hohen Stufe der Kultur stand und in reichen, blühenden Städten lebte. Von dieser Zeit an begann ihre Bedrängnis. Gallier kamen über die Alpen, bekriegten sie im Norden und vertrieben sie aus ihren alten Sitzen am Po. Im Süden erhoben sich die Samniter, machten ihnen die Herrschaft streitig und verdrängten sie aus Kampanien. So wurden sie auf das Gebiet zwischen Arnus und Tiber eingeschränkt, das noch heute nach ihnen den Namen Toskana führt, bis auch dieses nach langen erbitterten Kämpfen, die sich über ein Säkulum bis ins 3. Jahrhundert v. Chr. fortzogen, dem Schwerte der Römer erlagen. Aber gingen auch die Etrusker ihrer politischen Selbständigkeit ver- lustig, sie lebten selbständig fort in ihrer Kunst und Industrie und übten gerade in dieser Richtung auf ihre Besieger den grössten Einfluss.
Die politische Organisation Etruriens war eigentümlich. Die Etrusker hatten von den Phöniziern den Widerwillen gegen die Tyrannis und gegen eine feste Zentralisation geerbt. Jede der vielen reichen Städte bildete ein Gemeinwesen für sich, diese waren untereinander verbündet. So stellt sich Etrurien als ein Städtebund, ähnlich wie Phönizien und sehr abweichend von dem nachmaligen römischen Ein- heitsstaat dar.
Bergbau und Metallgewinnung waren früh bei den Etruskern in Schwung. Kupfer und Eisen gewannen sie im eigenen Lande, beson- ders auf Elba und in den toskanischen Bergen.
Schon ehe die Etrusker die Oberherrschaft in Mittelitalien erlang- ten, kannte die einheimische Bevölkerung, insbesondere die Ligurer und Umbrer, die Metalle und deren Verwendung. Zahlreiche Funde, welche durch die eifrigen Bemühungen italienischer Archäologen zu Tage gefördert worden sind, beweisen dies. Wir wollen nur einige der wichtigeren dieser altitalischen Funde hier erwähnen.
Bei Bologna, da wo einst das alte Felsina lag, fanden sich reiche Schätze aus uralten Zeiten. Am bedeutendsten sind die Funde von Villanova, von Marzobotto und von la Certosa. Graf Gozzadini hat diese Ausgrabungen teils selbst bewerkstelligt, teils veranlasst. Bei Villanova deckte er im Jahre 1853 zweihundert Gräber auf, in welchen sich ausser anderen Gegenständen viele metallene Beigaben von Bronze und Eisen befanden. Die Schmucksachen sind vorwiegend von Bronze; so fand man nicht weniger als 675 Stück Bronzefibeln, von denen viele mit Bernstein und Glasperlen verziert waren. Die Arm- und Finger- ringe waren meist aus Bronze, doch fanden sich auch solche von Eisen. Bei den Angriffswaffen überwogen die von Eisen. So waren beispiels- weise unter 29 Schaftkelten 8 von Bronze und 21 von Eisen. Speer-
Italien und die Römer.
hohen Stufe der Kultur stand und in reichen, blühenden Städten lebte. Von dieser Zeit an begann ihre Bedrängnis. Gallier kamen über die Alpen, bekriegten sie im Norden und vertrieben sie aus ihren alten Sitzen am Po. Im Süden erhoben sich die Samniter, machten ihnen die Herrschaft streitig und verdrängten sie aus Kampanien. So wurden sie auf das Gebiet zwischen Arnus und Tiber eingeschränkt, das noch heute nach ihnen den Namen Toskana führt, bis auch dieses nach langen erbitterten Kämpfen, die sich über ein Säkulum bis ins 3. Jahrhundert v. Chr. fortzogen, dem Schwerte der Römer erlagen. Aber gingen auch die Etrusker ihrer politischen Selbständigkeit ver- lustig, sie lebten selbständig fort in ihrer Kunst und Industrie und übten gerade in dieser Richtung auf ihre Besieger den gröſsten Einfluſs.
Die politische Organisation Etruriens war eigentümlich. Die Etrusker hatten von den Phöniziern den Widerwillen gegen die Tyrannis und gegen eine feste Zentralisation geerbt. Jede der vielen reichen Städte bildete ein Gemeinwesen für sich, diese waren untereinander verbündet. So stellt sich Etrurien als ein Städtebund, ähnlich wie Phönizien und sehr abweichend von dem nachmaligen römischen Ein- heitsstaat dar.
Bergbau und Metallgewinnung waren früh bei den Etruskern in Schwung. Kupfer und Eisen gewannen sie im eigenen Lande, beson- ders auf Elba und in den toskanischen Bergen.
Schon ehe die Etrusker die Oberherrschaft in Mittelitalien erlang- ten, kannte die einheimische Bevölkerung, insbesondere die Ligurer und Umbrer, die Metalle und deren Verwendung. Zahlreiche Funde, welche durch die eifrigen Bemühungen italienischer Archäologen zu Tage gefördert worden sind, beweisen dies. Wir wollen nur einige der wichtigeren dieser altitalischen Funde hier erwähnen.
Bei Bologna, da wo einst das alte Felsina lag, fanden sich reiche Schätze aus uralten Zeiten. Am bedeutendsten sind die Funde von Villanova, von Marzobotto und von la Certosa. Graf Gozzadini hat diese Ausgrabungen teils selbst bewerkstelligt, teils veranlaſst. Bei Villanova deckte er im Jahre 1853 zweihundert Gräber auf, in welchen sich auſser anderen Gegenständen viele metallene Beigaben von Bronze und Eisen befanden. Die Schmucksachen sind vorwiegend von Bronze; so fand man nicht weniger als 675 Stück Bronzefibeln, von denen viele mit Bernstein und Glasperlen verziert waren. Die Arm- und Finger- ringe waren meist aus Bronze, doch fanden sich auch solche von Eisen. Bei den Angriffswaffen überwogen die von Eisen. So waren beispiels- weise unter 29 Schaftkelten 8 von Bronze und 21 von Eisen. Speer-
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Italien und die Römer.
hohen Stufe der Kultur stand und in reichen, blühenden Städten lebte.
Von dieser Zeit an begann ihre Bedrängnis. Gallier kamen über die
Alpen, bekriegten sie im Norden und vertrieben sie aus ihren alten
Sitzen am Po. Im Süden erhoben sich die Samniter, machten ihnen
die Herrschaft streitig und verdrängten sie aus Kampanien. So
wurden sie auf das Gebiet zwischen Arnus und Tiber eingeschränkt,
das noch heute nach ihnen den Namen Toskana führt, bis auch dieses
nach langen erbitterten Kämpfen, die sich über ein Säkulum bis ins
3. Jahrhundert v. Chr. fortzogen, dem Schwerte der Römer erlagen.
Aber gingen auch die Etrusker ihrer politischen Selbständigkeit ver-
lustig, sie lebten selbständig fort in ihrer Kunst und Industrie und
übten gerade in dieser Richtung auf ihre Besieger den gröſsten Einfluſs.
Die politische Organisation Etruriens war eigentümlich. Die
Etrusker hatten von den Phöniziern den Widerwillen gegen die Tyrannis
und gegen eine feste Zentralisation geerbt. Jede der vielen reichen
Städte bildete ein Gemeinwesen für sich, diese waren untereinander
verbündet. So stellt sich Etrurien als ein Städtebund, ähnlich wie
Phönizien und sehr abweichend von dem nachmaligen römischen Ein-
heitsstaat dar.
Bergbau und Metallgewinnung waren früh bei den Etruskern in
Schwung. Kupfer und Eisen gewannen sie im eigenen Lande, beson-
ders auf Elba und in den toskanischen Bergen.
Schon ehe die Etrusker die Oberherrschaft in Mittelitalien erlang-
ten, kannte die einheimische Bevölkerung, insbesondere die Ligurer
und Umbrer, die Metalle und deren Verwendung. Zahlreiche Funde,
welche durch die eifrigen Bemühungen italienischer Archäologen zu
Tage gefördert worden sind, beweisen dies. Wir wollen nur einige
der wichtigeren dieser altitalischen Funde hier erwähnen.
Bei Bologna, da wo einst das alte Felsina lag, fanden sich reiche
Schätze aus uralten Zeiten. Am bedeutendsten sind die Funde von
Villanova, von Marzobotto und von la Certosa. Graf Gozzadini hat
diese Ausgrabungen teils selbst bewerkstelligt, teils veranlaſst. Bei
Villanova deckte er im Jahre 1853 zweihundert Gräber auf, in welchen
sich auſser anderen Gegenständen viele metallene Beigaben von Bronze
und Eisen befanden. Die Schmucksachen sind vorwiegend von Bronze;
so fand man nicht weniger als 675 Stück Bronzefibeln, von denen viele
mit Bernstein und Glasperlen verziert waren. Die Arm- und Finger-
ringe waren meist aus Bronze, doch fanden sich auch solche von Eisen.
Bei den Angriffswaffen überwogen die von Eisen. So waren beispiels-
weise unter 29 Schaftkelten 8 von Bronze und 21 von Eisen. Speer-
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 470. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/492>, abgerufen am 22.11.2024.
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