x03C2; &#x03C4;&#x1FC6;&#x03C2; &#x03BF;&#x1F50;&#x03C3;&#x03AF;&#x03B1;&#x03C2; &#x03B1;&#x1F50;&#x03C4;&#x1FC6;&#x03C2;</foreign> <foreign xml:lang="grc">&#x03BA;&#x03B1;&#x03B8;</foreign>'<foreign xml:lang="grc">&#x03B1;&#x1F51;&#x03C4;&#x03AE;&#x03BD;</foreign>.</note> Die strikte Anwendung dieser Sätze auf die <lb n="pba_534.015"/> <hi rendition="#g">Empfindungs</hi>bewegungen der Seele ist von Aristoteles selbst gemacht <lb n="pba_534.016"/>
und sie <hi rendition="#g">widerspricht</hi> dem Satze, der die gesamte Auffassung Bernays' <lb n="pba_534.017"/>
von der Seelenlehre des Aristoteles beherrscht, <hi rendition="#g">diametral.</hi> Sie findet <lb n="pba_534.018"/>
sich in der sehr scharfsinnigen und gründlichen Untersuchung, die dieser <lb n="pba_534.019"/>
im Kapitel 3 des siebenten Buches der <hi rendition="#aq">phys. auscult</hi>. über die Frage <lb n="pba_534.020"/>
anstellt, ob die Beschaffenheiten der Dinge Veränderungen (<foreign xml:lang="grc">&#x1F00;&#x03BB;&#x03BB;&#x03BF;&#x03B9;&#x03CE;&#x03C3;&#x03B5;&#x03B9;&#x03C2;</foreign>) <lb n="pba_534.021"/>
derselben seien. Er verneint dieselbe: die Beschaffenheiten treten zwar nicht <lb n="pba_534.022"/>
ohne Veränderungsvorgänge ein, sie sind aber nicht selbst solche. Ebensowenig <lb n="pba_534.023"/>
seien also die Zustände (<foreign xml:lang="grc">&#x1F15;&#x03BE;&#x03B5;&#x03B9;&#x03C2;</foreign>) des Körpers oder der Seele <lb n="pba_534.024"/>
&#x201E;Veränderungen&#x201C; (<foreign xml:lang="grc">&#x1F00;&#x03BB;&#x03BB;&#x03BF;&#x03B9;&#x03CE;&#x03C3;&#x03B5;&#x03B9;&#x03C2;</foreign>) derselben (S. 246<hi rendition="#sup">a</hi> 10 ff.); so also auch <lb n="pba_534.025"/>
weder Vortrefflichkeit, <hi rendition="#g">Tugend,</hi> noch Fehlerhaftigkeit, <hi rendition="#g">Schlechtigkeit</hi> <lb n="pba_534.026"/>
(<foreign xml:lang="grc">&#x03BF;&#x1F54;&#x03C4;&#x03B5; &#x1F21; &#x1F00;&#x03C1;&#x03B5;&#x03C4;&#x1F74; &#x03BF;&#x1F54;&#x03C4;&#x03B5; &#x1F21; &#x03BA;&#x03B1;&#x03BA;&#x03AF;&#x03B1;</foreign>), sondern die erste sei die <hi rendition="#g">Vollendung</hi> <lb n="pba_534.027"/>
eines Dinges (<foreign xml:lang="grc">&#x03C4;&#x03B5;&#x03BB;&#x03B5;&#x03AF;&#x03C9;&#x03C3;&#x03B9;&#x03C2;</foreign>), d. h. also die vollständige Entwickelung desselben <lb n="pba_534.028"/>
bis zu ihrem Ende, die andere die <hi rendition="#g">Störung</hi> und &#x201E;<hi rendition="#g">Verrückung</hi>&#x201C; <lb n="pba_534.029"/>
desselben (<foreign xml:lang="grc">&#x03C6;&#x03B8;&#x03BF;&#x03C1;&#x1F70; &#x03C4;&#x03BF;&#x03CD;&#x03C4;&#x03BF;&#x03C5; &#x03BA;&#x03B1;&#x1F76; <hi rendition="#g">&#x1F14;&#x03BA;&#x03C3;&#x03C4;&#x03B1;&#x03C3;&#x03B9;&#x03C2;</hi></foreign>). Zu der Vollendung ist <lb n="pba_534.030"/>
also einerseits die Freiheit von störendem Pathos erforderlich, <hi rendition="#g">andererseits <lb n="pba_534.031"/>
aber ebenso das richtige Pathos unentbehrlich</hi> (246<hi rendition="#sup">b</hi> 19: <lb n="pba_534.032"/>
<foreign xml:lang="grc">&#x1F21; &#x03BC;&#x1F72;&#x03BD; &#x03B3;&#x1F70;&#x03C1; &#x1F00;&#x03C1;&#x03B5;&#x03C4;&#x1F74; &#x03C0;&#x03BF;&#x03B9;&#x03B5;&#x1FD6; \&#x0313;&#x03B7; &#x1F00;&#x03C0;&#x03B1;&#x03B8;&#x1F72;&#x03C2; \&#x0313;&#x03B7; <hi rendition="#g">&#x1F60;&#x03C2; &#x03B4;&#x03B5;&#x1FD6;</hi></foreign> <foreign xml:lang="grc"><hi rendition="#g">&#x03C0;&#x03B1;&#x03B8;&#x03B7;&#x03C4;&#x03B9;&#x03BA;&#x03CC;&#x03BD;</hi></foreign>); umgekehrt <lb n="pba_534.033"/>
ist die Fehlerhaftigkeit dem störenden Pathos unterworfen und in <lb n="pba_534.034"/>
der entgegengesetzten Weise dem <hi rendition="#g">richtigen Pathos verschlossen</hi> (<foreign xml:lang="grc">&#x1F21;</foreign> <lb n="pba_534.035"/>
<foreign xml:lang="grc">&#x03B4;&#x1F72; &#x03BA;&#x03B1;&#x03BA;&#x03AF;&#x03B1; &#x03C0;&#x03B1;&#x03B8;&#x03B7;&#x03C4;&#x03B9;&#x03BA;&#x1F78;&#x03BD; \&#x0313;&#x03B7; <hi rendition="#g">&#x1F10;&#x03BD;&#x03B1;&#x03BD;&#x03C4;&#x03AF;&#x03C9;&#x03C2; &#x1F00;&#x03C0;&#x03B1;&#x03B8;&#x03AD;&#x03C2;</hi></foreign>). Hier ist der Ausdruck <lb n="pba_534.036"/>
&#x201E;Pathos&#x201C; noch im weitesten Sinne genommen; aber die Anwen-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[534/0552] pba_534.001 gemäßen in ein wider die Natur Gehendes (ἔκστασίς τίς ἐστιν ἐν τῇ pba_534.002 γενέσει τὸ παρὰ φύσιν τοῦ κατὰ φύσιν cf. De coel. II, 3 S. 286a pba_534.003 19 wörtlich: „Das Widernatürliche ist gewissermaßen eine „Verrückung“, pba_534.004 die bei dem Entstehungsvorgange des Natürlichen, des Naturgemäßen pba_534.005 stattfindet“). Jn der Schrift „Von der Seele“ sagt er dann freilich gerade pba_534.006 in Bezug auf diese, daß „eine jede Bewegung ‚eine Verrückung des pba_534.007 Bewegten‘ sei, insofern es bewegt werde“ aber er fügt ausdrücklich pba_534.008 hinzu, daß das nur der Fall sei, wenn die Bewegung nicht eine der pba_534.009 Natur des bewegten Dinges nach ihm eigene, zukommende sei (κατὰ pba_534.010 συμβεβηκός), um dann zu dem Schlusse zu gelangen, daß gerade die pba_534.011 Bewegung der Seele eine solche sei, die ihr eigen, ihrem Wesen nach pba_534.012 (καθ' αὑτήν) notwendig bei ihr stattfinde. Die naturgemäße Bewegung pba_534.013 der Seele schließt also keineswegs den Vorgang der „Verrückung“ pba_534.014 von ihrem Wesen ein. 1 Die strikte Anwendung dieser Sätze auf die pba_534.015 Empfindungsbewegungen der Seele ist von Aristoteles selbst gemacht pba_534.016 und sie widerspricht dem Satze, der die gesamte Auffassung Bernays' pba_534.017 von der Seelenlehre des Aristoteles beherrscht, diametral. Sie findet pba_534.018 sich in der sehr scharfsinnigen und gründlichen Untersuchung, die dieser pba_534.019 im Kapitel 3 des siebenten Buches der phys. auscult. über die Frage pba_534.020 anstellt, ob die Beschaffenheiten der Dinge Veränderungen (ἀλλοιώσεις) pba_534.021 derselben seien. Er verneint dieselbe: die Beschaffenheiten treten zwar nicht pba_534.022 ohne Veränderungsvorgänge ein, sie sind aber nicht selbst solche. Ebensowenig pba_534.023 seien also die Zustände (ἕξεις) des Körpers oder der Seele pba_534.024 „Veränderungen“ (ἀλλοιώσεις) derselben (S. 246a 10 ff.); so also auch pba_534.025 weder Vortrefflichkeit, Tugend, noch Fehlerhaftigkeit, Schlechtigkeit pba_534.026 (οὔτε ἡ ἀρετὴ οὔτε ἡ κακία), sondern die erste sei die Vollendung pba_534.027 eines Dinges (τελείωσις), d. h. also die vollständige Entwickelung desselben pba_534.028 bis zu ihrem Ende, die andere die Störung und „Verrückung“ pba_534.029 desselben (φθορὰ τούτου καὶ ἔκστασις). Zu der Vollendung ist pba_534.030 also einerseits die Freiheit von störendem Pathos erforderlich, andererseits pba_534.031 aber ebenso das richtige Pathos unentbehrlich (246b 19: pba_534.032 ἡ μὲν γὰρ ἀρετὴ ποιεῖ \̓η ἀπαθὲς \̓η ὠς δεῖ παθητικόν); umgekehrt pba_534.033 ist die Fehlerhaftigkeit dem störenden Pathos unterworfen und in pba_534.034 der entgegengesetzten Weise dem richtigen Pathos verschlossen (ἡ pba_534.035 δὲ κακία παθητικὸν \̓η ἐναντίως ἀπαθές). Hier ist der Ausdruck pba_534.036 „Pathos“ noch im weitesten Sinne genommen; aber die Anwen- 1 pba_534.037 S. De anim. I, 3. 406b 12. ὥστ' εἰ πᾶσα κίνησις ἔκστασίς ἐστι τοῦ pba_534.038 κινουμένου ᾗ κινεῖται, καὶ ἡ ψυχὴ ἐξίσταιτ' \̓αν ἐκ τῆς οὐσίας, εἰ μὴ κατὰ συμβεβηκὸς pba_534.039 αὑτὴν κῖνει. ἀλλ' ἔστιν ἡ κίνησις τῆς οὐσίας αὐτῆς καθ'αὑτήν.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/552
Zitationshilfe: Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/552>, abgerufen am 22.11.2024.