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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Griechenland.
Festlande blühte die künstlerische Metallverarbeitung besonders zu
Korinth. Berühmt waren die Korinther wegen der Mischung ihrer
Bronze, der sie mannigfaltige Farbennüancen, wahrscheinlich durch
Zusatz von Zinkoxyd (Cadmia) zu geben wussten. Das Modellieren der
Kunstgegenstände geschah wie auch heute zum Teil durch Bossieren
des Modelles auf einem getrockneten Lehmkerne in Wachs, worüber
dann die äussere Form mit zartem Thone aufgestrichen wurde. In
dieser blieben auch die Eingussöffnungen ausgespart. Das Wachs
wurde, nachdem die äussere Form vollständig trocken war, bei gelinder
Wärme ausgeschmolzen.

Sowohl in der Dünnheit, wie in der Reinheit des Gusses leisteten
die griechischen Erzgiesser das Höchste. Das Vergolden der Erz-
statuen geschah bei den Alten auf zweierlei Art: entweder, indem sie
dünn ausgeschlagene Goldblättchen auf der einen Seite mit Quecksilber
bestrichen und so auftrugen, oder, indem sie ein Goldamalgam von
salbenförmiger Konsistenz aufstrichen und bis zur Verflüchtigung des
Quecksilbers das Bildwerk erhitzten.

Die erstere Art war die gebräuchlichere und da die Blättchen
hierbei nicht zu dünn sein durften, so war die Vergoldung der Alten
meist dicker, als die unserige.

Theodoros von Samos war nicht der einzige, der Statuen aus Eisen
machte. Pausanias erwähnt noch einen Schlangenkampf des Tisagoras
aus Eisen. Pausanias schreibt 1):

"Es befindet sich daselbst (in Delphi) auch von den Arbeiten des
Herakles diejenige gegen die Hydra, ein Weihgeschenk und ein Werk
des Tisagoras, von Eisen die Hydra und der Herakles. Die Bearbeitung
des Eisens zu Bildsäulen ist die schwierigste und erfordert die meiste
Mühe. Bewunderung verdient die Arbeit des Tisagoras -- wer immer
dieser Tisagoras sein mag --, ganz vorzügliche Bewunderung aber in
Pergamos die Köpfe eines Löwen und eines wilden Schweines, ebenfalls
von Eisen."

Berühmt war ferner Alcons eiserner Herkules. Das letztere Bild-
werk beschreibt Plinius mit folgenden Worten 2): Est in eadem urbe et
ferreus Hercules, quem fecit Alcon, laborum dei patientia inductus.
Also eine eiserne Statue des Herkules, die Alcon machte, gereizt
durch die Geduld, mit welcher dieser Gott seine Arbeiten
verrichtet hatte
. Dies kann sich nur auf die mühselige Arbeit
des Treibens und des Zusammensetzens der Teile aus Eisen beziehen,

1) X, 18, 5.
2) Plinius hist. natural. XXXIV, 14, 40.
28*

Griechenland.
Festlande blühte die künstlerische Metallverarbeitung besonders zu
Korinth. Berühmt waren die Korinther wegen der Mischung ihrer
Bronze, der sie mannigfaltige Farbennüancen, wahrscheinlich durch
Zusatz von Zinkoxyd (Cadmia) zu geben wuſsten. Das Modellieren der
Kunstgegenstände geschah wie auch heute zum Teil durch Bossieren
des Modelles auf einem getrockneten Lehmkerne in Wachs, worüber
dann die äuſsere Form mit zartem Thone aufgestrichen wurde. In
dieser blieben auch die Einguſsöffnungen ausgespart. Das Wachs
wurde, nachdem die äuſsere Form vollständig trocken war, bei gelinder
Wärme ausgeschmolzen.

Sowohl in der Dünnheit, wie in der Reinheit des Gusses leisteten
die griechischen Erzgieſser das Höchste. Das Vergolden der Erz-
statuen geschah bei den Alten auf zweierlei Art: entweder, indem sie
dünn ausgeschlagene Goldblättchen auf der einen Seite mit Quecksilber
bestrichen und so auftrugen, oder, indem sie ein Goldamalgam von
salbenförmiger Konsistenz aufstrichen und bis zur Verflüchtigung des
Quecksilbers das Bildwerk erhitzten.

Die erstere Art war die gebräuchlichere und da die Blättchen
hierbei nicht zu dünn sein durften, so war die Vergoldung der Alten
meist dicker, als die unserige.

Theodoros von Samos war nicht der einzige, der Statuen aus Eisen
machte. Pausanias erwähnt noch einen Schlangenkampf des Tisagoras
aus Eisen. Pausanias schreibt 1):

„Es befindet sich daselbst (in Delphi) auch von den Arbeiten des
Herakles diejenige gegen die Hydra, ein Weihgeschenk und ein Werk
des Tisagoras, von Eisen die Hydra und der Herakles. Die Bearbeitung
des Eisens zu Bildsäulen ist die schwierigste und erfordert die meiste
Mühe. Bewunderung verdient die Arbeit des Tisagoras — wer immer
dieser Tisagoras sein mag —, ganz vorzügliche Bewunderung aber in
Pergamos die Köpfe eines Löwen und eines wilden Schweines, ebenfalls
von Eisen.“

Berühmt war ferner Alcons eiserner Herkules. Das letztere Bild-
werk beschreibt Plinius mit folgenden Worten 2): Est in eadem urbe et
ferreus Hercules, quem fecit Alcon, laborum dei patientia inductus.
Also eine eiserne Statue des Herkules, die Alcon machte, gereizt
durch die Geduld, mit welcher dieser Gott seine Arbeiten
verrichtet hatte
. Dies kann sich nur auf die mühselige Arbeit
des Treibens und des Zusammensetzens der Teile aus Eisen beziehen,

1) X, 18, 5.
2) Plinius hist. natural. XXXIV, 14, 40.
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[435/0457] Griechenland. Festlande blühte die künstlerische Metallverarbeitung besonders zu Korinth. Berühmt waren die Korinther wegen der Mischung ihrer Bronze, der sie mannigfaltige Farbennüancen, wahrscheinlich durch Zusatz von Zinkoxyd (Cadmia) zu geben wuſsten. Das Modellieren der Kunstgegenstände geschah wie auch heute zum Teil durch Bossieren des Modelles auf einem getrockneten Lehmkerne in Wachs, worüber dann die äuſsere Form mit zartem Thone aufgestrichen wurde. In dieser blieben auch die Einguſsöffnungen ausgespart. Das Wachs wurde, nachdem die äuſsere Form vollständig trocken war, bei gelinder Wärme ausgeschmolzen. Sowohl in der Dünnheit, wie in der Reinheit des Gusses leisteten die griechischen Erzgieſser das Höchste. Das Vergolden der Erz- statuen geschah bei den Alten auf zweierlei Art: entweder, indem sie dünn ausgeschlagene Goldblättchen auf der einen Seite mit Quecksilber bestrichen und so auftrugen, oder, indem sie ein Goldamalgam von salbenförmiger Konsistenz aufstrichen und bis zur Verflüchtigung des Quecksilbers das Bildwerk erhitzten. Die erstere Art war die gebräuchlichere und da die Blättchen hierbei nicht zu dünn sein durften, so war die Vergoldung der Alten meist dicker, als die unserige. Theodoros von Samos war nicht der einzige, der Statuen aus Eisen machte. Pausanias erwähnt noch einen Schlangenkampf des Tisagoras aus Eisen. Pausanias schreibt 1): „Es befindet sich daselbst (in Delphi) auch von den Arbeiten des Herakles diejenige gegen die Hydra, ein Weihgeschenk und ein Werk des Tisagoras, von Eisen die Hydra und der Herakles. Die Bearbeitung des Eisens zu Bildsäulen ist die schwierigste und erfordert die meiste Mühe. Bewunderung verdient die Arbeit des Tisagoras — wer immer dieser Tisagoras sein mag —, ganz vorzügliche Bewunderung aber in Pergamos die Köpfe eines Löwen und eines wilden Schweines, ebenfalls von Eisen.“ Berühmt war ferner Alcons eiserner Herkules. Das letztere Bild- werk beschreibt Plinius mit folgenden Worten 2): Est in eadem urbe et ferreus Hercules, quem fecit Alcon, laborum dei patientia inductus. Also eine eiserne Statue des Herkules, die Alcon machte, gereizt durch die Geduld, mit welcher dieser Gott seine Arbeiten verrichtet hatte. Dies kann sich nur auf die mühselige Arbeit des Treibens und des Zusammensetzens der Teile aus Eisen beziehen, 1) X, 18, 5. 2) Plinius hist. natural. XXXIV, 14, 40. 28*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/457>, abgerufen am 22.11.2024.