dass auch der Arme leben muss", waren vor etwa 50 Jahren die gangbarsten und beliebtesten am Mittelrhein.
In den Platten des 16. Jahrhunderts steckt dagegen wirklicher Kunstwert. Viele sind nach Zeichnungen von A. Dürer, H. Alde- grever, V. Solis und Jost Amman entworfen. Ob der letzt- genannte, welcher ebenso sehr als Formenschneider, wie als Kupfer- stecher berühmt war, selbst Modelle zu Platten geschnitten hat, ist nicht bekannt, aber es ist wahrscheinlich. Vielfach bezogen die Hüttenwerke ihre Plattenmodelle von berühmten Formenschneidern in den grossen Städten, z. B. die Siegerländer aus Köln. Ein solches Modell wurde oft jahrelang benutzt. So findet sich die oben be- schriebene Platte des Peter Sorge, die Enthauptung Johannis des Täufers darstellend, mit ganz verschiedenen Jahreszahlen. Ebenso verhielt es sich mit den Soldanschen Platten. So trägt die oben erwähnte Platte (Fig. 81) aus Schloss Spangenberg die Jahreszahl 1548. Dieselbe Platte befand sich an einem Ofen im Rathause zu Marburg, welcher 1542 aufgestellt wurde. Die Baurechnungen der Stadt Marburg aus diesem Jahre enthalten darüber folgende Einträge:
Item Suntags post Regum Eyn ysern Ofen in den Sail zu gyssen verdingt zu weinkauff mit dem Meister verthan V fl
Item freitags nach Oistern Meister philipps vf den ysern ofen zehen thayler (ausgestrichen) Zum ysern ofen Im Sail.
Item Meister philipps Soldan hait den ysern ofen gesetzt vnd gewehrt vermoge des gedungts vnd mit ysern done angestrichen Ime geben einen thailer, thut 1 Lb VI fl
Item dem vorgenannt Meister philipps ist XIII tage hin- gewest vnd vf die Murer müssen warten die steyne zu hawen Ime die cost geben II gulden, thut 1 Lb X fl
Item nachdem der meister X tage vf die steyne gewartet Ime vor sein verseumnus geben 1 Lb III fl
Ausserdem fand sich auf einem der Baurechnung beigefügten Zettel folgende Notiz: der Ofen soll "9 Viertel (Elle?) hoch und un- gefähr 26 Ctr. Breilsgewicht schwer sein, der Centner für 1 Thlr. 8 Albus und 1 Gulden Landwehr berechnet, mit zwei Füssen und mit den Bildnissen auf der einen Seite die Schöpfung Adams und Evas und an der andern Seite wie Christus der Schlange den Kopf zer- tritt, verziert".
Beliebte Modelle wurden aber nicht nur jahrelang benutzt und geflickt, sondern sie wurden auch von neuem nachgeschnitten. So
Die Eisengieſserei im 16. Jahrhundert.
daſs auch der Arme leben muſs“, waren vor etwa 50 Jahren die gangbarsten und beliebtesten am Mittelrhein.
In den Platten des 16. Jahrhunderts steckt dagegen wirklicher Kunstwert. Viele sind nach Zeichnungen von A. Dürer, H. Alde- grever, V. Solis und Jost Amman entworfen. Ob der letzt- genannte, welcher ebenso sehr als Formenschneider, wie als Kupfer- stecher berühmt war, selbst Modelle zu Platten geschnitten hat, ist nicht bekannt, aber es ist wahrscheinlich. Vielfach bezogen die Hüttenwerke ihre Plattenmodelle von berühmten Formenschneidern in den groſsen Städten, z. B. die Siegerländer aus Köln. Ein solches Modell wurde oft jahrelang benutzt. So findet sich die oben be- schriebene Platte des Peter Sorge, die Enthauptung Johannis des Täufers darstellend, mit ganz verschiedenen Jahreszahlen. Ebenso verhielt es sich mit den Soldanschen Platten. So trägt die oben erwähnte Platte (Fig. 81) aus Schloſs Spangenberg die Jahreszahl 1548. Dieselbe Platte befand sich an einem Ofen im Rathause zu Marburg, welcher 1542 aufgestellt wurde. Die Baurechnungen der Stadt Marburg aus diesem Jahre enthalten darüber folgende Einträge:
Item Suntags post Regum Eyn ysern Ofen in den Sail zu gyſsen verdingt zu weinkauff mit dem Meister verthan V fl
Item freitags nach Oistern Meister philipps vf den ysern ofen zehen thayler (ausgestrichen) Zum ysern ofen Im Sail.
Item Meister philipps Soldan hait den ysern ofen gesetzt vnd gewehrt vermoge des gedungts vnd mit ysern done angestrichen Ime geben einen thailer, thut 1 ℔ VI fl
Item dem vorgenannt Meister philipps ist XIII tage hin- gewest vnd vf die Murer müssen warten die steyne zu hawen Ime die cost geben II gulden, thut 1 ℔ X fl
Item nachdem der meister X tage vf die steyne gewartet Ime vor sein verseumnus geben 1 ℔ III fl
Auſserdem fand sich auf einem der Baurechnung beigefügten Zettel folgende Notiz: der Ofen soll „9 Viertel (Elle?) hoch und un- gefähr 26 Ctr. Breilsgewicht schwer sein, der Centner für 1 Thlr. 8 Albus und 1 Gulden Landwehr berechnet, mit zwei Füſsen und mit den Bildnissen auf der einen Seite die Schöpfung Adams und Evas und an der andern Seite wie Christus der Schlange den Kopf zer- tritt, verziert“.
Beliebte Modelle wurden aber nicht nur jahrelang benutzt und geflickt, sondern sie wurden auch von neuem nachgeschnitten. So
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0326"n="306"/><fwplace="top"type="header">Die Eisengieſserei im 16. Jahrhundert.</fw><lb/>
daſs auch der Arme leben muſs“, waren vor etwa 50 Jahren die<lb/>
gangbarsten und beliebtesten am Mittelrhein.</p><lb/><p>In den Platten des 16. Jahrhunderts steckt dagegen wirklicher<lb/>
Kunstwert. Viele sind nach Zeichnungen von A. <hirendition="#g">Dürer</hi>, H. <hirendition="#g">Alde-<lb/>
grever</hi>, V. <hirendition="#g">Solis</hi> und <hirendition="#g">Jost Amman</hi> entworfen. Ob der letzt-<lb/>
genannte, welcher ebenso sehr als Formenschneider, wie als Kupfer-<lb/>
stecher berühmt war, selbst Modelle zu Platten geschnitten hat, ist<lb/>
nicht bekannt, aber es ist wahrscheinlich. Vielfach bezogen die<lb/>
Hüttenwerke ihre Plattenmodelle von berühmten Formenschneidern<lb/>
in den groſsen Städten, z. B. die Siegerländer aus Köln. Ein solches<lb/>
Modell wurde oft jahrelang benutzt. So findet sich die oben be-<lb/>
schriebene Platte des <hirendition="#g">Peter Sorge</hi>, die Enthauptung Johannis des<lb/>
Täufers darstellend, mit ganz verschiedenen Jahreszahlen. Ebenso<lb/>
verhielt es sich mit den <hirendition="#g">Soldans</hi>chen Platten. So trägt die oben<lb/>
erwähnte Platte (Fig. 81) aus Schloſs Spangenberg die Jahreszahl<lb/>
1548. Dieselbe Platte befand sich an einem Ofen im Rathause zu<lb/>
Marburg, welcher 1542 aufgestellt wurde. Die Baurechnungen der<lb/>
Stadt Marburg aus diesem Jahre enthalten darüber folgende Einträge:</p><lb/><list><item>Item Suntags post Regum Eyn ysern Ofen in den Sail zu<lb/>
gyſsen verdingt zu weinkauff mit dem Meister verthan <spacedim="horizontal"/> V <hirendition="#fr">fl</hi></item><lb/><item>Item freitags nach Oistern Meister philipps vf den ysern<lb/>
ofen zehen thayler (ausgestrichen) Zum ysern ofen<lb/>
Im Sail.</item><lb/><item>Item Meister philipps Soldan hait den ysern ofen gesetzt<lb/>
vnd gewehrt vermoge des gedungts vnd mit ysern<lb/>
done angestrichen Ime geben einen thailer, thut <spacedim="horizontal"/> 1 ℔ VI <hirendition="#fr">fl</hi></item><lb/><item>Item dem vorgenannt Meister philipps ist XIII tage hin-<lb/>
gewest vnd vf die Murer müssen warten die steyne zu<lb/>
hawen Ime die cost geben II gulden, thut <spacedim="horizontal"/> 1 ℔ X <hirendition="#fr">fl</hi></item><lb/><item>Item nachdem der meister X tage vf die steyne gewartet<lb/>
Ime vor sein verseumnus geben <spacedim="horizontal"/> 1 ℔ III <hirendition="#fr">fl</hi></item></list><lb/><p>Auſserdem fand sich auf einem der Baurechnung beigefügten<lb/>
Zettel folgende Notiz: der Ofen soll „9 Viertel (Elle?) hoch und un-<lb/>
gefähr 26 Ctr. Breilsgewicht schwer sein, der Centner für 1 Thlr.<lb/>
8 Albus und 1 Gulden Landwehr berechnet, mit zwei Füſsen und mit<lb/>
den Bildnissen auf der einen Seite die Schöpfung Adams und Evas<lb/>
und an der andern Seite wie Christus der Schlange den Kopf zer-<lb/>
tritt, verziert“.</p><lb/><p>Beliebte Modelle wurden aber nicht nur jahrelang benutzt und<lb/>
geflickt, sondern sie wurden auch von neuem nachgeschnitten. So<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[306/0326]
Die Eisengieſserei im 16. Jahrhundert.
daſs auch der Arme leben muſs“, waren vor etwa 50 Jahren die
gangbarsten und beliebtesten am Mittelrhein.
In den Platten des 16. Jahrhunderts steckt dagegen wirklicher
Kunstwert. Viele sind nach Zeichnungen von A. Dürer, H. Alde-
grever, V. Solis und Jost Amman entworfen. Ob der letzt-
genannte, welcher ebenso sehr als Formenschneider, wie als Kupfer-
stecher berühmt war, selbst Modelle zu Platten geschnitten hat, ist
nicht bekannt, aber es ist wahrscheinlich. Vielfach bezogen die
Hüttenwerke ihre Plattenmodelle von berühmten Formenschneidern
in den groſsen Städten, z. B. die Siegerländer aus Köln. Ein solches
Modell wurde oft jahrelang benutzt. So findet sich die oben be-
schriebene Platte des Peter Sorge, die Enthauptung Johannis des
Täufers darstellend, mit ganz verschiedenen Jahreszahlen. Ebenso
verhielt es sich mit den Soldanschen Platten. So trägt die oben
erwähnte Platte (Fig. 81) aus Schloſs Spangenberg die Jahreszahl
1548. Dieselbe Platte befand sich an einem Ofen im Rathause zu
Marburg, welcher 1542 aufgestellt wurde. Die Baurechnungen der
Stadt Marburg aus diesem Jahre enthalten darüber folgende Einträge:
Item Suntags post Regum Eyn ysern Ofen in den Sail zu
gyſsen verdingt zu weinkauff mit dem Meister verthan V fl
Item freitags nach Oistern Meister philipps vf den ysern
ofen zehen thayler (ausgestrichen) Zum ysern ofen
Im Sail.
Item Meister philipps Soldan hait den ysern ofen gesetzt
vnd gewehrt vermoge des gedungts vnd mit ysern
done angestrichen Ime geben einen thailer, thut 1 ℔ VI fl
Item dem vorgenannt Meister philipps ist XIII tage hin-
gewest vnd vf die Murer müssen warten die steyne zu
hawen Ime die cost geben II gulden, thut 1 ℔ X fl
Item nachdem der meister X tage vf die steyne gewartet
Ime vor sein verseumnus geben 1 ℔ III fl
Auſserdem fand sich auf einem der Baurechnung beigefügten
Zettel folgende Notiz: der Ofen soll „9 Viertel (Elle?) hoch und un-
gefähr 26 Ctr. Breilsgewicht schwer sein, der Centner für 1 Thlr.
8 Albus und 1 Gulden Landwehr berechnet, mit zwei Füſsen und mit
den Bildnissen auf der einen Seite die Schöpfung Adams und Evas
und an der andern Seite wie Christus der Schlange den Kopf zer-
tritt, verziert“.
Beliebte Modelle wurden aber nicht nur jahrelang benutzt und
geflickt, sondern sie wurden auch von neuem nachgeschnitten. So
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/326>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.