die ihm zum Kaufe angeboten wurden. Das Zusammenschweissen mit weichem Eisen war eine hohe Kunst, die jedenfalls der Schwertschmied möglichst geheim hielt, die ihm aber selbst nicht immer gelang, denn wie leicht verbrennt bei solchen Operationen ein Stahl. Dazu kommt die Geduld, welche nötig war, solche Waffen zusammenzusetzen, die Schneiden anzuschweissen, das Ganze auszurecken, und alles das mit der Faust und dem Handhammer. Diese mühevolle Arbeit, dieses Zusammenwirken von Geschick und Fleiss machten aber die Waffen nicht allein wertvoll, sie machten sie auch vorzüglich. Schwerter von solcher Zuverlässigkeit und Härte werden heutzutage nicht mehr dar- gestellt. Freilich ist auch dafür kaum mehr das Bedürfnis vorhanden. Kein Wunder deshalb, dass gute Schwertklingen sich durch Gene- rationen vererbten, dass sie das wertvollste Vermächtnis bildeten, welches Väter ihren Söhnen hinterliessen, dass sie in den Schatz- kammern der Fürsten neben dem reichsten Schmucke an Gold und Edelsteinen ihre Stelle fanden.
Solche Schwerter waren weit seltener Gegenstand des Handels als des Raubes oder des Kampfes.
"Raub der Kühnen" wird es deshalb im Beowulflied genannt, und Hagen freut sich über den Erwerb des "Balmung" ebenso sehr wie über die Vernichtung des starken Siegfried.
Auch bei der Teilung des Nibelungenhortes empfängt Siegfried den Balmung als einen hervorragenden Teil des Schatzes. In dem gleichen Sinne lautet es im Beowulflied, wo der Dichter sagt, dass neben den Schalen und Bechern, "dem Golde der Altmänner", teure Schwerter, "Olm-durchfressen, als ob sie in der Erde Schoss tausend Winter träge gerastet", liegen.
Nur ein Freier durfte das Schwert tragen, und meistenteils waren es nur hervorragende Freie, die ein Schwert besassen. Von den im Bitterolf 1) aufgezählten Schwertern der berühmtesten Waffenschmiede heisst es: "Das buch hören wir sagen, die svert dorft niemand tragen, er enwär fürst oder fürstenkind."
Der Regel nach waren die Schwerter 81 bis 97 cm lang. An die mächtigen Schwerter Karls des Grossen und Lothars II. knüpft sich die grausige Sage, dass sie nach ihnen die besiegten Feinde, die Sachsen und die Slaven massen und niemand am Leben liessen, der höher war als ihr Schwert. Die Breite der Klinge betrug meist 41/2 bis 6 cm 2).
1) Siehe auch Clemm, Kulturgeschichte. Waffen und Werkzeuge 216.
2) Lindenschmit a. a. O. 225.
Bewaffnung im frühen Mittelalter.
die ihm zum Kaufe angeboten wurden. Das Zusammenschweiſsen mit weichem Eisen war eine hohe Kunst, die jedenfalls der Schwertschmied möglichst geheim hielt, die ihm aber selbst nicht immer gelang, denn wie leicht verbrennt bei solchen Operationen ein Stahl. Dazu kommt die Geduld, welche nötig war, solche Waffen zusammenzusetzen, die Schneiden anzuschweiſsen, das Ganze auszurecken, und alles das mit der Faust und dem Handhammer. Diese mühevolle Arbeit, dieses Zusammenwirken von Geschick und Fleiſs machten aber die Waffen nicht allein wertvoll, sie machten sie auch vorzüglich. Schwerter von solcher Zuverlässigkeit und Härte werden heutzutage nicht mehr dar- gestellt. Freilich ist auch dafür kaum mehr das Bedürfnis vorhanden. Kein Wunder deshalb, daſs gute Schwertklingen sich durch Gene- rationen vererbten, daſs sie das wertvollste Vermächtnis bildeten, welches Väter ihren Söhnen hinterlieſsen, daſs sie in den Schatz- kammern der Fürsten neben dem reichsten Schmucke an Gold und Edelsteinen ihre Stelle fanden.
Solche Schwerter waren weit seltener Gegenstand des Handels als des Raubes oder des Kampfes.
„Raub der Kühnen“ wird es deshalb im Beowulflied genannt, und Hagen freut sich über den Erwerb des „Balmung“ ebenso sehr wie über die Vernichtung des starken Siegfried.
Auch bei der Teilung des Nibelungenhortes empfängt Siegfried den Balmung als einen hervorragenden Teil des Schatzes. In dem gleichen Sinne lautet es im Beowulflied, wo der Dichter sagt, daſs neben den Schalen und Bechern, „dem Golde der Altmänner“, teure Schwerter, „Olm-durchfressen, als ob sie in der Erde Schoſs tausend Winter träge gerastet“, liegen.
Nur ein Freier durfte das Schwert tragen, und meistenteils waren es nur hervorragende Freie, die ein Schwert besaſsen. Von den im Bitterolf 1) aufgezählten Schwertern der berühmtesten Waffenschmiede heiſst es: „Das buch hören wir sagen, die svert dorft niemand tragen, er enwär fürst oder fürstenkind.“
Der Regel nach waren die Schwerter 81 bis 97 cm lang. An die mächtigen Schwerter Karls des Groſsen und Lothars II. knüpft sich die grausige Sage, daſs sie nach ihnen die besiegten Feinde, die Sachsen und die Slaven maſsen und niemand am Leben lieſsen, der höher war als ihr Schwert. Die Breite der Klinge betrug meist 4½ bis 6 cm 2).
1) Siehe auch Clemm, Kulturgeschichte. Waffen und Werkzeuge 216.
2) Lindenschmit a. a. O. 225.
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möglichst geheim hielt, die ihm aber selbst nicht immer gelang, denn
wie leicht verbrennt bei solchen Operationen ein Stahl. Dazu kommt
die Geduld, welche nötig war, solche Waffen zusammenzusetzen, die
Schneiden anzuschweiſsen, das Ganze auszurecken, und alles das mit
der Faust und dem Handhammer. Diese mühevolle Arbeit, dieses
Zusammenwirken von Geschick und Fleiſs machten aber die Waffen
nicht allein wertvoll, sie machten sie auch vorzüglich. Schwerter von
solcher Zuverlässigkeit und Härte werden heutzutage nicht mehr dar-
gestellt. Freilich ist auch dafür kaum mehr das Bedürfnis vorhanden.
Kein Wunder deshalb, daſs gute Schwertklingen sich durch Gene-
rationen vererbten, daſs sie das wertvollste Vermächtnis bildeten,
welches Väter ihren Söhnen hinterlieſsen, daſs sie in den Schatz-
kammern der Fürsten neben dem reichsten Schmucke an Gold und
Edelsteinen ihre Stelle fanden.
Solche Schwerter waren weit seltener Gegenstand des Handels
als des Raubes oder des Kampfes.
„Raub der Kühnen“ wird es deshalb im Beowulflied genannt, und
Hagen freut sich über den Erwerb des „Balmung“ ebenso sehr wie
über die Vernichtung des starken Siegfried.
Auch bei der Teilung des Nibelungenhortes empfängt Siegfried
den Balmung als einen hervorragenden Teil des Schatzes. In dem
gleichen Sinne lautet es im Beowulflied, wo der Dichter sagt, daſs
neben den Schalen und Bechern, „dem Golde der Altmänner“, teure
Schwerter, „Olm-durchfressen, als ob sie in der Erde Schoſs tausend
Winter träge gerastet“, liegen.
Nur ein Freier durfte das Schwert tragen, und meistenteils waren
es nur hervorragende Freie, die ein Schwert besaſsen. Von den im
Bitterolf 1) aufgezählten Schwertern der berühmtesten Waffenschmiede
heiſst es: „Das buch hören wir sagen, die svert dorft niemand tragen,
er enwär fürst oder fürstenkind.“
Der Regel nach waren die Schwerter 81 bis 97 cm lang. An die
mächtigen Schwerter Karls des Groſsen und Lothars II. knüpft sich
die grausige Sage, daſs sie nach ihnen die besiegten Feinde, die
Sachsen und die Slaven maſsen und niemand am Leben lieſsen, der
höher war als ihr Schwert. Die Breite der Klinge betrug meist 4½
bis 6 cm 2).
1) Siehe auch Clemm, Kulturgeschichte. Waffen und Werkzeuge 216.
2) Lindenschmit a. a. O. 225.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 719. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/741>, abgerufen am 22.11.2024.
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