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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Schwertschmiede.

Meister Wolf, dessen Fabrikzeichen ein Wolf war, und von dem
die guten Solinger Klingen bis in dieses Jahrhundert den Namen
Wolfsklingen tragen, soll um das Jahr 1414 gelebt haben. Ein ge-
wisser Peter Gimpelpus oder Semmelmus von Solingen soll im 17. Jahr-
hundert den unechten Damast erfunden haben.

Zur Herstellung der Schwert- und Säbelklingen sind Stäbe von
Eisen und Stahl erforderlich. Das Eisen kam wohl teils aus der Nach-
barschaft, teils aus der Mark, namentlich aber aus dem Sauerland, wo
das gute Osemundeisen hergestellt wurde. Der Stahl kam dagegen schon
in alter Zeit, wie noch heute aus dem Siegerland. Die komplizierte
Arbeit des Klingenschmiedens geschah vor Einführung der Wasser-
hämmer, der "Reckhämmer" im 16. Jahrhundert ausschliesslich mit
der Hand. Um die für die Klinge erforderliche Härte, Elastizität und
Zähigkeit zu erreichen, schmiedete man das zähe Schmiedeeisen mit
dem harten elastischen Stahl lagenweise zusammen. Zunächst wurden
die Stahl- und Eisenstangen in flache Schienen ausgeschmiedet. Dann
pflegte man eine Eisenschiene zwischen zwei Stahlschienen zu packen
und diese zusammenzuschweissen. Diese Stange reckte man unter dem
Hammer auf die doppelte Länge aus, hieb sie mit dem Schrotmeissel
mitten auseinander, legte die zwei gleichen Hälften wieder aufeinander
und schweisste sie von neuem zusammen (doublierte sie). Auf diese
Weise kam jetzt in der Mitte eine doppelte Lage Stahl aufeinander zu
liegen. Diese Doppellage giebt später die Schneide. Das aus den
beiden abgesetzten Hälften gebildete Packet schmiedete man nach
der Schweissung zu zwei Drittel der Länge der fertigen Klinge aus.
Nun wird die Angel angesetzt. Diese pflegt man aus einem Schmiede-
eisenstab in der Weise zu machen, dass man den Stab in der Mitte
zusammenbiegt, die oben beschriebene Schiene, welche die Klinge bilden
soll, dazwischen packt und dann den umgebogenen Schmiedeeisenstab
sowohl für sich als mit der Klingenschiene zusammenschweisst. Nun
wird die Schiene in die rohe Form der zu bildenden Klinge geschmiedet,
was mit grosser Vorsicht und in wiederholten Hitzen geschehen muss.
Es geschieht dies durch den Schwertschmied mit Hilfe seines Vor-
schlagers. Soll die Klinge nicht glatt sein, sondern rinnenförmige Ver-
tiefungen, Blutrinnen haben oder der Lage nach bikonkav eingebogen
sein, so geschieht dies jetzt durch Schmieden mit Ober- und Unter-
stempel, oder Gesenk- und Setzeisen. Nun werden durch Ausschmieden
der langen Seiten die Schneiden hergestellt, wobei man bei geraden
Klingen darauf achten muss, dass dies nur langsam fortschreitend auf
beiden Seiten geschieht, indem andernfalls, wenn man eine Seite für

Beck, Geschichte des Eisens. 54
Schwertschmiede.

Meister Wolf, dessen Fabrikzeichen ein Wolf war, und von dem
die guten Solinger Klingen bis in dieses Jahrhundert den Namen
Wolfsklingen tragen, soll um das Jahr 1414 gelebt haben. Ein ge-
wisser Peter Gimpelpus oder Semmelmus von Solingen soll im 17. Jahr-
hundert den unechten Damast erfunden haben.

Zur Herstellung der Schwert- und Säbelklingen sind Stäbe von
Eisen und Stahl erforderlich. Das Eisen kam wohl teils aus der Nach-
barschaft, teils aus der Mark, namentlich aber aus dem Sauerland, wo
das gute Osemundeisen hergestellt wurde. Der Stahl kam dagegen schon
in alter Zeit, wie noch heute aus dem Siegerland. Die komplizierte
Arbeit des Klingenschmiedens geschah vor Einführung der Wasser-
hämmer, der „Reckhämmer“ im 16. Jahrhundert ausschlieſslich mit
der Hand. Um die für die Klinge erforderliche Härte, Elastizität und
Zähigkeit zu erreichen, schmiedete man das zähe Schmiedeeisen mit
dem harten elastischen Stahl lagenweise zusammen. Zunächst wurden
die Stahl- und Eisenstangen in flache Schienen ausgeschmiedet. Dann
pflegte man eine Eisenschiene zwischen zwei Stahlschienen zu packen
und diese zusammenzuschweiſsen. Diese Stange reckte man unter dem
Hammer auf die doppelte Länge aus, hieb sie mit dem Schrotmeiſsel
mitten auseinander, legte die zwei gleichen Hälften wieder aufeinander
und schweiſste sie von neuem zusammen (doublierte sie). Auf diese
Weise kam jetzt in der Mitte eine doppelte Lage Stahl aufeinander zu
liegen. Diese Doppellage giebt später die Schneide. Das aus den
beiden abgesetzten Hälften gebildete Packet schmiedete man nach
der Schweiſsung zu zwei Drittel der Länge der fertigen Klinge aus.
Nun wird die Angel angesetzt. Diese pflegt man aus einem Schmiede-
eisenstab in der Weise zu machen, daſs man den Stab in der Mitte
zusammenbiegt, die oben beschriebene Schiene, welche die Klinge bilden
soll, dazwischen packt und dann den umgebogenen Schmiedeeisenstab
sowohl für sich als mit der Klingenschiene zusammenschweiſst. Nun
wird die Schiene in die rohe Form der zu bildenden Klinge geschmiedet,
was mit groſser Vorsicht und in wiederholten Hitzen geschehen muſs.
Es geschieht dies durch den Schwertschmied mit Hilfe seines Vor-
schlagers. Soll die Klinge nicht glatt sein, sondern rinnenförmige Ver-
tiefungen, Blutrinnen haben oder der Lage nach bikonkav eingebogen
sein, so geschieht dies jetzt durch Schmieden mit Ober- und Unter-
stempel, oder Gesenk- und Setzeisen. Nun werden durch Ausschmieden
der langen Seiten die Schneiden hergestellt, wobei man bei geraden
Klingen darauf achten muſs, daſs dies nur langsam fortschreitend auf
beiden Seiten geschieht, indem andernfalls, wenn man eine Seite für

Beck, Geschichte des Eisens. 54
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[849/0871] Schwertschmiede. Meister Wolf, dessen Fabrikzeichen ein Wolf war, und von dem die guten Solinger Klingen bis in dieses Jahrhundert den Namen Wolfsklingen tragen, soll um das Jahr 1414 gelebt haben. Ein ge- wisser Peter Gimpelpus oder Semmelmus von Solingen soll im 17. Jahr- hundert den unechten Damast erfunden haben. Zur Herstellung der Schwert- und Säbelklingen sind Stäbe von Eisen und Stahl erforderlich. Das Eisen kam wohl teils aus der Nach- barschaft, teils aus der Mark, namentlich aber aus dem Sauerland, wo das gute Osemundeisen hergestellt wurde. Der Stahl kam dagegen schon in alter Zeit, wie noch heute aus dem Siegerland. Die komplizierte Arbeit des Klingenschmiedens geschah vor Einführung der Wasser- hämmer, der „Reckhämmer“ im 16. Jahrhundert ausschlieſslich mit der Hand. Um die für die Klinge erforderliche Härte, Elastizität und Zähigkeit zu erreichen, schmiedete man das zähe Schmiedeeisen mit dem harten elastischen Stahl lagenweise zusammen. Zunächst wurden die Stahl- und Eisenstangen in flache Schienen ausgeschmiedet. Dann pflegte man eine Eisenschiene zwischen zwei Stahlschienen zu packen und diese zusammenzuschweiſsen. Diese Stange reckte man unter dem Hammer auf die doppelte Länge aus, hieb sie mit dem Schrotmeiſsel mitten auseinander, legte die zwei gleichen Hälften wieder aufeinander und schweiſste sie von neuem zusammen (doublierte sie). Auf diese Weise kam jetzt in der Mitte eine doppelte Lage Stahl aufeinander zu liegen. Diese Doppellage giebt später die Schneide. Das aus den beiden abgesetzten Hälften gebildete Packet schmiedete man nach der Schweiſsung zu zwei Drittel der Länge der fertigen Klinge aus. Nun wird die Angel angesetzt. Diese pflegt man aus einem Schmiede- eisenstab in der Weise zu machen, daſs man den Stab in der Mitte zusammenbiegt, die oben beschriebene Schiene, welche die Klinge bilden soll, dazwischen packt und dann den umgebogenen Schmiedeeisenstab sowohl für sich als mit der Klingenschiene zusammenschweiſst. Nun wird die Schiene in die rohe Form der zu bildenden Klinge geschmiedet, was mit groſser Vorsicht und in wiederholten Hitzen geschehen muſs. Es geschieht dies durch den Schwertschmied mit Hilfe seines Vor- schlagers. Soll die Klinge nicht glatt sein, sondern rinnenförmige Ver- tiefungen, Blutrinnen haben oder der Lage nach bikonkav eingebogen sein, so geschieht dies jetzt durch Schmieden mit Ober- und Unter- stempel, oder Gesenk- und Setzeisen. Nun werden durch Ausschmieden der langen Seiten die Schneiden hergestellt, wobei man bei geraden Klingen darauf achten muſs, daſs dies nur langsam fortschreitend auf beiden Seiten geschieht, indem andernfalls, wenn man eine Seite für Beck, Geschichte des Eisens. 54

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 849. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/871>, abgerufen am 15.05.2024.