bar galt. Nun könnte man einwenden, dass Schmiedeeisen in Be- rührung mit Kohle in hoher Temperatur Kohlenstoff aufnimmt und zuletzt in den Zustand des leicht schmelzbaren Roheisens übergeht. Aber auch dieses ist so schwer schmelzbar, dass es in nennenswerten Quantitäten, wie es zu einem auch kleinen Gussstück erforderlich ist, auch die Folles taurini des Vulkan wohl kaum schmelzen konnten. Dabei hat das Eisen noch andere Eigenschaften, die seiner Ver- wendung als Gussmetall im Wege standen. Das weisse Eisen schwindet so stark, dass es kaum die Form richtig ausfüllt. Dabei ist es spröde und in dünnen Stücken gegossen so zerbrechlich, dass es für den praktischen Gebrauch untauglich ist. Das graue Eisen, welches für die Giesserei allein verwendbar ist, erfordert zu seiner Darstellung und zum Umschmelzen eine noch höhere Temperatur als das weisse und ist nur, wenn es noch beträchtlich über seinen Schmelzpunkt er- hitzt ist, so dünnflüssig, dass es sich für dünnwandige Gussstücke eignet. Solche allein aber erstrebten die Giesser des Altertums; für Massenguss, grobe Gussstücke, war kein Bedarf. -- Dies alles macht es leicht erklärlich, warum die Alten den Eisenguss nicht kannten und nicht anwendeten.
Anders wurden die Verhältnisse, als man anfing, die ungemessene Kraft des Wassers zum Bewegen der Blasebälge zu benutzen und mit Hilfe stärkerer Bälge und höherer Öfen die Eisenerze aus- schmolz. Da ergab sich flüssiges Roheisen von selbst; ursprünglich ganz wider den Willen des Schmelzers; nachdem man aber die guten Eigenschaften desselben kennen und zu verwerten gelernt hatte, ver- schmolz man die Erze mit Absicht auf Roheisen allein. Zu diesen guten Eigenschaften gehörte auch die, dass sich Gusswaren daraus herstellen liessen.
Allerdings vermochte man ursprünglich nur die allergröbsten Stücke zu giessen, denn das Eisen kam kalt aus dem Ofen, floss träge und war in der Regel weiss. Blöcke für Ambosse, Pocheisen, Pochsohlen und Kugeln, das waren die ersten Gusswaren, die man auch da her- stellen konnte, wo das Eisen durchaus nicht den Anforderungen eines guten Giessereieisens entsprach. Der Meister oder Massenbläser stellte die Formen dazu selbst dar und man leitete beim Abstechen das flüssige Metall durch Rinnen den Formen zu, die nicht weit vom Stichloche, neben dem Flossenbette, angebracht waren. Erfahrungen führten zum Fortschritte und bald lernte man die Vorzüge des bei grösserer Hitze erblasenen grauen Eisens für die Giesserei erkennen. Man trachtete danach, feinere Gusswaren herzustellen, zunächst für
Die Eisengieſserei im 16. Jahrhundert.
bar galt. Nun könnte man einwenden, daſs Schmiedeeisen in Be- rührung mit Kohle in hoher Temperatur Kohlenstoff aufnimmt und zuletzt in den Zustand des leicht schmelzbaren Roheisens übergeht. Aber auch dieses ist so schwer schmelzbar, daſs es in nennenswerten Quantitäten, wie es zu einem auch kleinen Guſsstück erforderlich ist, auch die Folles taurini des Vulkan wohl kaum schmelzen konnten. Dabei hat das Eisen noch andere Eigenschaften, die seiner Ver- wendung als Guſsmetall im Wege standen. Das weiſse Eisen schwindet so stark, daſs es kaum die Form richtig ausfüllt. Dabei ist es spröde und in dünnen Stücken gegossen so zerbrechlich, daſs es für den praktischen Gebrauch untauglich ist. Das graue Eisen, welches für die Gieſserei allein verwendbar ist, erfordert zu seiner Darstellung und zum Umschmelzen eine noch höhere Temperatur als das weiſse und ist nur, wenn es noch beträchtlich über seinen Schmelzpunkt er- hitzt ist, so dünnflüssig, daſs es sich für dünnwandige Guſsstücke eignet. Solche allein aber erstrebten die Gieſser des Altertums; für Massenguſs, grobe Guſsstücke, war kein Bedarf. — Dies alles macht es leicht erklärlich, warum die Alten den Eisenguſs nicht kannten und nicht anwendeten.
Anders wurden die Verhältnisse, als man anfing, die ungemessene Kraft des Wassers zum Bewegen der Blasebälge zu benutzen und mit Hilfe stärkerer Bälge und höherer Öfen die Eisenerze aus- schmolz. Da ergab sich flüssiges Roheisen von selbst; ursprünglich ganz wider den Willen des Schmelzers; nachdem man aber die guten Eigenschaften desſelben kennen und zu verwerten gelernt hatte, ver- schmolz man die Erze mit Absicht auf Roheisen allein. Zu diesen guten Eigenschaften gehörte auch die, daſs sich Guſswaren daraus herstellen lieſsen.
Allerdings vermochte man ursprünglich nur die allergröbsten Stücke zu gieſsen, denn das Eisen kam kalt aus dem Ofen, floſs träge und war in der Regel weiſs. Blöcke für Amboſse, Pocheisen, Pochsohlen und Kugeln, das waren die ersten Guſswaren, die man auch da her- stellen konnte, wo das Eisen durchaus nicht den Anforderungen eines guten Gieſsereieisens entsprach. Der Meister oder Massenbläser stellte die Formen dazu selbst dar und man leitete beim Abstechen das flüssige Metall durch Rinnen den Formen zu, die nicht weit vom Stichloche, neben dem Flossenbette, angebracht waren. Erfahrungen führten zum Fortschritte und bald lernte man die Vorzüge des bei gröſserer Hitze erblasenen grauen Eisens für die Gieſserei erkennen. Man trachtete danach, feinere Guſswaren herzustellen, zunächst für
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0288"n="268"/><fwplace="top"type="header">Die Eisengieſserei im 16. Jahrhundert.</fw><lb/>
bar galt. Nun könnte man einwenden, daſs Schmiedeeisen in Be-<lb/>
rührung mit Kohle in hoher Temperatur Kohlenstoff aufnimmt und<lb/>
zuletzt in den Zustand des leicht schmelzbaren Roheisens übergeht.<lb/>
Aber auch dieses ist so schwer schmelzbar, daſs es in nennenswerten<lb/>
Quantitäten, wie es zu einem auch kleinen Guſsstück erforderlich ist,<lb/>
auch die Folles taurini des Vulkan wohl kaum schmelzen konnten.<lb/>
Dabei hat das Eisen noch andere Eigenschaften, die seiner Ver-<lb/>
wendung als Guſsmetall im Wege standen. Das weiſse Eisen schwindet<lb/>
so stark, daſs es kaum die Form richtig ausfüllt. Dabei ist es spröde<lb/>
und in dünnen Stücken gegossen so zerbrechlich, daſs es für den<lb/>
praktischen Gebrauch untauglich ist. Das graue Eisen, welches für<lb/>
die Gieſserei allein verwendbar ist, erfordert zu seiner Darstellung<lb/>
und zum Umschmelzen eine noch höhere Temperatur als das weiſse<lb/>
und ist nur, wenn es noch beträchtlich über seinen Schmelzpunkt er-<lb/>
hitzt ist, so dünnflüssig, daſs es sich für dünnwandige Guſsstücke<lb/>
eignet. Solche allein aber erstrebten die Gieſser des Altertums; für<lb/>
Massenguſs, grobe Guſsstücke, war kein Bedarf. — Dies alles macht<lb/>
es leicht erklärlich, warum die Alten den Eisenguſs nicht kannten<lb/>
und nicht anwendeten.</p><lb/><p>Anders wurden die Verhältnisse, als man anfing, die ungemessene<lb/>
Kraft des Wassers zum Bewegen der Blasebälge zu benutzen und<lb/>
mit Hilfe stärkerer Bälge und höherer Öfen die Eisenerze aus-<lb/>
schmolz. Da ergab sich flüssiges Roheisen von selbst; ursprünglich<lb/>
ganz wider den Willen des Schmelzers; nachdem man aber die guten<lb/>
Eigenschaften desſelben kennen und zu verwerten gelernt hatte, ver-<lb/>
schmolz man die Erze mit Absicht auf Roheisen allein. Zu diesen<lb/>
guten Eigenschaften gehörte auch die, daſs sich Guſswaren daraus<lb/>
herstellen lieſsen.</p><lb/><p>Allerdings vermochte man ursprünglich nur die allergröbsten Stücke<lb/>
zu gieſsen, denn das Eisen kam kalt aus dem Ofen, floſs träge und<lb/>
war in der Regel weiſs. Blöcke für Amboſse, Pocheisen, Pochsohlen<lb/>
und Kugeln, das waren die ersten Guſswaren, die man auch da her-<lb/>
stellen konnte, wo das Eisen durchaus nicht den Anforderungen eines<lb/>
guten Gieſsereieisens entsprach. Der Meister oder Massenbläser stellte<lb/>
die Formen dazu selbst dar und man leitete beim Abstechen das<lb/>
flüssige Metall durch Rinnen den Formen zu, die nicht weit vom<lb/>
Stichloche, neben dem Flossenbette, angebracht waren. Erfahrungen<lb/>
führten zum Fortschritte und bald lernte man die Vorzüge des bei<lb/>
gröſserer Hitze erblasenen grauen Eisens für die Gieſserei erkennen.<lb/>
Man trachtete danach, feinere Guſswaren herzustellen, zunächst für<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[268/0288]
Die Eisengieſserei im 16. Jahrhundert.
bar galt. Nun könnte man einwenden, daſs Schmiedeeisen in Be-
rührung mit Kohle in hoher Temperatur Kohlenstoff aufnimmt und
zuletzt in den Zustand des leicht schmelzbaren Roheisens übergeht.
Aber auch dieses ist so schwer schmelzbar, daſs es in nennenswerten
Quantitäten, wie es zu einem auch kleinen Guſsstück erforderlich ist,
auch die Folles taurini des Vulkan wohl kaum schmelzen konnten.
Dabei hat das Eisen noch andere Eigenschaften, die seiner Ver-
wendung als Guſsmetall im Wege standen. Das weiſse Eisen schwindet
so stark, daſs es kaum die Form richtig ausfüllt. Dabei ist es spröde
und in dünnen Stücken gegossen so zerbrechlich, daſs es für den
praktischen Gebrauch untauglich ist. Das graue Eisen, welches für
die Gieſserei allein verwendbar ist, erfordert zu seiner Darstellung
und zum Umschmelzen eine noch höhere Temperatur als das weiſse
und ist nur, wenn es noch beträchtlich über seinen Schmelzpunkt er-
hitzt ist, so dünnflüssig, daſs es sich für dünnwandige Guſsstücke
eignet. Solche allein aber erstrebten die Gieſser des Altertums; für
Massenguſs, grobe Guſsstücke, war kein Bedarf. — Dies alles macht
es leicht erklärlich, warum die Alten den Eisenguſs nicht kannten
und nicht anwendeten.
Anders wurden die Verhältnisse, als man anfing, die ungemessene
Kraft des Wassers zum Bewegen der Blasebälge zu benutzen und
mit Hilfe stärkerer Bälge und höherer Öfen die Eisenerze aus-
schmolz. Da ergab sich flüssiges Roheisen von selbst; ursprünglich
ganz wider den Willen des Schmelzers; nachdem man aber die guten
Eigenschaften desſelben kennen und zu verwerten gelernt hatte, ver-
schmolz man die Erze mit Absicht auf Roheisen allein. Zu diesen
guten Eigenschaften gehörte auch die, daſs sich Guſswaren daraus
herstellen lieſsen.
Allerdings vermochte man ursprünglich nur die allergröbsten Stücke
zu gieſsen, denn das Eisen kam kalt aus dem Ofen, floſs träge und
war in der Regel weiſs. Blöcke für Amboſse, Pocheisen, Pochsohlen
und Kugeln, das waren die ersten Guſswaren, die man auch da her-
stellen konnte, wo das Eisen durchaus nicht den Anforderungen eines
guten Gieſsereieisens entsprach. Der Meister oder Massenbläser stellte
die Formen dazu selbst dar und man leitete beim Abstechen das
flüssige Metall durch Rinnen den Formen zu, die nicht weit vom
Stichloche, neben dem Flossenbette, angebracht waren. Erfahrungen
führten zum Fortschritte und bald lernte man die Vorzüge des bei
gröſserer Hitze erblasenen grauen Eisens für die Gieſserei erkennen.
Man trachtete danach, feinere Guſswaren herzustellen, zunächst für
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/288>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.