geschichte. Oben rechts sieht man das Abendmahl und die Fuss- waschung, das Hauptbild in der Mitte stellt die Gefangennehmung und das Gebet am Ölberge dar. Unten erblickt man die Geisselung und den Gang nach Golgatha.
Den eisernen Ofen im Rathaussaale zu Rapperswyl hat Lübke beschrieben 1):
"Der Ofen ist von kolossaler Grösse und besteht aus einem länglich viereckigen Unterbau, nach vorn mit dreiseitiger Polygon- bildung abgeschlossen, und aus einem beträchtlich zurücktretenden sechseckigen Oberbau mit zwei breiten, parallelen Hauptflächen und vier Diagonalseiten. Am Unterbau enthält jede der beiden Lang- seiten zwei obere und zwei untere Bildfelder, die durch blatt- geschmückte Rundstäbe getrennt werden. Es sind figurenreiche, mit landschaftlichen und architektonischen Gründen überfüllte Darstel- lungen, meistens bewegte Szenen, ganz im Kostüm der Zeit Kaiser Maximilians und in einem Stile, der Einwirkungen Holbeinscher Kunst verrät. ... Man erkennt Salomos Urteil und Daniel in der Löwengrube, alles im Kostüme des 16. Jahrhunderts. An den Schräg- seiten sieht man die Wappen von Uri, St. Gallen und das von Rapperswyl mit den beiden Rosen, vom Reichsadler beschützt. Am Oberbau sind an den Schmalseiten die beiden Johannes, der Täufer und der Evangelist, sodann der heil. Märtyrer Felix und Regula, ihren abgehauenen Kopf in den Händen tragend, dargestellt. Vor den beiden grösseren Feldern zeigt das eine den thronenden Weltrichter mit den Fürbittern Maria und Johannes, unten eine Schar bärtiger Männer in Mänteln. Dabei die Inschrift: Non consideres personam pauperis nec potentis sed juste judica proximo tuo quia ego sum judex et testis dicit dominus. Das andere Feld wird durch die Figur eines Bannerträgers mit der Fahne von Rapperswyl ausgefüllt. Unter ihm ein Krummstab mit dem Buchstaben C und der Jahres- zahl 1572. Dies Datum ist auffallend spät für den Stil und Kostüm- charakter der unteren Darstellungen, die ausserdem viel besser sind, als die plumpen, schlecht gezeichneten und flau drapierten Figuren des Oberbaues. Es scheint, man habe hier nach älteren Modellen gearbeitet und aus eigener geringer Kraft dann das Obere hinzu- gesetzt.
Die grösseren Platten waren sehr oft in Felder geteilt, welche mit verschiedenen Darstellungen, die ein gemeinsamer Gedanke ver-
1) Siehe W. Lübke, "Über alte Öfen in der Schweiz" in den Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Bd. XV, S. 168.
Die Eisengieſserei im 16. Jahrhundert.
geschichte. Oben rechts sieht man das Abendmahl und die Fuſs- waschung, das Hauptbild in der Mitte stellt die Gefangennehmung und das Gebet am Ölberge dar. Unten erblickt man die Geiſselung und den Gang nach Golgatha.
Den eisernen Ofen im Rathaussaale zu Rapperswyl hat Lübke beschrieben 1):
„Der Ofen ist von kolossaler Gröſse und besteht aus einem länglich viereckigen Unterbau, nach vorn mit dreiseitiger Polygon- bildung abgeschlossen, und aus einem beträchtlich zurücktretenden sechseckigen Oberbau mit zwei breiten, parallelen Hauptflächen und vier Diagonalseiten. Am Unterbau enthält jede der beiden Lang- seiten zwei obere und zwei untere Bildfelder, die durch blatt- geschmückte Rundstäbe getrennt werden. Es sind figurenreiche, mit landschaftlichen und architektonischen Gründen überfüllte Darstel- lungen, meistens bewegte Szenen, ganz im Kostüm der Zeit Kaiser Maximilians und in einem Stile, der Einwirkungen Holbeinscher Kunst verrät. … Man erkennt Salomos Urteil und Daniel in der Löwengrube, alles im Kostüme des 16. Jahrhunderts. An den Schräg- seiten sieht man die Wappen von Uri, St. Gallen und das von Rapperswyl mit den beiden Rosen, vom Reichsadler beschützt. Am Oberbau sind an den Schmalseiten die beiden Johannes, der Täufer und der Evangelist, sodann der heil. Märtyrer Felix und Regula, ihren abgehauenen Kopf in den Händen tragend, dargestellt. Vor den beiden gröſseren Feldern zeigt das eine den thronenden Weltrichter mit den Fürbittern Maria und Johannes, unten eine Schar bärtiger Männer in Mänteln. Dabei die Inschrift: Non consideres personam pauperis nec potentis sed juste judica proximo tuo quia ego sum judex et testis dicit dominus. Das andere Feld wird durch die Figur eines Bannerträgers mit der Fahne von Rapperswyl ausgefüllt. Unter ihm ein Krummstab mit dem Buchstaben C und der Jahres- zahl 1572. Dies Datum ist auffallend spät für den Stil und Kostüm- charakter der unteren Darstellungen, die auſserdem viel besser sind, als die plumpen, schlecht gezeichneten und flau drapierten Figuren des Oberbaues. Es scheint, man habe hier nach älteren Modellen gearbeitet und aus eigener geringer Kraft dann das Obere hinzu- gesetzt.
Die gröſseren Platten waren sehr oft in Felder geteilt, welche mit verschiedenen Darstellungen, die ein gemeinsamer Gedanke ver-
1) Siehe W. Lübke, „Über alte Öfen in der Schweiz“ in den Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Bd. XV, S. 168.
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Die Eisengieſserei im 16. Jahrhundert.
geschichte. Oben rechts sieht man das Abendmahl und die Fuſs-
waschung, das Hauptbild in der Mitte stellt die Gefangennehmung
und das Gebet am Ölberge dar. Unten erblickt man die Geiſselung
und den Gang nach Golgatha.
Den eisernen Ofen im Rathaussaale zu Rapperswyl hat Lübke
beschrieben 1):
„Der Ofen ist von kolossaler Gröſse und besteht aus einem
länglich viereckigen Unterbau, nach vorn mit dreiseitiger Polygon-
bildung abgeschlossen, und aus einem beträchtlich zurücktretenden
sechseckigen Oberbau mit zwei breiten, parallelen Hauptflächen und
vier Diagonalseiten. Am Unterbau enthält jede der beiden Lang-
seiten zwei obere und zwei untere Bildfelder, die durch blatt-
geschmückte Rundstäbe getrennt werden. Es sind figurenreiche, mit
landschaftlichen und architektonischen Gründen überfüllte Darstel-
lungen, meistens bewegte Szenen, ganz im Kostüm der Zeit Kaiser
Maximilians und in einem Stile, der Einwirkungen Holbeinscher
Kunst verrät. … Man erkennt Salomos Urteil und Daniel in der
Löwengrube, alles im Kostüme des 16. Jahrhunderts. An den Schräg-
seiten sieht man die Wappen von Uri, St. Gallen und das von
Rapperswyl mit den beiden Rosen, vom Reichsadler beschützt. Am
Oberbau sind an den Schmalseiten die beiden Johannes, der Täufer
und der Evangelist, sodann der heil. Märtyrer Felix und Regula,
ihren abgehauenen Kopf in den Händen tragend, dargestellt. Vor den
beiden gröſseren Feldern zeigt das eine den thronenden Weltrichter
mit den Fürbittern Maria und Johannes, unten eine Schar bärtiger
Männer in Mänteln. Dabei die Inschrift: Non consideres personam
pauperis nec potentis sed juste judica proximo tuo quia ego sum
judex et testis dicit dominus. Das andere Feld wird durch die
Figur eines Bannerträgers mit der Fahne von Rapperswyl ausgefüllt.
Unter ihm ein Krummstab mit dem Buchstaben C und der Jahres-
zahl 1572. Dies Datum ist auffallend spät für den Stil und Kostüm-
charakter der unteren Darstellungen, die auſserdem viel besser sind,
als die plumpen, schlecht gezeichneten und flau drapierten Figuren
des Oberbaues. Es scheint, man habe hier nach älteren Modellen
gearbeitet und aus eigener geringer Kraft dann das Obere hinzu-
gesetzt.
Die gröſseren Platten waren sehr oft in Felder geteilt, welche
mit verschiedenen Darstellungen, die ein gemeinsamer Gedanke ver-
1) Siehe W. Lübke, „Über alte Öfen in der Schweiz“ in den Mitteilungen der
Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Bd. XV, S. 168.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/333>, abgerufen am 28.11.2024.
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