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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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Wohlan denn, hinunter! rief Ludwig, und trieb sein Pferd zu raschem Schritt, die Diener folgten und der Beamte, welcher dem Grafen einen vom General Jourdan dem herzoglichen Hofe eigens ertheilten Schutzbrief für das Land zugestellt hatte, folgte nicht ohne Herzklopfen nach.

Gräuelvoll war der Anblick in Hellingen, darin die Schaaren der den Ort durchziehenden Colonnen sich verbreiteten. Bereits war alles Getreide, das noch auf dem Halm stand, niedergetreten oder niedergeritten. Die eingeernteten Garben wurden aus den Scheunen gerissen, alles Vieh der Einwohner aus den Ställen in die Kirche getrieben, die zum Schlachthaus diente. Jeder Einwohner, der nur die mindeste Gegenwehr versuchte, wurde mit Kolben gestoßen, geschlagen, mit Füßen getreten, mit Bajonetten bedroht, oder gar mit scharfer Klinge gehauen. Dort sendete man einem fliehenden Bauer Musketenkugeln nach, dort versuchte man einen Andern an den Beinen aufzuhängen, dort verübte man den schändlichsten Muthwillen gegen Mütter und selbst Greisinnen, dort pfiff man gellend auf den Pfeifen, die aus der Orgel in der Kirche gerissen waren. In den Häusern wurde Alles geraubt, zerstört, verwüstet, aus den Fenstern schüttelte man die Federn aus den aufgehauenen Betten, aus den Kellern schleppte der rasende Feind die Fässer voll Frankenweines und ließ, was er nicht trank, auf die Straßen laufen. Ueber alle dem Lärm, dem Wehgeheul und den Jammerrufen hörten Wenige den von Königsberg herübertönenden Schall einer heftigen Kanonade. Mit Entsetzen sahen Graf Ludwig und seine Begleiter das unermeßliche Elend nur in diesem einen Dorfe, und doch ging es so in jedem, das die Heersäulen der Franzosen auf ihrem Zuge berührten.

Wo ist der General? Wo sind die Kommandirenden? schrie Ludwig herrisch einem Trupp Reiter zu, der ihm mitten im Orte aufstieß.

Im Pfarrerhaus! war die Antwort, und zugleich zeigten ihm die Soldaten, die ihn für einen Landsmann und Courier hielten, die Richtung nach der Wohnung des Pfarrers Link, die ein alter räucheriger, architectonisch mit Schnitzwerk und krummen, verschränkten Kreuzbogen gezierter Bau war, gegen welchen die erst vor zwei Jahren als schöner Neubau vollendete Kirche seltsam abstach.

Wohlan denn, hinunter! rief Ludwig, und trieb sein Pferd zu raschem Schritt, die Diener folgten und der Beamte, welcher dem Grafen einen vom General Jourdan dem herzoglichen Hofe eigens ertheilten Schutzbrief für das Land zugestellt hatte, folgte nicht ohne Herzklopfen nach.

Gräuelvoll war der Anblick in Hellingen, darin die Schaaren der den Ort durchziehenden Colonnen sich verbreiteten. Bereits war alles Getreide, das noch auf dem Halm stand, niedergetreten oder niedergeritten. Die eingeernteten Garben wurden aus den Scheunen gerissen, alles Vieh der Einwohner aus den Ställen in die Kirche getrieben, die zum Schlachthaus diente. Jeder Einwohner, der nur die mindeste Gegenwehr versuchte, wurde mit Kolben gestoßen, geschlagen, mit Füßen getreten, mit Bajonetten bedroht, oder gar mit scharfer Klinge gehauen. Dort sendete man einem fliehenden Bauer Musketenkugeln nach, dort versuchte man einen Andern an den Beinen aufzuhängen, dort verübte man den schändlichsten Muthwillen gegen Mütter und selbst Greisinnen, dort pfiff man gellend auf den Pfeifen, die aus der Orgel in der Kirche gerissen waren. In den Häusern wurde Alles geraubt, zerstört, verwüstet, aus den Fenstern schüttelte man die Federn aus den aufgehauenen Betten, aus den Kellern schleppte der rasende Feind die Fässer voll Frankenweines und ließ, was er nicht trank, auf die Straßen laufen. Ueber alle dem Lärm, dem Wehgeheul und den Jammerrufen hörten Wenige den von Königsberg herübertönenden Schall einer heftigen Kanonade. Mit Entsetzen sahen Graf Ludwig und seine Begleiter das unermeßliche Elend nur in diesem einen Dorfe, und doch ging es so in jedem, das die Heersäulen der Franzosen auf ihrem Zuge berührten.

Wo ist der General? Wo sind die Kommandirenden? schrie Ludwig herrisch einem Trupp Reiter zu, der ihm mitten im Orte aufstieß.

Im Pfarrerhaus! war die Antwort, und zugleich zeigten ihm die Soldaten, die ihn für einen Landsmann und Courier hielten, die Richtung nach der Wohnung des Pfarrers Link, die ein alter räucheriger, architectonisch mit Schnitzwerk und krummen, verschränkten Kreuzbogen gezierter Bau war, gegen welchen die erst vor zwei Jahren als schöner Neubau vollendete Kirche seltsam abstach.

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[317/0321] Wohlan denn, hinunter! rief Ludwig, und trieb sein Pferd zu raschem Schritt, die Diener folgten und der Beamte, welcher dem Grafen einen vom General Jourdan dem herzoglichen Hofe eigens ertheilten Schutzbrief für das Land zugestellt hatte, folgte nicht ohne Herzklopfen nach. Gräuelvoll war der Anblick in Hellingen, darin die Schaaren der den Ort durchziehenden Colonnen sich verbreiteten. Bereits war alles Getreide, das noch auf dem Halm stand, niedergetreten oder niedergeritten. Die eingeernteten Garben wurden aus den Scheunen gerissen, alles Vieh der Einwohner aus den Ställen in die Kirche getrieben, die zum Schlachthaus diente. Jeder Einwohner, der nur die mindeste Gegenwehr versuchte, wurde mit Kolben gestoßen, geschlagen, mit Füßen getreten, mit Bajonetten bedroht, oder gar mit scharfer Klinge gehauen. Dort sendete man einem fliehenden Bauer Musketenkugeln nach, dort versuchte man einen Andern an den Beinen aufzuhängen, dort verübte man den schändlichsten Muthwillen gegen Mütter und selbst Greisinnen, dort pfiff man gellend auf den Pfeifen, die aus der Orgel in der Kirche gerissen waren. In den Häusern wurde Alles geraubt, zerstört, verwüstet, aus den Fenstern schüttelte man die Federn aus den aufgehauenen Betten, aus den Kellern schleppte der rasende Feind die Fässer voll Frankenweines und ließ, was er nicht trank, auf die Straßen laufen. Ueber alle dem Lärm, dem Wehgeheul und den Jammerrufen hörten Wenige den von Königsberg herübertönenden Schall einer heftigen Kanonade. Mit Entsetzen sahen Graf Ludwig und seine Begleiter das unermeßliche Elend nur in diesem einen Dorfe, und doch ging es so in jedem, das die Heersäulen der Franzosen auf ihrem Zuge berührten. Wo ist der General? Wo sind die Kommandirenden? schrie Ludwig herrisch einem Trupp Reiter zu, der ihm mitten im Orte aufstieß. Im Pfarrerhaus! war die Antwort, und zugleich zeigten ihm die Soldaten, die ihn für einen Landsmann und Courier hielten, die Richtung nach der Wohnung des Pfarrers Link, die ein alter räucheriger, architectonisch mit Schnitzwerk und krummen, verschränkten Kreuzbogen gezierter Bau war, gegen welchen die erst vor zwei Jahren als schöner Neubau vollendete Kirche seltsam abstach.

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/321>, abgerufen am 25.11.2024.