Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683].Vorrede an den Leser. mehr eröffnet als zugeheilet/ biß ich mich/ zu letzterholet und an die Wort Christi gedacht/ welche er zu Pilato sagte: Du hättest kein einzige Gewalt gegen mich/ wann sie dir nicht von oben herab gegeben wäre; Worauß auch ich geschlossen/ daß mir Menschen Verfol- gung wenig schaden würde/ wann die Macht solches zu thun/ ihnen nicht von oben herab gege- ben würde. Es sey nun mich zu straffen (dann ich bin ein Mensch/ und folgends ein Sünder wie andere auch) oder es sey mich noch besser zu prüffen und zu üben/ damit ich hernach desto fe- ster stehe/ oder es seye/ daß die Welt der Ruhe noch nicht würdig sey/ welche ich hierinn einzu- sühren/ durch so viel Mühe/ Reisen und schrei- ben mich bearbeitethabe/ darvon der Entwurff in diesem Buche zu ersehen/ in der 52. 54. 110. 111. 116. 117. Frage. Deme aber sey wie ihm wolle/ indem mein wolgemeyntes Fürnehmen zum allerwenigsten scheinet anzugehen/ und ich auch zum meisten beschweret bin selbiges werck- stellig zu machen/ so weiß ich doch nicht/ was für ein absonderlicher Antrieb mich mitten in allen meinen Ungelegenheiten bewogen hat/ diese Psychosophie oder diß Buch von der Seelen- Weißheit zu schreiben/ welche die warhafftige Außübung ist/ über meine vorerwehnte Schriff- ten und vorhabende Gedancken/ es sey nun gleich/ daß
Vorrede an den Leſer. mehr eroͤffnet als zugeheilet/ biß ich mich/ zu letzterholet und an die Wort Chriſti gedacht/ welche er zu Pilato ſagte: Du haͤtteſt kein einzige Gewalt gegen mich/ wann ſie dir nicht von oben herab gegeben waͤre; Worauß auch ich geſchloſſen/ daß mir Menſchen Verfol- gung wenig ſchaden wuͤrde/ wann die Macht ſolches zu thun/ ihnen nicht von oben herab gege- ben wuͤrde. Es ſey nun mich zu ſtraffen (dann ich bin ein Menſch/ und folgends ein Suͤnder wie andere auch) oder es ſey mich noch beſſer zu pruͤffen und zu uͤben/ damit ich hernach deſto fe- ſter ſtehe/ oder es ſeye/ daß die Welt der Ruhe noch nicht wuͤrdig ſey/ welche ich hierinn einzu- ſuͤhren/ durch ſo viel Muͤhe/ Reiſen und ſchrei- ben mich bearbeitethabe/ darvon der Entwurff in dieſem Buche zu erſehen/ in der 52. 54. 110. 111. 116. 117. Frage. Deme aber ſey wie ihm wolle/ indem mein wolgemeyntes Fuͤrnehmen zum allerwenigſten ſcheinet anzugehen/ und ich auch zum meiſten beſchweret bin ſelbiges werck- ſtellig zu machen/ ſo weiß ich doch nicht/ was fuͤr ein abſonderlicher Antrieb mich mitten in allen meinen Ungelegenheiten bewogen hat/ dieſe Pſychoſophie oder diß Buch von der Seelen- Weißheit zu ſchreiben/ welche die warhafftige Außuͤbung iſt/ uͤber meine vorerwehnte Schriff- ten und vorhabende Gedanckẽ/ es ſey nun gleich/ daß
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Vorrede an den Leſer.
mehr eroͤffnet als zugeheilet/ biß ich mich/ zu letzt
erholet und an die Wort Chriſti gedacht/ welche
er zu Pilato ſagte: Du haͤtteſt kein einzige
Gewalt gegen mich/ wann ſie dir nicht
von oben herab gegeben waͤre; Worauß
auch ich geſchloſſen/ daß mir Menſchen Verfol-
gung wenig ſchaden wuͤrde/ wann die Macht
ſolches zu thun/ ihnen nicht von oben herab gege-
ben wuͤrde. Es ſey nun mich zu ſtraffen (dann
ich bin ein Menſch/ und folgends ein Suͤnder
wie andere auch) oder es ſey mich noch beſſer zu
pruͤffen und zu uͤben/ damit ich hernach deſto fe-
ſter ſtehe/ oder es ſeye/ daß die Welt der Ruhe
noch nicht wuͤrdig ſey/ welche ich hierinn einzu-
ſuͤhren/ durch ſo viel Muͤhe/ Reiſen und ſchrei-
ben mich bearbeitethabe/ darvon der Entwurff
in dieſem Buche zu erſehen/ in der 52. 54. 110.
111. 116. 117. Frage. Deme aber ſey wie ihm
wolle/ indem mein wolgemeyntes Fuͤrnehmen
zum allerwenigſten ſcheinet anzugehen/ und ich
auch zum meiſten beſchweret bin ſelbiges werck-
ſtellig zu machen/ ſo weiß ich doch nicht/ was fuͤr
ein abſonderlicher Antrieb mich mitten in allen
meinen Ungelegenheiten bewogen hat/ dieſe
Pſychoſophie oder diß Buch von der Seelen-
Weißheit zu ſchreiben/ welche die warhafftige
Außuͤbung iſt/ uͤber meine vorerwehnte Schriff-
ten und vorhabende Gedanckẽ/ es ſey nun gleich/
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