wie wir sie heutzutage bei den polierten Stahlkanonen in Anwendung bringen. Witworth lässt meist seine Kanonen oberflächlich anrosten und poliert sie dann mit Öl ab um eine tiefere Oxydation zu verhindern. Die Farbe der angerosteten Oberfläche sieht aus wie Bronze, woher der allgemeine Glaube kommt, dass die Säule aus einer Legierung und nicht aus reinem Eisen bestehe. -- Trotz ihrer einfachen Erscheinung zieht diese Säule doch bei weitem die grösste Zahl der eingeborenen Besucher an. Während meiner Vermessungen, die in unmittelbarer Nähe statt- hatten, sah ich oft grosse Züge eingeborener Besucher kommen und gehen, die ihre ganze Aufmerksamkeit nur einzig und allein der eisernen Säule zuwendeten, trotz der bestechenden Schönheit der umliegenden Gebäude. Die Tradition, dass die Säule auf dem Haupte des Schlangengottes ruhe, ist die Ursache ihrer Popularität."
Überraschen uns der Dehli-Laht und die Tragebalken der Tempel durch die Grossartigkeit der Schmiedeisenkonstruktion, so zeichnet sich die indische Eisenindustrie doch noch mehr durch die unübertroffene Qualität ihres Stahles aus. Dass die Herstellung dieses vorzüglichen Stahles sehr alt sein muss, haben wir bereits erwähnt. Es wird be- stätigt durch archäologische Funde von hohem Alter, die Oberst Pearse gemacht hat, welcher alte Grabhügel bei Wurree Gaon, nahe Kamptee, eröffnet hat, die aus der Zeit um 1500 v. Chr., also etwa der Zeit von Moses stammen sollen, also um Jahrhunderte älter als die höchst mögliche Datierung des Dehli-Laht. Oberst Pearse hatte seine Funde dem britischen Museum geschenkt. Es sind darunter Spatel (gouges) und Werkzeuge von Stahl, die ebenso, wie die alte Säge und die Spitz- axt von Assyrien die frühe Kenntnis des Stahles beweisen.
Dass die magnetischen Eigenschaften des Eisens den Indiern bereits bekannt waren, ebenso, wie dass das Eisen den Blitz anzieht, haben wir bereits oben erwähnt. Schon um das Jahr 400 v. Chr. stand der indische Stahl in gleichem Rufe, wie im Mittelalter. Quintus Curtius berichtet, dass Porus, ein indischer Fürst, Alexander den Grossen mit einem Ingot (Kuchen) echten indischen Stahls beschenkt habe, der 30 Pfund wog. Es war dies für die damalige Zeit jedenfalls ein un- gewöhnlich grosses Stück. Aus dieser Anekdote geht zugleich hervor, wie hoch die Indier selbst ihren vorzüglichen Stahl schätzten. Auch wurden gute Schwertklingen von indischen Fürsten mit den reichsten Kostbarkeiten in den Schatzkammern aufbewahrt.
Der Umeer von Scind hatte ein grosses Schwert, für das er ein Gebot von 900 Pfund Sterling ausschlug. Dass indischer Stahl im Alter- tume sehr teuer war, geht aus einer Äusserung des Clemens von
Die Arier in Asien.
wie wir sie heutzutage bei den polierten Stahlkanonen in Anwendung bringen. Witworth läſst meist seine Kanonen oberflächlich anrosten und poliert sie dann mit Öl ab um eine tiefere Oxydation zu verhindern. Die Farbe der angerosteten Oberfläche sieht aus wie Bronze, woher der allgemeine Glaube kommt, daſs die Säule aus einer Legierung und nicht aus reinem Eisen bestehe. — Trotz ihrer einfachen Erscheinung zieht diese Säule doch bei weitem die gröſste Zahl der eingeborenen Besucher an. Während meiner Vermessungen, die in unmittelbarer Nähe statt- hatten, sah ich oft groſse Züge eingeborener Besucher kommen und gehen, die ihre ganze Aufmerksamkeit nur einzig und allein der eisernen Säule zuwendeten, trotz der bestechenden Schönheit der umliegenden Gebäude. Die Tradition, daſs die Säule auf dem Haupte des Schlangengottes ruhe, ist die Ursache ihrer Popularität.“
Überraschen uns der Dehli-Lâht und die Tragebalken der Tempel durch die Groſsartigkeit der Schmiedeisenkonstruktion, so zeichnet sich die indische Eisenindustrie doch noch mehr durch die unübertroffene Qualität ihres Stahles aus. Daſs die Herstellung dieses vorzüglichen Stahles sehr alt sein muſs, haben wir bereits erwähnt. Es wird be- stätigt durch archäologische Funde von hohem Alter, die Oberst Pearse gemacht hat, welcher alte Grabhügel bei Wurree Gaon, nahe Kamptee, eröffnet hat, die aus der Zeit um 1500 v. Chr., also etwa der Zeit von Moses stammen sollen, also um Jahrhunderte älter als die höchst mögliche Datierung des Dehli-Lâht. Oberst Pearse hatte seine Funde dem britischen Museum geschenkt. Es sind darunter Spatel (gouges) und Werkzeuge von Stahl, die ebenso, wie die alte Säge und die Spitz- axt von Assyrien die frühe Kenntnis des Stahles beweisen.
Daſs die magnetischen Eigenschaften des Eisens den Indiern bereits bekannt waren, ebenso, wie daſs das Eisen den Blitz anzieht, haben wir bereits oben erwähnt. Schon um das Jahr 400 v. Chr. stand der indische Stahl in gleichem Rufe, wie im Mittelalter. Quintus Curtius berichtet, daſs Porus, ein indischer Fürst, Alexander den Groſsen mit einem Ingot (Kuchen) echten indischen Stahls beschenkt habe, der 30 Pfund wog. Es war dies für die damalige Zeit jedenfalls ein un- gewöhnlich groſses Stück. Aus dieser Anekdote geht zugleich hervor, wie hoch die Indier selbst ihren vorzüglichen Stahl schätzten. Auch wurden gute Schwertklingen von indischen Fürsten mit den reichsten Kostbarkeiten in den Schatzkammern aufbewahrt.
Der Umeer von Scind hatte ein groſses Schwert, für das er ein Gebot von 900 Pfund Sterling ausschlug. Daſs indischer Stahl im Alter- tume sehr teuer war, geht aus einer Äuſserung des Clemens von
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Die Arier in Asien.
wie wir sie heutzutage bei den polierten Stahlkanonen in Anwendung
bringen. Witworth läſst meist seine Kanonen oberflächlich anrosten
und poliert sie dann mit Öl ab um eine tiefere Oxydation zu verhindern.
Die Farbe der angerosteten Oberfläche sieht aus wie Bronze, woher der
allgemeine Glaube kommt, daſs die Säule aus einer Legierung und nicht
aus reinem Eisen bestehe. — Trotz ihrer einfachen Erscheinung zieht
diese Säule doch bei weitem die gröſste Zahl der eingeborenen Besucher
an. Während meiner Vermessungen, die in unmittelbarer Nähe statt-
hatten, sah ich oft groſse Züge eingeborener Besucher kommen und gehen,
die ihre ganze Aufmerksamkeit nur einzig und allein der eisernen Säule
zuwendeten, trotz der bestechenden Schönheit der umliegenden Gebäude.
Die Tradition, daſs die Säule auf dem Haupte des Schlangengottes
ruhe, ist die Ursache ihrer Popularität.“
Überraschen uns der Dehli-Lâht und die Tragebalken der Tempel
durch die Groſsartigkeit der Schmiedeisenkonstruktion, so zeichnet sich
die indische Eisenindustrie doch noch mehr durch die unübertroffene
Qualität ihres Stahles aus. Daſs die Herstellung dieses vorzüglichen
Stahles sehr alt sein muſs, haben wir bereits erwähnt. Es wird be-
stätigt durch archäologische Funde von hohem Alter, die Oberst Pearse
gemacht hat, welcher alte Grabhügel bei Wurree Gaon, nahe Kamptee,
eröffnet hat, die aus der Zeit um 1500 v. Chr., also etwa der Zeit
von Moses stammen sollen, also um Jahrhunderte älter als die höchst
mögliche Datierung des Dehli-Lâht. Oberst Pearse hatte seine Funde
dem britischen Museum geschenkt. Es sind darunter Spatel (gouges)
und Werkzeuge von Stahl, die ebenso, wie die alte Säge und die Spitz-
axt von Assyrien die frühe Kenntnis des Stahles beweisen.
Daſs die magnetischen Eigenschaften des Eisens den Indiern bereits
bekannt waren, ebenso, wie daſs das Eisen den Blitz anzieht, haben
wir bereits oben erwähnt. Schon um das Jahr 400 v. Chr. stand der
indische Stahl in gleichem Rufe, wie im Mittelalter. Quintus Curtius
berichtet, daſs Porus, ein indischer Fürst, Alexander den Groſsen mit
einem Ingot (Kuchen) echten indischen Stahls beschenkt habe, der
30 Pfund wog. Es war dies für die damalige Zeit jedenfalls ein un-
gewöhnlich groſses Stück. Aus dieser Anekdote geht zugleich hervor,
wie hoch die Indier selbst ihren vorzüglichen Stahl schätzten. Auch
wurden gute Schwertklingen von indischen Fürsten mit den reichsten
Kostbarkeiten in den Schatzkammern aufbewahrt.
Der Umeer von Scind hatte ein groſses Schwert, für das er ein
Gebot von 900 Pfund Sterling ausschlug. Daſs indischer Stahl im Alter-
tume sehr teuer war, geht aus einer Äuſserung des Clemens von
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/248>, abgerufen am 22.11.2024.
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