pherie des Steines, so dass der Schleifer gerade über dem Stein sass und das quer über dem Stein liegende Rohr mit beiden Händen auf- drückte. Vor Einführung der Drehbänke erhielten die Rohre allein durch das Schleifen ihre richtige äussere Gestalt, weshalb der Schleifer fortwährend mit seiner Leere nachmessen musste. Hatte es die vor- geschriebenen Dimensionen, so wurde es noch einmal der Länge nach abgeschliffen oder "abgelängt".
Die Gewehrfabriken zu Suhl, zu Ferlach in Kärnten, dessen Ge- wehrindustrie 1558 von Ferdinand I. gegründet worden war, wie auch zu Lüttich stellten hauptsächlich die gewöhnlichen Militärgewehre dar. Bessere Büchsen, Pistolen und Luxusgewehre verfertigten nach wie vor die Büchsenschmiede in den grossen Städten und da mit der- artigen Feuerwaffen grosser Aufwand im 16. Jahrhundert getrieben wurde, so gab es auch viele ausgezeichnete Büchsenschmiede. Des grössten Rufes nicht nur in Deutschland, sondern in Europa, denn Deutschland nahm auch in der Herstellung der Handfeuerwaffen die erste Stelle ein, erfreuten sich die Büchsenschmiede in Nürnberg, Augsburg und Dresden. Viele Waffensammlungen enthalten herr- liche Schiessgewehre aus jener Zeit. Das königliche Museum in Dresden enthält die reichste und schönste Sammlung der Art.
Berühmte Büchsenschmiede waren die schon erwähnten Wolf Danner und Johann Kuhfuss zu Nürnberg, im Anfang des 16. Jahrhunderts. Von ersterem berichtet sein Landsmann und Zeit- genosse Johann Neudorfer 1547: "die Rohre an denen Hand- büchsen von Eisen zu schmidten und darauf dieselben auszubohren und abzurichten, ist dieser Meister in grossem Ruhm und wurde vor allen andern gelobet, wie denn auch an den Büchsen, darauf sein Zeichen und Namen allerweg eingesenkt ist zu sehen" 1).
In Augsburg wurden im Jahre 1517 Radbüchsen gemacht und 1553 rühmten sich die Augsburger Büchsenmeister, dass ihre Arbeiten den Nürnbergischen an Güte und Sauberkeit weit vorgingen. Diese wurden ebenfalls geschaut und auf dem Rohr und dem Schloss mit dem "Stadtpyr" bezeichnet. 1590 schrieb Erzherzog Ferdinand an die Stadt wegen Büchsenmeister für Spanien 2). Gegen Ende des Jahrhunderts lebte eine ganze Anzahl berühmter Meister in Dresden, wohin sie durch Kurfürst August, den Gründer des historischen Museums (1560), der ein leidenschaftlicher Waffenliebhaber war,
1) Siehe Joh. Neudorfer, Nachrichten von den vornehmsten Künstlern und Werkleuten u. s. w. Nürnberg anno 1547, ed. Lochner, S. 82.
2) Siehe v. Stetten, a. a. O., S. 200.
Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
pherie des Steines, so daſs der Schleifer gerade über dem Stein saſs und das quer über dem Stein liegende Rohr mit beiden Händen auf- drückte. Vor Einführung der Drehbänke erhielten die Rohre allein durch das Schleifen ihre richtige äuſsere Gestalt, weshalb der Schleifer fortwährend mit seiner Leere nachmessen muſste. Hatte es die vor- geschriebenen Dimensionen, so wurde es noch einmal der Länge nach abgeschliffen oder „abgelängt“.
Die Gewehrfabriken zu Suhl, zu Ferlach in Kärnten, dessen Ge- wehrindustrie 1558 von Ferdinand I. gegründet worden war, wie auch zu Lüttich stellten hauptsächlich die gewöhnlichen Militärgewehre dar. Bessere Büchsen, Pistolen und Luxusgewehre verfertigten nach wie vor die Büchsenschmiede in den groſsen Städten und da mit der- artigen Feuerwaffen groſser Aufwand im 16. Jahrhundert getrieben wurde, so gab es auch viele ausgezeichnete Büchsenschmiede. Des gröſsten Rufes nicht nur in Deutschland, sondern in Europa, denn Deutschland nahm auch in der Herstellung der Handfeuerwaffen die erste Stelle ein, erfreuten sich die Büchsenschmiede in Nürnberg, Augsburg und Dresden. Viele Waffensammlungen enthalten herr- liche Schieſsgewehre aus jener Zeit. Das königliche Museum in Dresden enthält die reichste und schönste Sammlung der Art.
Berühmte Büchsenschmiede waren die schon erwähnten Wolf Danner und Johann Kuhfuſs zu Nürnberg, im Anfang des 16. Jahrhunderts. Von ersterem berichtet sein Landsmann und Zeit- genosse Johann Neudorfer 1547: „die Rohre an denen Hand- büchsen von Eisen zu schmidten und darauf dieselben auszubohren und abzurichten, ist dieser Meister in groſsem Ruhm und wurde vor allen andern gelobet, wie denn auch an den Büchsen, darauf sein Zeichen und Namen allerweg eingesenkt ist zu sehen“ 1).
In Augsburg wurden im Jahre 1517 Radbüchsen gemacht und 1553 rühmten sich die Augsburger Büchsenmeister, daſs ihre Arbeiten den Nürnbergischen an Güte und Sauberkeit weit vorgingen. Diese wurden ebenfalls geschaut und auf dem Rohr und dem Schloſs mit dem „Stadtpyr“ bezeichnet. 1590 schrieb Erzherzog Ferdinand an die Stadt wegen Büchsenmeister für Spanien 2). Gegen Ende des Jahrhunderts lebte eine ganze Anzahl berühmter Meister in Dresden, wohin sie durch Kurfürst August, den Gründer des historischen Museums (1560), der ein leidenschaftlicher Waffenliebhaber war,
1) Siehe Joh. Neudorfer, Nachrichten von den vornehmsten Künstlern und Werkleuten u. s. w. Nürnberg anno 1547, ed. Lochner, S. 82.
2) Siehe v. Stetten, a. a. O., S. 200.
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Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
pherie des Steines, so daſs der Schleifer gerade über dem Stein saſs
und das quer über dem Stein liegende Rohr mit beiden Händen auf-
drückte. Vor Einführung der Drehbänke erhielten die Rohre allein
durch das Schleifen ihre richtige äuſsere Gestalt, weshalb der Schleifer
fortwährend mit seiner Leere nachmessen muſste. Hatte es die vor-
geschriebenen Dimensionen, so wurde es noch einmal der Länge nach
abgeschliffen oder „abgelängt“.
Die Gewehrfabriken zu Suhl, zu Ferlach in Kärnten, dessen Ge-
wehrindustrie 1558 von Ferdinand I. gegründet worden war, wie auch
zu Lüttich stellten hauptsächlich die gewöhnlichen Militärgewehre
dar. Bessere Büchsen, Pistolen und Luxusgewehre verfertigten nach
wie vor die Büchsenschmiede in den groſsen Städten und da mit der-
artigen Feuerwaffen groſser Aufwand im 16. Jahrhundert getrieben
wurde, so gab es auch viele ausgezeichnete Büchsenschmiede. Des
gröſsten Rufes nicht nur in Deutschland, sondern in Europa, denn
Deutschland nahm auch in der Herstellung der Handfeuerwaffen die
erste Stelle ein, erfreuten sich die Büchsenschmiede in Nürnberg,
Augsburg und Dresden. Viele Waffensammlungen enthalten herr-
liche Schieſsgewehre aus jener Zeit. Das königliche Museum in
Dresden enthält die reichste und schönste Sammlung der Art.
Berühmte Büchsenschmiede waren die schon erwähnten Wolf
Danner und Johann Kuhfuſs zu Nürnberg, im Anfang des
16. Jahrhunderts. Von ersterem berichtet sein Landsmann und Zeit-
genosse Johann Neudorfer 1547: „die Rohre an denen Hand-
büchsen von Eisen zu schmidten und darauf dieselben auszubohren
und abzurichten, ist dieser Meister in groſsem Ruhm und wurde vor
allen andern gelobet, wie denn auch an den Büchsen, darauf sein
Zeichen und Namen allerweg eingesenkt ist zu sehen“ 1).
In Augsburg wurden im Jahre 1517 Radbüchsen gemacht und
1553 rühmten sich die Augsburger Büchsenmeister, daſs ihre Arbeiten
den Nürnbergischen an Güte und Sauberkeit weit vorgingen. Diese
wurden ebenfalls geschaut und auf dem Rohr und dem Schloſs mit
dem „Stadtpyr“ bezeichnet. 1590 schrieb Erzherzog Ferdinand an
die Stadt wegen Büchsenmeister für Spanien 2). Gegen Ende des
Jahrhunderts lebte eine ganze Anzahl berühmter Meister in Dresden,
wohin sie durch Kurfürst August, den Gründer des historischen
Museums (1560), der ein leidenschaftlicher Waffenliebhaber war,
1) Siehe Joh. Neudorfer, Nachrichten von den vornehmsten Künstlern und
Werkleuten u. s. w. Nürnberg anno 1547, ed. Lochner, S. 82.
2) Siehe v. Stetten, a. a. O., S. 200.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/464>, abgerufen am 22.11.2024.
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