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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Die Semiten.
städten Phöniziens Tribut. Seine Tributlisten sind von besonderem
Interesse. 881 besiegte er die Moscher im Norden und erhob von ihnen
Tribut an Eisen, sowie an Ochsen, Schafen und Ziegen. Von den
Fürsten des Landes Narini, zwischen dem Zab und dem oberen Tigris,
empfing er Gold und Silberbarren, Eisen, Schafe und Ochsen als
Tribut. 876 erhebt er in den Gebieten Bit-Bakhian und Bit-Adin in
der Nachbarschaft des reichen Karchemis einen Tribut von 20 Talenten
Silber und 100 Talenten Eisen. Er war der erste assyrische Herrscher,
der mit seinen geübten Kriegsscharen bis zum Mittelländischen Meere
vordrang. "Die Fürsten von Tyrus (Surru), Sydon (Sjidunu), Byblos
(Gubli) und die Stadt Arados (Arvada), welche mitten im Meere liegt,
zahlten Tribut -- Barren von Silber, Gold und Blei und umfassten
meine Knie". Er liess am Libanon Cedern und Fichten für die Tempel
seiner Götter fällen. In seiner Residenz zu Niniveh führte er gewal-
tige Bauten aus. Die Inschriften in dem sogenannten Nordwestpalast
zu Nimrud erzählen, dass Assurnasipal die Stadt, die heruntergekommen
war, von Grund auf neu erbaute, und dass er einen Kanal vom oberen
Zab abgeleitet hat, den er Pati-kanik nannte. Den Göttern Adar,
Belit, Sin und Bin habe er Tempel erbaut. Ein Bild des Adar habe
er anfertigen lassen und ihn zu seiner grossen Gottheit in der Stadt
Kalah erhoben. Er erbaute sich einen grossen Palast von 360 Fuss
Länge und 300 Fuss Breite. Zwei grosse Thorwege, die von geflügelten
Löwen mit bärtigen Männerköpfen, Bildnissen des Gottes Nergal, be-
wacht waren, führten von Norden her in eine Halle, die 154 Fuss lang
und 34 Fuss breit war. Am Ende dieser Halle öffnete sich ein breites
Thor, an dem zwei geflügelte, menschenköpfige Stiere aus gelbem Kalk-
stein gehauen als Wächter standen. Dieses führte in einen Saal von
100 Fuss Länge und 25 Fuss Breite, an welchen sich zu beiden Seiten
kleinere Säle anschlossen. Die Höhe dieser Räume betrug im Innern
16 bis 18 Fuss. Bis zu einer Höhe von 10 bis 12 Fuss waren die Wände
mit dunkelfarbigen Alabasterplatten bekleidet, auf welchen in der
nördlichen Halle die Thaten Assurnasipals in Reliefs verzeichnet waren,
während die Wände des Saales mit kolossalen Figuren und Adlerköpfen
geschmückt sind. Die Mauern über diesen waren mit glasierten Thon-
platten oder gemalten Arabesken bekleidet. Neben den Trümmern
des Palastes fand man die Steinbildsäule des Königs auf einfachem,
viereckigem Sockel, in ernster ruhiger Haltung mit langem Gewand,
ohne Kopfbedeckung mit langen Haaren, starkem Bart, ein Sichelschwert
in der Rechten, einen kurzen Stab (Zepter) in der Linken. Auf seiner
Brust fand sich folgende Keilinschrift: "Assurbanipal, der mächtige

Die Semiten.
städten Phöniziens Tribut. Seine Tributlisten sind von besonderem
Interesse. 881 besiegte er die Moscher im Norden und erhob von ihnen
Tribut an Eisen, sowie an Ochsen, Schafen und Ziegen. Von den
Fürsten des Landes Narini, zwischen dem Zab und dem oberen Tigris,
empfing er Gold und Silberbarren, Eisen, Schafe und Ochsen als
Tribut. 876 erhebt er in den Gebieten Bit-Bakhian und Bit-Adin in
der Nachbarschaft des reichen Karchemis einen Tribut von 20 Talenten
Silber und 100 Talenten Eisen. Er war der erste assyrische Herrscher,
der mit seinen geübten Kriegsscharen bis zum Mittelländischen Meere
vordrang. „Die Fürsten von Tyrus (Surru), Sydon (Sjidunu), Byblos
(Gubli) und die Stadt Arados (Arvada), welche mitten im Meere liegt,
zahlten Tribut — Barren von Silber, Gold und Blei und umfaſsten
meine Knie“. Er lieſs am Libanon Cedern und Fichten für die Tempel
seiner Götter fällen. In seiner Residenz zu Niniveh führte er gewal-
tige Bauten aus. Die Inschriften in dem sogenannten Nordwestpalast
zu Nimrud erzählen, daſs Aſsurnasipal die Stadt, die heruntergekommen
war, von Grund auf neu erbaute, und daſs er einen Kanal vom oberen
Zab abgeleitet hat, den er Pati-kanik nannte. Den Göttern Adar,
Belit, Sin und Bin habe er Tempel erbaut. Ein Bild des Adar habe
er anfertigen lassen und ihn zu seiner groſsen Gottheit in der Stadt
Kalah erhoben. Er erbaute sich einen groſsen Palast von 360 Fuſs
Länge und 300 Fuſs Breite. Zwei groſse Thorwege, die von geflügelten
Löwen mit bärtigen Männerköpfen, Bildnissen des Gottes Nergal, be-
wacht waren, führten von Norden her in eine Halle, die 154 Fuſs lang
und 34 Fuſs breit war. Am Ende dieser Halle öffnete sich ein breites
Thor, an dem zwei geflügelte, menschenköpfige Stiere aus gelbem Kalk-
stein gehauen als Wächter standen. Dieses führte in einen Saal von
100 Fuſs Länge und 25 Fuſs Breite, an welchen sich zu beiden Seiten
kleinere Säle anschlossen. Die Höhe dieser Räume betrug im Innern
16 bis 18 Fuſs. Bis zu einer Höhe von 10 bis 12 Fuſs waren die Wände
mit dunkelfarbigen Alabasterplatten bekleidet, auf welchen in der
nördlichen Halle die Thaten Assurnasipals in Reliefs verzeichnet waren,
während die Wände des Saales mit kolossalen Figuren und Adlerköpfen
geschmückt sind. Die Mauern über diesen waren mit glasierten Thon-
platten oder gemalten Arabesken bekleidet. Neben den Trümmern
des Palastes fand man die Steinbildsäule des Königs auf einfachem,
viereckigem Sockel, in ernster ruhiger Haltung mit langem Gewand,
ohne Kopfbedeckung mit langen Haaren, starkem Bart, ein Sichelschwert
in der Rechten, einen kurzen Stab (Zepter) in der Linken. Auf seiner
Brust fand sich folgende Keilinschrift: „Assurbanipal, der mächtige

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[110/0132] Die Semiten. städten Phöniziens Tribut. Seine Tributlisten sind von besonderem Interesse. 881 besiegte er die Moscher im Norden und erhob von ihnen Tribut an Eisen, sowie an Ochsen, Schafen und Ziegen. Von den Fürsten des Landes Narini, zwischen dem Zab und dem oberen Tigris, empfing er Gold und Silberbarren, Eisen, Schafe und Ochsen als Tribut. 876 erhebt er in den Gebieten Bit-Bakhian und Bit-Adin in der Nachbarschaft des reichen Karchemis einen Tribut von 20 Talenten Silber und 100 Talenten Eisen. Er war der erste assyrische Herrscher, der mit seinen geübten Kriegsscharen bis zum Mittelländischen Meere vordrang. „Die Fürsten von Tyrus (Surru), Sydon (Sjidunu), Byblos (Gubli) und die Stadt Arados (Arvada), welche mitten im Meere liegt, zahlten Tribut — Barren von Silber, Gold und Blei und umfaſsten meine Knie“. Er lieſs am Libanon Cedern und Fichten für die Tempel seiner Götter fällen. In seiner Residenz zu Niniveh führte er gewal- tige Bauten aus. Die Inschriften in dem sogenannten Nordwestpalast zu Nimrud erzählen, daſs Aſsurnasipal die Stadt, die heruntergekommen war, von Grund auf neu erbaute, und daſs er einen Kanal vom oberen Zab abgeleitet hat, den er Pati-kanik nannte. Den Göttern Adar, Belit, Sin und Bin habe er Tempel erbaut. Ein Bild des Adar habe er anfertigen lassen und ihn zu seiner groſsen Gottheit in der Stadt Kalah erhoben. Er erbaute sich einen groſsen Palast von 360 Fuſs Länge und 300 Fuſs Breite. Zwei groſse Thorwege, die von geflügelten Löwen mit bärtigen Männerköpfen, Bildnissen des Gottes Nergal, be- wacht waren, führten von Norden her in eine Halle, die 154 Fuſs lang und 34 Fuſs breit war. Am Ende dieser Halle öffnete sich ein breites Thor, an dem zwei geflügelte, menschenköpfige Stiere aus gelbem Kalk- stein gehauen als Wächter standen. Dieses führte in einen Saal von 100 Fuſs Länge und 25 Fuſs Breite, an welchen sich zu beiden Seiten kleinere Säle anschlossen. Die Höhe dieser Räume betrug im Innern 16 bis 18 Fuſs. Bis zu einer Höhe von 10 bis 12 Fuſs waren die Wände mit dunkelfarbigen Alabasterplatten bekleidet, auf welchen in der nördlichen Halle die Thaten Assurnasipals in Reliefs verzeichnet waren, während die Wände des Saales mit kolossalen Figuren und Adlerköpfen geschmückt sind. Die Mauern über diesen waren mit glasierten Thon- platten oder gemalten Arabesken bekleidet. Neben den Trümmern des Palastes fand man die Steinbildsäule des Königs auf einfachem, viereckigem Sockel, in ernster ruhiger Haltung mit langem Gewand, ohne Kopfbedeckung mit langen Haaren, starkem Bart, ein Sichelschwert in der Rechten, einen kurzen Stab (Zepter) in der Linken. Auf seiner Brust fand sich folgende Keilinschrift: „Assurbanipal, der mächtige

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/132>, abgerufen am 27.04.2024.