fragen bei eisernen Geräten nur selten näher nach der Verschiedenheit des Materials. Wenn deshalb Graf Caylus ein kleines etrurisches Bild- werk aus Eisen, das er gelegentlich einmal sah, ohne weiteres eine gusseiserne Statuette nennt, so beweist dies nichts, um so weniger, da das einzige antike Bildwerk ganz aus Eisen, ein Kopf, den man in der Nähe des St. Bernhard Hospizes auffand, getriebene Arbeit ist.
Die Zunahme des Wohlstandes, die Verteilung des Vermögens, die Ansammlung von Reichtum in Geschlechtern und Familien übte einen bedeutenden Einfluss auf die speziellen Verhältnisse Griechen- lands aus. Die patriarchalischen Zustände, wie sie Homer schildert, verschwanden, es trat eine schärfere Scheidung zwischen arm und reich, zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern ein. Es entstand eine selbständige Industrie und die Arbeiter waren vielfach Sklaven. Kapitalisten leiteten Erwerbszweige als Unternehmer, mieteten und kauften Sklaven. War die Behandlung der letzteren auch nicht so hart und rücksichtslos wie im Orient, so war sie doch schlimm genug. Das deutlichste Bild von dem sozialen Verhältnisse der gekauften Ar- beiter erhalten wir aus den Berichten über den Bergbau, speziell über den laurischen Silberbergbau in Attika, von welchem wir die genauesten Überlieferungen haben, und wenn auch die Geschichte des griechischen Bergwesens nicht unmittelbar zu unserer Untersuchung gehört, so liegt uns die Erzgewinnung doch zu nahe, als dass wir sie ausser Acht lassen dürften. Waren früher die Griechen nur Schüler der Phönizier, so wurden sie später ihre gefährlichsten Konkurrenten. Die grösste Ent- wickelung der metallurgischen Technik in Griechenland fällt, wie er- wähnt, in das 6. und 5. Jahrhundert v. Chr. Nicht nur in der Koloni- sation wurden die Griechen aus Nacheiferern Rivalen der Phönizier, sondern auch im Bergbau und in der Verarbeitung des Erzes. Seit dem siebenten Jahrhundert that die griechische Schiffahrt der phöni- zischen vielen Abbruch. Milet gründete wichtige Kolonieen am Pontus, wie Albia und Panticapäum, von wo aus er einen erfolgreichen Kara- wanenhandel bis nach dem Herzen Asiens organisierte und einträglichen Sklavenhandel betrieb. Die euböischen Städte, an ihrer Spitze Chalkis, gründeten Unternehmungen in Süditalien und zwar in Sybaris, Kroton und Tarent. Die Phokäer drangen noch weiter, kolonisierten Korsika, wo sie 565 v. Chr. die Stadt Alalia erbauten, und gründeten Massalia an der gallischen Küste. Die Phönizier traten der Kolonisation der Griechen nicht gewaltsam entgegen, sondern waren nur besorgt, ihre eigenen Handelsbeziehungen zu erhalten.
Die Bergbauanlagen der Phönizier auf den griechischen Inseln
Griechenland.
fragen bei eisernen Geräten nur selten näher nach der Verschiedenheit des Materials. Wenn deshalb Graf Caylus ein kleines etrurisches Bild- werk aus Eisen, das er gelegentlich einmal sah, ohne weiteres eine guſseiserne Statuette nennt, so beweist dies nichts, um so weniger, da das einzige antike Bildwerk ganz aus Eisen, ein Kopf, den man in der Nähe des St. Bernhard Hospizes auffand, getriebene Arbeit ist.
Die Zunahme des Wohlstandes, die Verteilung des Vermögens, die Ansammlung von Reichtum in Geschlechtern und Familien übte einen bedeutenden Einfluſs auf die speziellen Verhältnisse Griechen- lands aus. Die patriarchalischen Zustände, wie sie Homer schildert, verschwanden, es trat eine schärfere Scheidung zwischen arm und reich, zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern ein. Es entstand eine selbständige Industrie und die Arbeiter waren vielfach Sklaven. Kapitalisten leiteten Erwerbszweige als Unternehmer, mieteten und kauften Sklaven. War die Behandlung der letzteren auch nicht so hart und rücksichtslos wie im Orient, so war sie doch schlimm genug. Das deutlichste Bild von dem sozialen Verhältnisse der gekauften Ar- beiter erhalten wir aus den Berichten über den Bergbau, speziell über den laurischen Silberbergbau in Attika, von welchem wir die genauesten Überlieferungen haben, und wenn auch die Geschichte des griechischen Bergwesens nicht unmittelbar zu unserer Untersuchung gehört, so liegt uns die Erzgewinnung doch zu nahe, als daſs wir sie auſser Acht lassen dürften. Waren früher die Griechen nur Schüler der Phönizier, so wurden sie später ihre gefährlichsten Konkurrenten. Die gröſste Ent- wickelung der metallurgischen Technik in Griechenland fällt, wie er- wähnt, in das 6. und 5. Jahrhundert v. Chr. Nicht nur in der Koloni- sation wurden die Griechen aus Nacheiferern Rivalen der Phönizier, sondern auch im Bergbau und in der Verarbeitung des Erzes. Seit dem siebenten Jahrhundert that die griechische Schiffahrt der phöni- zischen vielen Abbruch. Milet gründete wichtige Kolonieen am Pontus, wie Albia und Panticapäum, von wo aus er einen erfolgreichen Kara- wanenhandel bis nach dem Herzen Asiens organisierte und einträglichen Sklavenhandel betrieb. Die euböischen Städte, an ihrer Spitze Chalkis, gründeten Unternehmungen in Süditalien und zwar in Sybaris, Kroton und Tarent. Die Phokäer drangen noch weiter, kolonisierten Korsika, wo sie 565 v. Chr. die Stadt Alalia erbauten, und gründeten Massalia an der gallischen Küste. Die Phönizier traten der Kolonisation der Griechen nicht gewaltsam entgegen, sondern waren nur besorgt, ihre eigenen Handelsbeziehungen zu erhalten.
Die Bergbauanlagen der Phönizier auf den griechischen Inseln
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[437/0459]
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des Materials. Wenn deshalb Graf Caylus ein kleines etrurisches Bild-
werk aus Eisen, das er gelegentlich einmal sah, ohne weiteres eine
guſseiserne Statuette nennt, so beweist dies nichts, um so weniger,
da das einzige antike Bildwerk ganz aus Eisen, ein Kopf, den man in
der Nähe des St. Bernhard Hospizes auffand, getriebene Arbeit ist.
Die Zunahme des Wohlstandes, die Verteilung des Vermögens,
die Ansammlung von Reichtum in Geschlechtern und Familien übte
einen bedeutenden Einfluſs auf die speziellen Verhältnisse Griechen-
lands aus. Die patriarchalischen Zustände, wie sie Homer schildert,
verschwanden, es trat eine schärfere Scheidung zwischen arm und
reich, zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern ein. Es entstand eine
selbständige Industrie und die Arbeiter waren vielfach Sklaven.
Kapitalisten leiteten Erwerbszweige als Unternehmer, mieteten und
kauften Sklaven. War die Behandlung der letzteren auch nicht so
hart und rücksichtslos wie im Orient, so war sie doch schlimm genug.
Das deutlichste Bild von dem sozialen Verhältnisse der gekauften Ar-
beiter erhalten wir aus den Berichten über den Bergbau, speziell über
den laurischen Silberbergbau in Attika, von welchem wir die genauesten
Überlieferungen haben, und wenn auch die Geschichte des griechischen
Bergwesens nicht unmittelbar zu unserer Untersuchung gehört, so liegt
uns die Erzgewinnung doch zu nahe, als daſs wir sie auſser Acht lassen
dürften. Waren früher die Griechen nur Schüler der Phönizier, so
wurden sie später ihre gefährlichsten Konkurrenten. Die gröſste Ent-
wickelung der metallurgischen Technik in Griechenland fällt, wie er-
wähnt, in das 6. und 5. Jahrhundert v. Chr. Nicht nur in der Koloni-
sation wurden die Griechen aus Nacheiferern Rivalen der Phönizier,
sondern auch im Bergbau und in der Verarbeitung des Erzes. Seit
dem siebenten Jahrhundert that die griechische Schiffahrt der phöni-
zischen vielen Abbruch. Milet gründete wichtige Kolonieen am Pontus,
wie Albia und Panticapäum, von wo aus er einen erfolgreichen Kara-
wanenhandel bis nach dem Herzen Asiens organisierte und einträglichen
Sklavenhandel betrieb. Die euböischen Städte, an ihrer Spitze Chalkis,
gründeten Unternehmungen in Süditalien und zwar in Sybaris, Kroton
und Tarent. Die Phokäer drangen noch weiter, kolonisierten Korsika,
wo sie 565 v. Chr. die Stadt Alalia erbauten, und gründeten Massalia
an der gallischen Küste. Die Phönizier traten der Kolonisation der
Griechen nicht gewaltsam entgegen, sondern waren nur besorgt, ihre
eigenen Handelsbeziehungen zu erhalten.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/459>, abgerufen am 22.11.2024.
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