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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Die Semiten.
für die neuere Geschichtsforschung geworden und werden mit ihrem
Reichtum an Inschriften und beschriebenen Thoncylindern noch lange
eine ergiebige Quelle unserer Erkenntnis werden. Es ist deshalb wohl
angezeigt, die Namen der Männer nicht unerwähnt zu lassen, denen
wir die Aufschliessung dieser Archive einer längst vergangenen Zeit
verdanken. Von älteren Reisenden, die nur die Existenz der Trümmer-
stätte uns bezeugt haben, wie Benjamin von Tudela, Marco Polo und
Anderen, können wir absehen. Der erste, der den richtigen Weg ein-
schlug und es unternahm selbständige Ausgrabungen vorzunehmen
war Rich, der viele Jahre lang als britischer Resident in Bagdad zu-
brachte und zwei Abhandlungen über die Ruinen von Babylon schrieb,
deren erste in den von Hammer-Purgstall in Wien herausgegebenen
Fundgruben des Orients im Jahre 1811 in Wien erschien. Richs Mit-
teilungen bildeten lange fast die einzige Quelle unserer Kenntnisse
über das alte Babylon. Überhaupt trat nach Rich wieder eine Pause
in den Ausgrabungen ein, bis im Jahre 1843 Botta die Stellung eines
französischen Konsuls in Mosul übernahm. Mosul liegt am Tigris
gegenüber einer vergrabenen Trümmerstadt, die im Munde des Volkes die
Stadt von drei Tagereisen hiess und deren höchster Punkt als das Grab
des Propheten Jonas bezeichnet wurde. Hier lag das einst so herrliche,
seit Jahrtausenden vergessene Niniveh begraben. Botta begann hier
seine Ausgrabungen, erst mit beschränkten Mitteln und geringem Erfolg.
Aber er ermüdete nicht, und wenn er zaghaft wurde, feuerte ihn sein
Freund Layard, mit dem er in brieflichem Verkehr stand und der bereits
1840 in Mosul gewesen war und da die ersten Eindrücke, die ihn
später in seinen denkwürdigen Arbeiten begeisterten, empfing, zu neuen
Unternehmungen an. Die ersten entscheidenden Erfolge hatte er bei
seinen Ausgrabungen in dem Hügel von Kuijundschik, welcher nichts
anderes war als der Trümmerhaufen des gewaltigen Palastes des Königs
Sanherib. Ebenso entdeckte er zu Khorsabad die Trümmer des einst
so stolzen Palastes des Königs Sargon und hier hatten seine Aus-
grabungen den grössten Erfolg. Die französische Regierung unterstützte
Botta, nachdem sein erster Brief über seine Ausbeute vom 5. April
1843 bekannt geworden war, auf das freigebigste.

Die Erfolge Bottas liessen Henry Layard keine Ruhe. Es war der
Hügel von Nimrud, der bei seinen wiederholten Besuchen von Mosul
immer aufs neue sein Interesse auf sich gezogen hatte. Er war über-
zeugt, und sprach es Freunden und Bekannten gegenüber oft und be-
stimmt aus, dass dort wichtige Aufschlüsse durch Ausgrabungen zu
erwarten seien. Es gelang ihm denn auch endlich 1845, den ebenso

Die Semiten.
für die neuere Geschichtsforschung geworden und werden mit ihrem
Reichtum an Inschriften und beschriebenen Thoncylindern noch lange
eine ergiebige Quelle unserer Erkenntnis werden. Es ist deshalb wohl
angezeigt, die Namen der Männer nicht unerwähnt zu lassen, denen
wir die Aufschlieſsung dieser Archive einer längst vergangenen Zeit
verdanken. Von älteren Reisenden, die nur die Existenz der Trümmer-
stätte uns bezeugt haben, wie Benjamin von Tudela, Marco Polo und
Anderen, können wir absehen. Der erste, der den richtigen Weg ein-
schlug und es unternahm selbständige Ausgrabungen vorzunehmen
war Rich, der viele Jahre lang als britischer Resident in Bagdad zu-
brachte und zwei Abhandlungen über die Ruinen von Babylon schrieb,
deren erste in den von Hammer-Purgstall in Wien herausgegebenen
Fundgruben des Orients im Jahre 1811 in Wien erschien. Richs Mit-
teilungen bildeten lange fast die einzige Quelle unserer Kenntnisse
über das alte Babylon. Überhaupt trat nach Rich wieder eine Pause
in den Ausgrabungen ein, bis im Jahre 1843 Botta die Stellung eines
französischen Konsuls in Mosul übernahm. Mosul liegt am Tigris
gegenüber einer vergrabenen Trümmerstadt, die im Munde des Volkes die
Stadt von drei Tagereisen hieſs und deren höchster Punkt als das Grab
des Propheten Jonas bezeichnet wurde. Hier lag das einst so herrliche,
seit Jahrtausenden vergessene Niniveh begraben. Botta begann hier
seine Ausgrabungen, erst mit beschränkten Mitteln und geringem Erfolg.
Aber er ermüdete nicht, und wenn er zaghaft wurde, feuerte ihn sein
Freund Layard, mit dem er in brieflichem Verkehr stand und der bereits
1840 in Mosul gewesen war und da die ersten Eindrücke, die ihn
später in seinen denkwürdigen Arbeiten begeisterten, empfing, zu neuen
Unternehmungen an. Die ersten entscheidenden Erfolge hatte er bei
seinen Ausgrabungen in dem Hügel von Kuijundschik, welcher nichts
anderes war als der Trümmerhaufen des gewaltigen Palastes des Königs
Sanherib. Ebenso entdeckte er zu Khorsabad die Trümmer des einst
so stolzen Palastes des Königs Sargon und hier hatten seine Aus-
grabungen den gröſsten Erfolg. Die französische Regierung unterstützte
Botta, nachdem sein erster Brief über seine Ausbeute vom 5. April
1843 bekannt geworden war, auf das freigebigste.

Die Erfolge Bottas lieſsen Henry Layard keine Ruhe. Es war der
Hügel von Nimrud, der bei seinen wiederholten Besuchen von Mosul
immer aufs neue sein Interesse auf sich gezogen hatte. Er war über-
zeugt, und sprach es Freunden und Bekannten gegenüber oft und be-
stimmt aus, daſs dort wichtige Aufschlüsse durch Ausgrabungen zu
erwarten seien. Es gelang ihm denn auch endlich 1845, den ebenso

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[116/0138] Die Semiten. für die neuere Geschichtsforschung geworden und werden mit ihrem Reichtum an Inschriften und beschriebenen Thoncylindern noch lange eine ergiebige Quelle unserer Erkenntnis werden. Es ist deshalb wohl angezeigt, die Namen der Männer nicht unerwähnt zu lassen, denen wir die Aufschlieſsung dieser Archive einer längst vergangenen Zeit verdanken. Von älteren Reisenden, die nur die Existenz der Trümmer- stätte uns bezeugt haben, wie Benjamin von Tudela, Marco Polo und Anderen, können wir absehen. Der erste, der den richtigen Weg ein- schlug und es unternahm selbständige Ausgrabungen vorzunehmen war Rich, der viele Jahre lang als britischer Resident in Bagdad zu- brachte und zwei Abhandlungen über die Ruinen von Babylon schrieb, deren erste in den von Hammer-Purgstall in Wien herausgegebenen Fundgruben des Orients im Jahre 1811 in Wien erschien. Richs Mit- teilungen bildeten lange fast die einzige Quelle unserer Kenntnisse über das alte Babylon. Überhaupt trat nach Rich wieder eine Pause in den Ausgrabungen ein, bis im Jahre 1843 Botta die Stellung eines französischen Konsuls in Mosul übernahm. Mosul liegt am Tigris gegenüber einer vergrabenen Trümmerstadt, die im Munde des Volkes die Stadt von drei Tagereisen hieſs und deren höchster Punkt als das Grab des Propheten Jonas bezeichnet wurde. Hier lag das einst so herrliche, seit Jahrtausenden vergessene Niniveh begraben. Botta begann hier seine Ausgrabungen, erst mit beschränkten Mitteln und geringem Erfolg. Aber er ermüdete nicht, und wenn er zaghaft wurde, feuerte ihn sein Freund Layard, mit dem er in brieflichem Verkehr stand und der bereits 1840 in Mosul gewesen war und da die ersten Eindrücke, die ihn später in seinen denkwürdigen Arbeiten begeisterten, empfing, zu neuen Unternehmungen an. Die ersten entscheidenden Erfolge hatte er bei seinen Ausgrabungen in dem Hügel von Kuijundschik, welcher nichts anderes war als der Trümmerhaufen des gewaltigen Palastes des Königs Sanherib. Ebenso entdeckte er zu Khorsabad die Trümmer des einst so stolzen Palastes des Königs Sargon und hier hatten seine Aus- grabungen den gröſsten Erfolg. Die französische Regierung unterstützte Botta, nachdem sein erster Brief über seine Ausbeute vom 5. April 1843 bekannt geworden war, auf das freigebigste. Die Erfolge Bottas lieſsen Henry Layard keine Ruhe. Es war der Hügel von Nimrud, der bei seinen wiederholten Besuchen von Mosul immer aufs neue sein Interesse auf sich gezogen hatte. Er war über- zeugt, und sprach es Freunden und Bekannten gegenüber oft und be- stimmt aus, daſs dort wichtige Aufschlüsse durch Ausgrabungen zu erwarten seien. Es gelang ihm denn auch endlich 1845, den ebenso

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/138>, abgerufen am 27.04.2024.