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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Die Semiten.
genannt die Gebiete oder Völker der Akkad und Sumir. Auf der
Ostseite des untern Euphrat entstand in derselben Periode das Reich
Elam. Mancherlei Namen alter Könige, über deren Gleichzeitigkeit oder
Aufeinanderfolge nichts bekannt ist, werden in den alten Keilschriften
aufgeführt. Einer der ältesten davon war wohl Bin-gasit, König von
Arak, Erbauer des Bit-Anna, d. h. der Tempel der Nana, der im Jahre
2280 v. Chr. von den Elamiten geplündert wurde. Ein mächtiger König
in Südbabylonien war Uruk, der den Tempel und die Festung Ur dem
Mondgott Sin zu Ehren erbaute. Derselbe Herrscher erbaute Tempel
zu Arak, Nipur (Niffer) und Senkereh. Uruks Sohn, Dungi, vollendete
den grossen Tempel zu Ur. Von diesem Könige ist ein Gewichtsstein
in Form einer Ente erhalten mit der Inschrift "10 Minen Dungis".

Inzwischen erhob sich das alte Reich der Elamiten auf dem linken
Ufer des untern Euphrat zu immer grösserer Macht. Sie dehnten ihr
Reich auch auf das andere Euphratufer aus und brachten ganz Süd-
babylonien in Abhängigkeit. Eine Inschrift Assurbanipals berichtet,
dass König Kudur-Nanchundi von Elam die Akkad unterdrückt, ihre
Tempel zerstört und das heilige Bild der Göttin Nana von Arak
(hebräisch Erech, griechisch Orchoe, heute Varka) entführt habe. Assur-
banipal rühmt sich, dass er 1635 Jahre später das Reich der Elamiten
vernichtet und das alte Götterbild wieder zurückgeführt habe. Dem-
nach geschah die Eroberung Araks im Jahre 2280 v. Chr. Die grösste
Ausdehnung erlangt das Reich Elam unter Kudur-Langamer (Kedor
Laomer der Bibel), der seine Herrschaft siegreich bis zum Jordan aus-
breitete (um 2100 v. Chr.). So wurde Elam das erste grosse Reich
unter semitischer Herrschaft in den Euphratländern, und deshalb wird
Elam in der heiligen Schrift der älteste Sohn Sems genannt, Assur der
zweite, Arpsachad aber, von dem die Hebräer ihre Abstammung ableiteten,
erst der dritte. Ein Nachfolger des Kudur-Langamer war Kudur-Mabut,
von dem wir aus Inschriften wissen, dass er in der Stadt Ur einen
Tempel dem Mondgotte weihte, und dass sein Sohn Rim-Aku einen
grossen Turm in derselben Stadt erbaute. Eine Bronzestatue, die in
der Nähe von Bagdad aufgefunden wurde, enthält die Namen dieser
beiden Könige eingeschrieben. Der mächtige Turm von Ur schützte
indes Rim-Aku nicht vor schwerer Niederlage. Ein mächtiger Gegner
war ihm im Norden erstanden (1976 v. Chr.) in Hammurabi von Agane,
dem Gründer des alten babylonischen Reiches. Er schlug den Herrscher
von Elam und entriss ihm die wahrscheinlich turanischen Völkerschaften
der Sumir und Akkad, d. h. das südliche Mesopotamien. Werden
schon in den Überlieferungen über die alten Herrscher des Südens

Die Semiten.
genannt die Gebiete oder Völker der Akkad und Sumir. Auf der
Ostseite des untern Euphrat entstand in derselben Periode das Reich
Elam. Mancherlei Namen alter Könige, über deren Gleichzeitigkeit oder
Aufeinanderfolge nichts bekannt ist, werden in den alten Keilschriften
aufgeführt. Einer der ältesten davon war wohl Bin-gasit, König von
Arak, Erbauer des Bit-Anna, d. h. der Tempel der Nana, der im Jahre
2280 v. Chr. von den Elamiten geplündert wurde. Ein mächtiger König
in Südbabylonien war Uruk, der den Tempel und die Festung Ur dem
Mondgott Sin zu Ehren erbaute. Derselbe Herrscher erbaute Tempel
zu Arak, Nipur (Niffer) und Senkereh. Uruks Sohn, Dungi, vollendete
den groſsen Tempel zu Ur. Von diesem Könige ist ein Gewichtsstein
in Form einer Ente erhalten mit der Inschrift „10 Minen Dungis“.

Inzwischen erhob sich das alte Reich der Elamiten auf dem linken
Ufer des untern Euphrat zu immer gröſserer Macht. Sie dehnten ihr
Reich auch auf das andere Euphratufer aus und brachten ganz Süd-
babylonien in Abhängigkeit. Eine Inschrift Assurbanipals berichtet,
daſs König Kudur-Nanchundi von Elam die Akkad unterdrückt, ihre
Tempel zerstört und das heilige Bild der Göttin Nana von Arak
(hebräisch Erech, griechisch Orchoe, heute Varka) entführt habe. Assur-
banipal rühmt sich, daſs er 1635 Jahre später das Reich der Elamiten
vernichtet und das alte Götterbild wieder zurückgeführt habe. Dem-
nach geschah die Eroberung Araks im Jahre 2280 v. Chr. Die gröſste
Ausdehnung erlangt das Reich Elam unter Kudur-Langamer (Kedor
Laomer der Bibel), der seine Herrschaft siegreich bis zum Jordan aus-
breitete (um 2100 v. Chr.). So wurde Elam das erste groſse Reich
unter semitischer Herrschaft in den Euphratländern, und deshalb wird
Elam in der heiligen Schrift der älteste Sohn Sems genannt, Assur der
zweite, Arpsachad aber, von dem die Hebräer ihre Abstammung ableiteten,
erst der dritte. Ein Nachfolger des Kudur-Langamer war Kudur-Mabut,
von dem wir aus Inschriften wissen, daſs er in der Stadt Ur einen
Tempel dem Mondgotte weihte, und daſs sein Sohn Rim-Aku einen
groſsen Turm in derselben Stadt erbaute. Eine Bronzestatue, die in
der Nähe von Bagdad aufgefunden wurde, enthält die Namen dieser
beiden Könige eingeschrieben. Der mächtige Turm von Ur schützte
indes Rim-Aku nicht vor schwerer Niederlage. Ein mächtiger Gegner
war ihm im Norden erstanden (1976 v. Chr.) in Hammurabi von Agane,
dem Gründer des alten babylonischen Reiches. Er schlug den Herrscher
von Elam und entriſs ihm die wahrscheinlich turanischen Völkerschaften
der Sumir und Akkad, d. h. das südliche Mesopotamien. Werden
schon in den Überlieferungen über die alten Herrscher des Südens

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[107/0129] Die Semiten. genannt die Gebiete oder Völker der Akkad und Sumir. Auf der Ostseite des untern Euphrat entstand in derselben Periode das Reich Elam. Mancherlei Namen alter Könige, über deren Gleichzeitigkeit oder Aufeinanderfolge nichts bekannt ist, werden in den alten Keilschriften aufgeführt. Einer der ältesten davon war wohl Bin-gasit, König von Arak, Erbauer des Bit-Anna, d. h. der Tempel der Nana, der im Jahre 2280 v. Chr. von den Elamiten geplündert wurde. Ein mächtiger König in Südbabylonien war Uruk, der den Tempel und die Festung Ur dem Mondgott Sin zu Ehren erbaute. Derselbe Herrscher erbaute Tempel zu Arak, Nipur (Niffer) und Senkereh. Uruks Sohn, Dungi, vollendete den groſsen Tempel zu Ur. Von diesem Könige ist ein Gewichtsstein in Form einer Ente erhalten mit der Inschrift „10 Minen Dungis“. Inzwischen erhob sich das alte Reich der Elamiten auf dem linken Ufer des untern Euphrat zu immer gröſserer Macht. Sie dehnten ihr Reich auch auf das andere Euphratufer aus und brachten ganz Süd- babylonien in Abhängigkeit. Eine Inschrift Assurbanipals berichtet, daſs König Kudur-Nanchundi von Elam die Akkad unterdrückt, ihre Tempel zerstört und das heilige Bild der Göttin Nana von Arak (hebräisch Erech, griechisch Orchoe, heute Varka) entführt habe. Assur- banipal rühmt sich, daſs er 1635 Jahre später das Reich der Elamiten vernichtet und das alte Götterbild wieder zurückgeführt habe. Dem- nach geschah die Eroberung Araks im Jahre 2280 v. Chr. Die gröſste Ausdehnung erlangt das Reich Elam unter Kudur-Langamer (Kedor Laomer der Bibel), der seine Herrschaft siegreich bis zum Jordan aus- breitete (um 2100 v. Chr.). So wurde Elam das erste groſse Reich unter semitischer Herrschaft in den Euphratländern, und deshalb wird Elam in der heiligen Schrift der älteste Sohn Sems genannt, Assur der zweite, Arpsachad aber, von dem die Hebräer ihre Abstammung ableiteten, erst der dritte. Ein Nachfolger des Kudur-Langamer war Kudur-Mabut, von dem wir aus Inschriften wissen, daſs er in der Stadt Ur einen Tempel dem Mondgotte weihte, und daſs sein Sohn Rim-Aku einen groſsen Turm in derselben Stadt erbaute. Eine Bronzestatue, die in der Nähe von Bagdad aufgefunden wurde, enthält die Namen dieser beiden Könige eingeschrieben. Der mächtige Turm von Ur schützte indes Rim-Aku nicht vor schwerer Niederlage. Ein mächtiger Gegner war ihm im Norden erstanden (1976 v. Chr.) in Hammurabi von Agane, dem Gründer des alten babylonischen Reiches. Er schlug den Herrscher von Elam und entriſs ihm die wahrscheinlich turanischen Völkerschaften der Sumir und Akkad, d. h. das südliche Mesopotamien. Werden schon in den Überlieferungen über die alten Herrscher des Südens

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/129>, abgerufen am 28.04.2024.