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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

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Dominico Michele schon a. 1123 ein ähnliches Mittel ergriffen habe, als ihm in
Syrien das Geld zur Löhnung der Matrosen mangelte. Er ließ Geld aus der
ledernen Zäumen der Pferde machen (s. Universaller. XXII. 467.). Dasselbe
erzählt auch Enoch Widmann in seiner Chronik der Stadt Hof ad a. 1924.
(Busch Handb. der Erfind. IX. 404., wo auch zugleich nach Oetters Gesch. der
Burggraf. v. Nürnb. I. 150. mitgetheilt wird, daß Kaiser Wenzel a. 1385 den
Städten Nürnberg, Augsburg, Ulm und Hall den Gebrauch von Münzzeichen ge-
stattet habe). Als erste Art einer Anstalt in Europa, die wirklich Papiergeld
ausgab, war die Georgsbank in Genua, welche a. 1407, nicht gestiftet, sondern
schon besser eingerichtet wurde. Man s. über das Geschichtliche derselben und der
auf sie folgenden Banken in andern Ländern die im §. 333. angef. Literatur.
Das erste Beispiel eines Staatspapiergeldes in Europa findet sich im J. 1701 in
Frankreich. S. Meine Versuche. S. 242-249. 259-271. 281.
3) Die bloße finanzielle Noth eines Staates oder einer Gesellschaft oder eines
Einzelnen wird nur in Zeiten großer Begeisterung, aber alsdann auch nur einem
Papier- oder Ledergelde einen Umlauf geben, wenn man auf dessen Bezahlung mit
Metallgeld oder auf eine andere Sicherung des Werthes der Menge, die man davon
besitzt, nachdem bessere Zeiten gekommen sein werden, hoffen kann. Beispiele hier-
von gibt die Emission von dem venetian. Dogen Michele und von Friedrich II.,
die in der Note 2. erwähnt sind. Für längere Zeit und für den allgemeinen Um-
lauf sind obige drei Voraussetzungen nöthig. Denn a) ohne Zwang nimmt und
thut man im Verkehre nur das Nothwendige und Nützliche, so lange es dieses ist,
die Vortheile des Papiergeldes sind aber die Erleichterung der Zahlungen, die
Entbehrlichkeit eines Theiles von Metallgeld für den Umlauf, so daß man denselben
als Capital anwenden kann, und die Wohlfeilheit und beliebige Vermehrbarkeit der
Umlaufsmittel. Allein man darf darüber die möglichen großen Nachtheile des-
selben nicht vergessen, welche hauptsächlich darin bestehen, daß leicht die Bedingungen
nicht erfüllt werden, unter denen es allein bestehen kann, daß es leicht nachgemacht
werden kann (wie? s. bei Babbage Maschinenwesen §. 94.) und daß der Tausch-
werth desselben sich mit den Schwankungen im Werthe des Metallgeldes oder Geld-
metalls verändert (Mill Elements p. 152.). Wenn aber das Papiergeld auch als
noch so nützlich erscheint, so wird es sich nicht halten können, so lange b) es die
öffentliche Meinung nicht für sich hat, und diese hängt von dem Zutrauen auf das
Vermögen und die Person oder den Willen desjenigen ab, der es ausgibt, daß er
es, wenn man es präsentirt, auf der Stelle gegen Metallgeld, so wie er es bestimmt
versprochen hat, auch pünktlich einlöst. Diese Einlösung darf sich aber nicht blos
auf die ächten, sondern sie muß sich auch auf die verfälschten Papiergeldstücke be-
ziehen, weil sie gar schwer von einander zu unterscheiden sind. Dies ist aber auch
eine Klugheitsmaßregel des Ausgebers, weil, wenn er es unterläßt, ein allgemeines
Mißtrauen gegen Papiergeld entsteht. Es ist daher jedenfalls nöthig, daß man
c) dem Papiergelde eine so schwer als möglich nachahmliche Form gebe. S. Meine
Versuche. S. 251-259. 265.
4) Im Allgemeinen, ob ein Papiergeld Tauschwerth habe, ersieht man aus
seinem ungezwungenen Umlaufe. Diesen wird es aber nicht behalten, wenn es den
bezeichneten Gebrauchswerth nicht hat. Sinkt sein Tauschwerth aus Mangel hieraus,
so kann man sagen, es sinke absolut im Tauschwerthe. Papiergeld kann aber an
sich, weil es dem Verkehre nöthig oder nützlich sein würde, Gebrauchswerth haben,
während sein Tauschwerth immer mehr sinkt. Dieser letztere Fall tritt ein, ebenso
wie beim Tauschwerthe jeder Waare, wenn es in zu großer Menge umläuft und
wenn das Metallgeld aus andern Gründen im Tauschwerthe steigt. In diesen beiden
Fällen kann man sagen, es sinke relativ im Tauschwerthe. Es ist daher von
Wichtigkeit, über die Nothwendigkeit und Nützlichkeit einer Menge von Papiergeld
für den Verkehr Untersuchungen anzustellen und die Wirkungen der Zunahme des
Tauschwerthes des Metallgeldes auf jenen des Papiergeldes zu bezeichnen. Wenn in
einem Lande zu viel Metallgeld ist, so findet es nach §. 413. seinen natürlichen
Abfluß. Dieses ist aber bei dem Papiergelde nicht der Fall, weil es im Auslande
in der Regel keine Geltung hat und als Materie werthlos ist. Es folgt hieraus,
weil ein Land eines gewissen Werthes und Betrages von Umlaufsmitteln bedarf,
Dominico Michele ſchon a. 1123 ein ähnliches Mittel ergriffen habe, als ihm in
Syrien das Geld zur Löhnung der Matroſen mangelte. Er ließ Geld aus der
ledernen Zäumen der Pferde machen (ſ. Univerſaller. XXII. 467.). Daſſelbe
erzählt auch Enoch Widmann in ſeiner Chronik der Stadt Hof ad a. 1924.
(Buſch Handb. der Erfind. IX. 404., wo auch zugleich nach Oetters Geſch. der
Burggraf. v. Nürnb. I. 150. mitgetheilt wird, daß Kaiſer Wenzel a. 1385 den
Städten Nürnberg, Augsburg, Ulm und Hall den Gebrauch von Münzzeichen ge-
ſtattet habe). Als erſte Art einer Anſtalt in Europa, die wirklich Papiergeld
ausgab, war die Georgsbank in Genua, welche a. 1407, nicht geſtiftet, ſondern
ſchon beſſer eingerichtet wurde. Man ſ. über das Geſchichtliche derſelben und der
auf ſie folgenden Banken in andern Ländern die im §. 333. angef. Literatur.
Das erſte Beiſpiel eines Staatspapiergeldes in Europa findet ſich im J. 1701 in
Frankreich. S. Meine Verſuche. S. 242–249. 259–271. 281.
3) Die bloße finanzielle Noth eines Staates oder einer Geſellſchaft oder eines
Einzelnen wird nur in Zeiten großer Begeiſterung, aber alsdann auch nur einem
Papier- oder Ledergelde einen Umlauf geben, wenn man auf deſſen Bezahlung mit
Metallgeld oder auf eine andere Sicherung des Werthes der Menge, die man davon
beſitzt, nachdem beſſere Zeiten gekommen ſein werden, hoffen kann. Beiſpiele hier-
von gibt die Emiſſion von dem venetian. Dogen Michele und von Friedrich II.,
die in der Note 2. erwähnt ſind. Für längere Zeit und für den allgemeinen Um-
lauf ſind obige drei Vorausſetzungen nöthig. Denn a) ohne Zwang nimmt und
thut man im Verkehre nur das Nothwendige und Nützliche, ſo lange es dieſes iſt,
die Vortheile des Papiergeldes ſind aber die Erleichterung der Zahlungen, die
Entbehrlichkeit eines Theiles von Metallgeld für den Umlauf, ſo daß man denſelben
als Capital anwenden kann, und die Wohlfeilheit und beliebige Vermehrbarkeit der
Umlaufsmittel. Allein man darf darüber die möglichen großen Nachtheile des-
ſelben nicht vergeſſen, welche hauptſächlich darin beſtehen, daß leicht die Bedingungen
nicht erfüllt werden, unter denen es allein beſtehen kann, daß es leicht nachgemacht
werden kann (wie? ſ. bei Babbage Maſchinenweſen §. 94.) und daß der Tauſch-
werth deſſelben ſich mit den Schwankungen im Werthe des Metallgeldes oder Geld-
metalls verändert (Mill Elements p. 152.). Wenn aber das Papiergeld auch als
noch ſo nützlich erſcheint, ſo wird es ſich nicht halten können, ſo lange b) es die
öffentliche Meinung nicht für ſich hat, und dieſe hängt von dem Zutrauen auf das
Vermögen und die Perſon oder den Willen desjenigen ab, der es ausgibt, daß er
es, wenn man es präſentirt, auf der Stelle gegen Metallgeld, ſo wie er es beſtimmt
verſprochen hat, auch pünktlich einlöst. Dieſe Einlöſung darf ſich aber nicht blos
auf die ächten, ſondern ſie muß ſich auch auf die verfälſchten Papiergeldſtücke be-
ziehen, weil ſie gar ſchwer von einander zu unterſcheiden ſind. Dies iſt aber auch
eine Klugheitsmaßregel des Ausgebers, weil, wenn er es unterläßt, ein allgemeines
Mißtrauen gegen Papiergeld entſteht. Es iſt daher jedenfalls nöthig, daß man
c) dem Papiergelde eine ſo ſchwer als möglich nachahmliche Form gebe. S. Meine
Verſuche. S. 251–259. 265.
4) Im Allgemeinen, ob ein Papiergeld Tauſchwerth habe, erſieht man aus
ſeinem ungezwungenen Umlaufe. Dieſen wird es aber nicht behalten, wenn es den
bezeichneten Gebrauchswerth nicht hat. Sinkt ſein Tauſchwerth aus Mangel hieraus,
ſo kann man ſagen, es ſinke abſolut im Tauſchwerthe. Papiergeld kann aber an
ſich, weil es dem Verkehre nöthig oder nützlich ſein würde, Gebrauchswerth haben,
während ſein Tauſchwerth immer mehr ſinkt. Dieſer letztere Fall tritt ein, ebenſo
wie beim Tauſchwerthe jeder Waare, wenn es in zu großer Menge umläuft und
wenn das Metallgeld aus andern Gründen im Tauſchwerthe ſteigt. In dieſen beiden
Fällen kann man ſagen, es ſinke relativ im Tauſchwerthe. Es iſt daher von
Wichtigkeit, über die Nothwendigkeit und Nützlichkeit einer Menge von Papiergeld
für den Verkehr Unterſuchungen anzuſtellen und die Wirkungen der Zunahme des
Tauſchwerthes des Metallgeldes auf jenen des Papiergeldes zu bezeichnen. Wenn in
einem Lande zu viel Metallgeld iſt, ſo findet es nach §. 413. ſeinen natürlichen
Abfluß. Dieſes iſt aber bei dem Papiergelde nicht der Fall, weil es im Auslande
in der Regel keine Geltung hat und als Materie werthlos iſt. Es folgt hieraus,
weil ein Land eines gewiſſen Werthes und Betrages von Umlaufsmitteln bedarf,
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[578/0600] ²⁾ Dominico Michele ſchon a. 1123 ein ähnliches Mittel ergriffen habe, als ihm in Syrien das Geld zur Löhnung der Matroſen mangelte. Er ließ Geld aus der ledernen Zäumen der Pferde machen (ſ. Univerſaller. XXII. 467.). Daſſelbe erzählt auch Enoch Widmann in ſeiner Chronik der Stadt Hof ad a. 1924. (Buſch Handb. der Erfind. IX. 404., wo auch zugleich nach Oetters Geſch. der Burggraf. v. Nürnb. I. 150. mitgetheilt wird, daß Kaiſer Wenzel a. 1385 den Städten Nürnberg, Augsburg, Ulm und Hall den Gebrauch von Münzzeichen ge- ſtattet habe). Als erſte Art einer Anſtalt in Europa, die wirklich Papiergeld ausgab, war die Georgsbank in Genua, welche a. 1407, nicht geſtiftet, ſondern ſchon beſſer eingerichtet wurde. Man ſ. über das Geſchichtliche derſelben und der auf ſie folgenden Banken in andern Ländern die im §. 333. angef. Literatur. Das erſte Beiſpiel eines Staatspapiergeldes in Europa findet ſich im J. 1701 in Frankreich. S. Meine Verſuche. S. 242–249. 259–271. 281. ³⁾ Die bloße finanzielle Noth eines Staates oder einer Geſellſchaft oder eines Einzelnen wird nur in Zeiten großer Begeiſterung, aber alsdann auch nur einem Papier- oder Ledergelde einen Umlauf geben, wenn man auf deſſen Bezahlung mit Metallgeld oder auf eine andere Sicherung des Werthes der Menge, die man davon beſitzt, nachdem beſſere Zeiten gekommen ſein werden, hoffen kann. Beiſpiele hier- von gibt die Emiſſion von dem venetian. Dogen Michele und von Friedrich II., die in der Note 2. erwähnt ſind. Für längere Zeit und für den allgemeinen Um- lauf ſind obige drei Vorausſetzungen nöthig. Denn a) ohne Zwang nimmt und thut man im Verkehre nur das Nothwendige und Nützliche, ſo lange es dieſes iſt, die Vortheile des Papiergeldes ſind aber die Erleichterung der Zahlungen, die Entbehrlichkeit eines Theiles von Metallgeld für den Umlauf, ſo daß man denſelben als Capital anwenden kann, und die Wohlfeilheit und beliebige Vermehrbarkeit der Umlaufsmittel. Allein man darf darüber die möglichen großen Nachtheile des- ſelben nicht vergeſſen, welche hauptſächlich darin beſtehen, daß leicht die Bedingungen nicht erfüllt werden, unter denen es allein beſtehen kann, daß es leicht nachgemacht werden kann (wie? ſ. bei Babbage Maſchinenweſen §. 94.) und daß der Tauſch- werth deſſelben ſich mit den Schwankungen im Werthe des Metallgeldes oder Geld- metalls verändert (Mill Elements p. 152.). Wenn aber das Papiergeld auch als noch ſo nützlich erſcheint, ſo wird es ſich nicht halten können, ſo lange b) es die öffentliche Meinung nicht für ſich hat, und dieſe hängt von dem Zutrauen auf das Vermögen und die Perſon oder den Willen desjenigen ab, der es ausgibt, daß er es, wenn man es präſentirt, auf der Stelle gegen Metallgeld, ſo wie er es beſtimmt verſprochen hat, auch pünktlich einlöst. Dieſe Einlöſung darf ſich aber nicht blos auf die ächten, ſondern ſie muß ſich auch auf die verfälſchten Papiergeldſtücke be- ziehen, weil ſie gar ſchwer von einander zu unterſcheiden ſind. Dies iſt aber auch eine Klugheitsmaßregel des Ausgebers, weil, wenn er es unterläßt, ein allgemeines Mißtrauen gegen Papiergeld entſteht. Es iſt daher jedenfalls nöthig, daß man c) dem Papiergelde eine ſo ſchwer als möglich nachahmliche Form gebe. S. Meine Verſuche. S. 251–259. 265. ⁴⁾ Im Allgemeinen, ob ein Papiergeld Tauſchwerth habe, erſieht man aus ſeinem ungezwungenen Umlaufe. Dieſen wird es aber nicht behalten, wenn es den bezeichneten Gebrauchswerth nicht hat. Sinkt ſein Tauſchwerth aus Mangel hieraus, ſo kann man ſagen, es ſinke abſolut im Tauſchwerthe. Papiergeld kann aber an ſich, weil es dem Verkehre nöthig oder nützlich ſein würde, Gebrauchswerth haben, während ſein Tauſchwerth immer mehr ſinkt. Dieſer letztere Fall tritt ein, ebenſo wie beim Tauſchwerthe jeder Waare, wenn es in zu großer Menge umläuft und wenn das Metallgeld aus andern Gründen im Tauſchwerthe ſteigt. In dieſen beiden Fällen kann man ſagen, es ſinke relativ im Tauſchwerthe. Es iſt daher von Wichtigkeit, über die Nothwendigkeit und Nützlichkeit einer Menge von Papiergeld für den Verkehr Unterſuchungen anzuſtellen und die Wirkungen der Zunahme des Tauſchwerthes des Metallgeldes auf jenen des Papiergeldes zu bezeichnen. Wenn in einem Lande zu viel Metallgeld iſt, ſo findet es nach §. 413. ſeinen natürlichen Abfluß. Dieſes iſt aber bei dem Papiergelde nicht der Fall, weil es im Auslande in der Regel keine Geltung hat und als Materie werthlos iſt. Es folgt hieraus, weil ein Land eines gewiſſen Werthes und Betrages von Umlaufsmitteln bedarf,

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Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 578. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/600>, abgerufen am 18.06.2024.