hätten, eine hervorragende Bedeutung. Neuere Reisende haben die Reste alter Zinnbergwerke bei Bamian im Hindu-Kusch am Flusse Hindmend (Haetumat), der die Stadt Bost oder Best (das Abeste der Alten 1) um- fliesst, entdeckt und bringt man diese mit dem erwähnten Zinnbergbau in Verbindung. Dass der Pass von Bamian und wohl auch diese ganze Gegend einmal in handelspolitischer wie strategischer Beziehung eine ganz ausserordentliche Bedeutung gehabt hat, geht aus den Felsen- inschriften, alten Skulpturen u. s. w. hervor, die sich dort noch finden, obgleich sie meist aus einer späteren Periode zu stammen scheinen. Wir haben bereits erwähnt, dass die Erfindung der Zinnbronze vielleicht in jenen Gebieten von einer älteren turanischen Bevölkerung gemacht worden sein dürfte, namentlich, wenn es sich bestätigt, dass jenes bei Bagdad gefundene metallene Bildnis, in dem die Namen der Könige Kudur-Mabuk und Rim-Aku eingegraben stehen, wirklich aus Bronze besteht 2).
Eine andere Ansicht neigt sich dahin, dass Zinn am Südabhange des Kaukasus, im heutigen Georgien gewonnen worden sei. Es soll Zinnerz in diesem Lande vorkommen und früher bergmännisch gewonnen worden sein. Was aber wohl am meisten zu dieser Idee geführt hat, ist der Umstand, dass die Griechen den benachbarten Chalybern auch die Erfindung des Erzes neben der des Silbers und des Stahles zuschrieben. Auch in der heiligen Schrift heisst es, dass Tyrus Erzwaren von Thubal d. h. von den Tibarenern bezog und manche wollen daraus folgern, dass sie auch Zinn aus jener Gegend bekamen. Vorläufig sind alle diese Annahmen als Hypothesen anzusehen. Keiner der Schriftsteller des klassischen Altertums, die über die Iberer, Tibarener und Chalyber schreiben, berichtet auch nur das geringste von Zinngewinnung oder Zinnhandel dieser Völker. Moses von Chorene, ein geborener Armenier (um 370 n. Chr.), der eine Spezialgeschichte Armeniens geschrieben hat, weiss nichts davon, ebensowenig lässt sich den wilden Thälern des Kaukasus, in denen diese Zinngewinnung stattgehabt haben soll, eine hohe metallurgische Kultur unterstellen. Wir bleiben deshalb vor- läufig auf die alleinige Möglichkeit eines älteren Zinnbezuges aus Drangiana durch die semitischen Völker angewiesen.
Eine weitere Theorie, die ebenfalls namhafte Vertreter hat 3), ist die, dass schon lange, ehe die Phönizier die Handelswege nach Britannien fanden und aufsuchten, Zinn von Britannien aus nach Westasien gelangt sei, dass dieses Zinn durch den Tauschverkehr dorthin gebracht worden
1) Siehe Rougemont 82.
2) Siehe Dunker, Geschichte des Altertums I, 241.
3) Siehe Movers.
Syrien.
hätten, eine hervorragende Bedeutung. Neuere Reisende haben die Reste alter Zinnbergwerke bei Bamian im Hindu-Kusch am Flusse Hindmend (Haetumat), der die Stadt Bost oder Best (das Abeste der Alten 1) um- flieſst, entdeckt und bringt man diese mit dem erwähnten Zinnbergbau in Verbindung. Daſs der Paſs von Bamian und wohl auch diese ganze Gegend einmal in handelspolitischer wie strategischer Beziehung eine ganz auſserordentliche Bedeutung gehabt hat, geht aus den Felsen- inschriften, alten Skulpturen u. s. w. hervor, die sich dort noch finden, obgleich sie meist aus einer späteren Periode zu stammen scheinen. Wir haben bereits erwähnt, daſs die Erfindung der Zinnbronze vielleicht in jenen Gebieten von einer älteren turanischen Bevölkerung gemacht worden sein dürfte, namentlich, wenn es sich bestätigt, daſs jenes bei Bagdad gefundene metallene Bildnis, in dem die Namen der Könige Kudur-Mabuk und Rim-Aku eingegraben stehen, wirklich aus Bronze besteht 2).
Eine andere Ansicht neigt sich dahin, daſs Zinn am Südabhange des Kaukasus, im heutigen Georgien gewonnen worden sei. Es soll Zinnerz in diesem Lande vorkommen und früher bergmännisch gewonnen worden sein. Was aber wohl am meisten zu dieser Idee geführt hat, ist der Umstand, daſs die Griechen den benachbarten Chalybern auch die Erfindung des Erzes neben der des Silbers und des Stahles zuschrieben. Auch in der heiligen Schrift heiſst es, daſs Tyrus Erzwaren von Thubal d. h. von den Tibarenern bezog und manche wollen daraus folgern, daſs sie auch Zinn aus jener Gegend bekamen. Vorläufig sind alle diese Annahmen als Hypothesen anzusehen. Keiner der Schriftsteller des klassischen Altertums, die über die Iberer, Tibarener und Chalyber schreiben, berichtet auch nur das geringste von Zinngewinnung oder Zinnhandel dieser Völker. Moses von Chorene, ein geborener Armenier (um 370 n. Chr.), der eine Spezialgeschichte Armeniens geschrieben hat, weiſs nichts davon, ebensowenig läſst sich den wilden Thälern des Kaukasus, in denen diese Zinngewinnung stattgehabt haben soll, eine hohe metallurgische Kultur unterstellen. Wir bleiben deshalb vor- läufig auf die alleinige Möglichkeit eines älteren Zinnbezuges aus Drangiana durch die semitischen Völker angewiesen.
Eine weitere Theorie, die ebenfalls namhafte Vertreter hat 3), ist die, daſs schon lange, ehe die Phönizier die Handelswege nach Britannien fanden und aufsuchten, Zinn von Britannien aus nach Westasien gelangt sei, daſs dieses Zinn durch den Tauschverkehr dorthin gebracht worden
1) Siehe Rougemont 82.
2) Siehe Dunker, Geschichte des Altertums I, 241.
3) Siehe Movers.
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[186/0208]
Syrien.
hätten, eine hervorragende Bedeutung. Neuere Reisende haben die Reste
alter Zinnbergwerke bei Bamian im Hindu-Kusch am Flusse Hindmend
(Haetumat), der die Stadt Bost oder Best (das Abeste der Alten 1) um-
flieſst, entdeckt und bringt man diese mit dem erwähnten Zinnbergbau
in Verbindung. Daſs der Paſs von Bamian und wohl auch diese ganze
Gegend einmal in handelspolitischer wie strategischer Beziehung eine
ganz auſserordentliche Bedeutung gehabt hat, geht aus den Felsen-
inschriften, alten Skulpturen u. s. w. hervor, die sich dort noch finden,
obgleich sie meist aus einer späteren Periode zu stammen scheinen.
Wir haben bereits erwähnt, daſs die Erfindung der Zinnbronze vielleicht
in jenen Gebieten von einer älteren turanischen Bevölkerung gemacht
worden sein dürfte, namentlich, wenn es sich bestätigt, daſs jenes
bei Bagdad gefundene metallene Bildnis, in dem die Namen der Könige
Kudur-Mabuk und Rim-Aku eingegraben stehen, wirklich aus Bronze
besteht 2).
Eine andere Ansicht neigt sich dahin, daſs Zinn am Südabhange
des Kaukasus, im heutigen Georgien gewonnen worden sei. Es soll
Zinnerz in diesem Lande vorkommen und früher bergmännisch gewonnen
worden sein. Was aber wohl am meisten zu dieser Idee geführt hat, ist
der Umstand, daſs die Griechen den benachbarten Chalybern auch die
Erfindung des Erzes neben der des Silbers und des Stahles zuschrieben.
Auch in der heiligen Schrift heiſst es, daſs Tyrus Erzwaren von Thubal
d. h. von den Tibarenern bezog und manche wollen daraus folgern,
daſs sie auch Zinn aus jener Gegend bekamen. Vorläufig sind alle
diese Annahmen als Hypothesen anzusehen. Keiner der Schriftsteller
des klassischen Altertums, die über die Iberer, Tibarener und Chalyber
schreiben, berichtet auch nur das geringste von Zinngewinnung oder
Zinnhandel dieser Völker. Moses von Chorene, ein geborener Armenier
(um 370 n. Chr.), der eine Spezialgeschichte Armeniens geschrieben hat,
weiſs nichts davon, ebensowenig läſst sich den wilden Thälern des
Kaukasus, in denen diese Zinngewinnung stattgehabt haben soll, eine
hohe metallurgische Kultur unterstellen. Wir bleiben deshalb vor-
läufig auf die alleinige Möglichkeit eines älteren Zinnbezuges aus
Drangiana durch die semitischen Völker angewiesen.
Eine weitere Theorie, die ebenfalls namhafte Vertreter hat 3), ist
die, daſs schon lange, ehe die Phönizier die Handelswege nach Britannien
fanden und aufsuchten, Zinn von Britannien aus nach Westasien gelangt
sei, daſs dieses Zinn durch den Tauschverkehr dorthin gebracht worden
1) Siehe Rougemont 82.
2) Siehe Dunker, Geschichte des Altertums I, 241.
3) Siehe Movers.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/208>, abgerufen am 27.11.2024.
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