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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Berggesetze.

Es bestehen Zweifel, ob dieses Berggesetz in der vorliegenden
Fassung, die mit dem späteren jura silvanorum übereinstimmt, aus dem
angeführten Jahre stammt 1), wohl aber lässt sich annehmen, dass in
diesem Jahre der Hauptinhalt, das alte Goslarer Gewohnheitsrecht
niedergeschrieben und vom Kaiser bestätigt wurde.

Kaiser Friedrich II. erteilte im Jahre 1219 der Stadt Goslar ein
Privileg, welches die Grundlage des Goslarer Stadtrechtes wurde. In
diesem sind ebenfalls bergrechtliche Bestimmungen. "Die Gewerken,
Waldleute (silvani) sollen geschützt sein in ihrem Eigentum. Auch
soll den Waldleuten an ihrem Gute nichts gekümmert werden, ausser
wegen der Reichsabgaben, welche sie für ihre Schmelzöfen zu zahlen
verpflichtet sind. (Idem etiam silvani in bonis suis non debent pan-
dari pro aliqua causa nisi tantum pro reditibus Imperii quos de folli-
bus solvere tenentur 2).

Diejenigen Waldleute, welche Hütten in der Freiflur haben, sollen
von zwei Feuern wöchentlich einen Silberling (Lotpfennig) an das
Reich entrichten, dafür, dass ihnen gestattet wird, ihr Holz herbei zu
fahren von einem jeden Orte, der ihnen genehm ist. Silvani, qui casas
habent in locis campestribus, de duobus follibus qualibet hebdomata
lot argenti solvere tenentur Imperii, hac de causa, ut liceat eis car-
bones ad ducere, de quocunque loco eis est opportunum etc."

Die eigentlichen Jura et Libertates Silvanorum, welche
sich im Archiv der Stadt Goslar befinden, sind in deutscher Sprache
abgefasst und datieren vom St. Markus-Tage (25. April) 1271. Es ist
ein merkwürdiges Gesetz, welches besonders viel Licht auf die Rechte
und Lohnverhältnisse der Arbeiter jener Zeit wirft. Von technischem
Interesse sind folgende Stellen.

"Die Hütten auf dem Harze, die daselbst Lotpfennige bezahlen für
das Wasser, das auf die Hütten geht, diese Pfennige soll man Sonn-
abends auf dem Wassersteg bezahlen..."

"Die Waldleute, die daselbst sind und Schlageschatzung und
Kupferzoll an das Reich geben, besitzen dagegen ihre Hütten recht-
mässig."

Wenn die angeführten alten Berggesetze besonderen Ruhm da-
durch erlangten, dass sie sich auf den Bergbau der edlen Metalle,
insbesondere auf den Silberbergbau bezogen, so sind die frühesten
bergrechtlichen Bestimmungen über den Eisenbergbau nicht minder
alt und für uns von um so grösserem Interesse. In der Urkunde, in

1) Wagner, Corpus. jur. met. XXX.
2) Wagner a. a. O. 1022.
Berggesetze.

Es bestehen Zweifel, ob dieses Berggesetz in der vorliegenden
Fassung, die mit dem späteren jura silvanorum übereinstimmt, aus dem
angeführten Jahre stammt 1), wohl aber läſst sich annehmen, daſs in
diesem Jahre der Hauptinhalt, das alte Goslarer Gewohnheitsrecht
niedergeschrieben und vom Kaiser bestätigt wurde.

Kaiser Friedrich II. erteilte im Jahre 1219 der Stadt Goslar ein
Privileg, welches die Grundlage des Goslarer Stadtrechtes wurde. In
diesem sind ebenfalls bergrechtliche Bestimmungen. „Die Gewerken,
Waldleute (silvani) sollen geschützt sein in ihrem Eigentum. Auch
soll den Waldleuten an ihrem Gute nichts gekümmert werden, auſser
wegen der Reichsabgaben, welche sie für ihre Schmelzöfen zu zahlen
verpflichtet sind. (Idem etiam silvani in bonis suis non debent pan-
dari pro aliqua causa nisi tantum pro reditibus Imperii quos de folli-
bus solvere tenentur 2).

Diejenigen Waldleute, welche Hütten in der Freiflur haben, sollen
von zwei Feuern wöchentlich einen Silberling (Lotpfennig) an das
Reich entrichten, dafür, daſs ihnen gestattet wird, ihr Holz herbei zu
fahren von einem jeden Orte, der ihnen genehm ist. Silvani, qui casas
habent in locis campestribus, de duobus follibus qualibet hebdomata
lot argenti solvere tenentur Imperii, hac de causa, ut liceat eis car-
bones ad ducere, de quocunque loco eis est opportunum etc.“

Die eigentlichen Jura et Libertates Silvanorum, welche
sich im Archiv der Stadt Goslar befinden, sind in deutscher Sprache
abgefaſst und datieren vom St. Markus-Tage (25. April) 1271. Es ist
ein merkwürdiges Gesetz, welches besonders viel Licht auf die Rechte
und Lohnverhältnisse der Arbeiter jener Zeit wirft. Von technischem
Interesse sind folgende Stellen.

„Die Hütten auf dem Harze, die daselbst Lotpfennige bezahlen für
das Wasser, das auf die Hütten geht, diese Pfennige soll man Sonn-
abends auf dem Wassersteg bezahlen…“

„Die Waldleute, die daselbst sind und Schlageschatzung und
Kupferzoll an das Reich geben, besitzen dagegen ihre Hütten recht-
mäſsig.“

Wenn die angeführten alten Berggesetze besonderen Ruhm da-
durch erlangten, daſs sie sich auf den Bergbau der edlen Metalle,
insbesondere auf den Silberbergbau bezogen, so sind die frühesten
bergrechtlichen Bestimmungen über den Eisenbergbau nicht minder
alt und für uns von um so gröſserem Interesse. In der Urkunde, in

1) Wagner, Corpus. jur. met. XXX.
2) Wagner a. a. O. 1022.
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[765/0787] Berggesetze. Es bestehen Zweifel, ob dieses Berggesetz in der vorliegenden Fassung, die mit dem späteren jura silvanorum übereinstimmt, aus dem angeführten Jahre stammt 1), wohl aber läſst sich annehmen, daſs in diesem Jahre der Hauptinhalt, das alte Goslarer Gewohnheitsrecht niedergeschrieben und vom Kaiser bestätigt wurde. Kaiser Friedrich II. erteilte im Jahre 1219 der Stadt Goslar ein Privileg, welches die Grundlage des Goslarer Stadtrechtes wurde. In diesem sind ebenfalls bergrechtliche Bestimmungen. „Die Gewerken, Waldleute (silvani) sollen geschützt sein in ihrem Eigentum. Auch soll den Waldleuten an ihrem Gute nichts gekümmert werden, auſser wegen der Reichsabgaben, welche sie für ihre Schmelzöfen zu zahlen verpflichtet sind. (Idem etiam silvani in bonis suis non debent pan- dari pro aliqua causa nisi tantum pro reditibus Imperii quos de folli- bus solvere tenentur 2). Diejenigen Waldleute, welche Hütten in der Freiflur haben, sollen von zwei Feuern wöchentlich einen Silberling (Lotpfennig) an das Reich entrichten, dafür, daſs ihnen gestattet wird, ihr Holz herbei zu fahren von einem jeden Orte, der ihnen genehm ist. Silvani, qui casas habent in locis campestribus, de duobus follibus qualibet hebdomata lot argenti solvere tenentur Imperii, hac de causa, ut liceat eis car- bones ad ducere, de quocunque loco eis est opportunum etc.“ Die eigentlichen Jura et Libertates Silvanorum, welche sich im Archiv der Stadt Goslar befinden, sind in deutscher Sprache abgefaſst und datieren vom St. Markus-Tage (25. April) 1271. Es ist ein merkwürdiges Gesetz, welches besonders viel Licht auf die Rechte und Lohnverhältnisse der Arbeiter jener Zeit wirft. Von technischem Interesse sind folgende Stellen. „Die Hütten auf dem Harze, die daselbst Lotpfennige bezahlen für das Wasser, das auf die Hütten geht, diese Pfennige soll man Sonn- abends auf dem Wassersteg bezahlen…“ „Die Waldleute, die daselbst sind und Schlageschatzung und Kupferzoll an das Reich geben, besitzen dagegen ihre Hütten recht- mäſsig.“ Wenn die angeführten alten Berggesetze besonderen Ruhm da- durch erlangten, daſs sie sich auf den Bergbau der edlen Metalle, insbesondere auf den Silberbergbau bezogen, so sind die frühesten bergrechtlichen Bestimmungen über den Eisenbergbau nicht minder alt und für uns von um so gröſserem Interesse. In der Urkunde, in 1) Wagner, Corpus. jur. met. XXX. 2) Wagner a. a. O. 1022.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 765. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/787>, abgerufen am 22.11.2024.