pba_708.001 des Gegenstandes zu einem Ganzen vereinigt, soll sich mit der Reflexion pba_708.002 auf die Verstandesgesetze in uns zu einem zusammenstimmenden pba_708.003 Urteile verbinden, ohne daß doch irgend ein Begriff dabei in Betracht pba_708.004 käme. "Jm Gemüt" soll diese Zweckmäßigkeit ohne Zweck,pba_708.005 diese Verstandesmäßigkeit ohne Begriffe, zum Bewußtsein gelangen, pba_708.006 und die Lust an diesem Bewußtsein der harmonierenden Thätigkeit pba_708.007 der Einbildungskraft und des Erkenntnisvermögens überhaupt, nicht pba_708.008 der auf irgend ein Objekt gerichteten Erkenntnis, soll die eine, einzige,pba_708.009 immer sich gleichbleibende Freude am Schönen sein, den tausend- pba_708.010 und abertausendfachen Manifestationen des Schönen gegenüber immer pba_708.011 qualitativ die gleiche, höchstens quantitativ verschieden: das bedeutet pba_708.012 doch also, von den Empfindungen, die durch die Beschaffenheit der Dinge pba_708.013 in uns erzeugt werden, nicht im mindesten modifiziert, sondern ein ewig pba_708.014 sich gleichbleibender Effekt in dem Zusammenwirken der Kräfte unseres pba_708.015 geistigen Organismus. Das widerspricht nicht allein aller unserer Erfahrung pba_708.016 auf das schroffste, sondern auch der Jntuition, die uns von pba_708.017 dem theoretischen Verhältnis dieser Dinge eigen ist. Beiden, dieser pba_708.018 Jntuition wie unserer Erfahrung, ist es nicht fremd, daß es ein solches pba_708.019 "Lustgefühl" in unserem "Gemüte" gibt, aber wir sind weit entfernt pba_708.020 es mit der Freude am Schönen für dasselbe zu halten. Ein pba_708.021 solches Lustgefühl ist es, welches die verstandesmäßige Erkenntnis des pba_708.022 Richtigen, des Wahren begleitet: dieses bleibt immer dasselbe, mag eine pba_708.023 Rechnung zum Stimmen gebracht, eine mathematische oder physikalische pba_708.024 Aufgabe gelöst, eine philosophische Wahrheit erkannt oder ein neues pba_708.025 Weltgesetz gefunden sein. Diese selbe Lust wird uns durch die Anschauung pba_708.026 unmittelbar zu teil, wenn uns die Resultate solcher Erkenntnis pba_708.027 in Figuren und Körpern vor Augen treten. Hier wäre die pba_708.028 Zusammenstimmung der Vorstellungskraft mit der Verstandesmäßigkeit, pba_708.029 welche die Kantische Deduktion verlangt; vorhanden: aber freilich im pba_708.030 Gegensatze zu derselben würde sie gerade auf erkannte Begriffe gegründet pba_708.031 sein, nur daß dieselben uns so völlig geläufig geworden wären, daß wir pba_708.032 ohne sie zu "denken" auf sie "zu reflektieren" vermöchten.
pba_708.033 Von dieser selben Art der Freude an der Übereinstimmung pba_708.034 des Geschauten mit dem Erkannten ist nach Kant die Freude am pba_708.035 Schönen, nur daß statt des "Erkannten" zu setzen wäre des "der Erkenntnis pba_708.036 Gemäßen", auf das ohne Begriffe die Reflexion in der Seele pba_708.037 gemacht werden soll.
pba_708.038 Hier liegt der unaufgeklärte Punkt in Kants Kritik der Urteilskraft, pba_708.039 der uns in dem ganzen System nirgends zur völligen Ruhe und pba_708.040 Befriedigung gelangen läßt. Es liegt etwas fast mystisch zu Nennendes
pba_708.001 des Gegenstandes zu einem Ganzen vereinigt, soll sich mit der Reflexion pba_708.002 auf die Verstandesgesetze in uns zu einem zusammenstimmenden pba_708.003 Urteile verbinden, ohne daß doch irgend ein Begriff dabei in Betracht pba_708.004 käme. „Jm Gemüt“ soll diese Zweckmäßigkeit ohne Zweck,pba_708.005 diese Verstandesmäßigkeit ohne Begriffe, zum Bewußtsein gelangen, pba_708.006 und die Lust an diesem Bewußtsein der harmonierenden Thätigkeit pba_708.007 der Einbildungskraft und des Erkenntnisvermögens überhaupt, nicht pba_708.008 der auf irgend ein Objekt gerichteten Erkenntnis, soll die eine, einzige,pba_708.009 immer sich gleichbleibende Freude am Schönen sein, den tausend- pba_708.010 und abertausendfachen Manifestationen des Schönen gegenüber immer pba_708.011 qualitativ die gleiche, höchstens quantitativ verschieden: das bedeutet pba_708.012 doch also, von den Empfindungen, die durch die Beschaffenheit der Dinge pba_708.013 in uns erzeugt werden, nicht im mindesten modifiziert, sondern ein ewig pba_708.014 sich gleichbleibender Effekt in dem Zusammenwirken der Kräfte unseres pba_708.015 geistigen Organismus. Das widerspricht nicht allein aller unserer Erfahrung pba_708.016 auf das schroffste, sondern auch der Jntuition, die uns von pba_708.017 dem theoretischen Verhältnis dieser Dinge eigen ist. Beiden, dieser pba_708.018 Jntuition wie unserer Erfahrung, ist es nicht fremd, daß es ein solches pba_708.019 „Lustgefühl“ in unserem „Gemüte“ gibt, aber wir sind weit entfernt pba_708.020 es mit der Freude am Schönen für dasselbe zu halten. Ein pba_708.021 solches Lustgefühl ist es, welches die verstandesmäßige Erkenntnis des pba_708.022 Richtigen, des Wahren begleitet: dieses bleibt immer dasselbe, mag eine pba_708.023 Rechnung zum Stimmen gebracht, eine mathematische oder physikalische pba_708.024 Aufgabe gelöst, eine philosophische Wahrheit erkannt oder ein neues pba_708.025 Weltgesetz gefunden sein. Diese selbe Lust wird uns durch die Anschauung pba_708.026 unmittelbar zu teil, wenn uns die Resultate solcher Erkenntnis pba_708.027 in Figuren und Körpern vor Augen treten. Hier wäre die pba_708.028 Zusammenstimmung der Vorstellungskraft mit der Verstandesmäßigkeit, pba_708.029 welche die Kantische Deduktion verlangt; vorhanden: aber freilich im pba_708.030 Gegensatze zu derselben würde sie gerade auf erkannte Begriffe gegründet pba_708.031 sein, nur daß dieselben uns so völlig geläufig geworden wären, daß wir pba_708.032 ohne sie zu „denken“ auf sie „zu reflektieren“ vermöchten.
pba_708.033 Von dieser selben Art der Freude an der Übereinstimmung pba_708.034 des Geschauten mit dem Erkannten ist nach Kant die Freude am pba_708.035 Schönen, nur daß statt des „Erkannten“ zu setzen wäre des „der Erkenntnis pba_708.036 Gemäßen“, auf das ohne Begriffe die Reflexion in der Seele pba_708.037 gemacht werden soll.
pba_708.038 Hier liegt der unaufgeklärte Punkt in Kants Kritik der Urteilskraft, pba_708.039 der uns in dem ganzen System nirgends zur völligen Ruhe und pba_708.040 Befriedigung gelangen läßt. Es liegt etwas fast mystisch zu Nennendes
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des Gegenstandes zu einem Ganzen vereinigt, soll sich mit der Reflexion pba_708.002
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pba_708.033
Von dieser selben Art der Freude an der Übereinstimmung pba_708.034
des Geschauten mit dem Erkannten ist nach Kant die Freude am pba_708.035
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pba_708.038
Hier liegt der unaufgeklärte Punkt in Kants Kritik der Urteilskraft, pba_708.039
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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 708. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/726>, abgerufen am 22.11.2024.
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