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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Der Oberharz.

Zur Landesverteidigung schuf er eine Landwehr, wofür einem
Jeden nach seinem Vermögen die Waffen vorgeschrieben wurden. Mit
diesen hatte derselbe auf dem Landgerichte zu erscheinen und nach
Schluss der Gerichtssitzung sich mustern zu lassen. Die Bauern wur-
den von ihren Vögten oder alten Kriegsleuten einexerziert. Sie
mussten ihre Waffen vorzeigen, dass sie dieselben nicht "verpartieret"
hatten, und der Herzog liess billige Gewehre anfertigen, die mit
7/4 Ellen langem Lauf, geschäftet und garniert nur 2 Thaler kosteten.
Alle waren bei Strafe gebunden, wenn die Sturmglocke geläutet wurde,
mit ihrer Wehr gerüstet zu erscheinen.

Wie für Ordnung und Sicherheit, so sorgte Herzog Julius nicht
minder eifrig für die materielle Wohlfahrt seines Landes, und hierfür
bewies er eine hervorragende Begabung. Den Hauptnahrungsquellen
des Harzes, dem Walde und den unterirdischen Schätzen, widmete er
seine besondere Fürsorge. Der Betrieb beider hing eng zusammen
und ist im Harze auch immer als etwas Zusammengehöriges behandelt
worden.

Der Wald war im Harze der vornehmste Besitz. Jagd und Wild-
bann standen den Kaisern aus sächsischem Geschlechte zu, von denen
es an die Hohenstaufen überging. Der Waldbesitz dagegen stand im
Mittelalter Freien zu, Waldworchten, Waldwerken, silvani, auch die
weisen Waldleute genannt, die in hohem Ansehen standen. Diese
standen mit den Schmelzhütten in enger Beziehung und waren häufig
die Besitzer derselben (Bd. I, S. 765), und so treten, nachdem der Name
der Waldwerken gegen Ende des 15. Jahrhunderts verschwindet, die
Hüttenherren an deren Stelle. Bereits 1252 wurde ein Waldrecht (wolte-
recht) für den Harz erlassen, nachdem Kaiser Friedrich II. 1219 schon
gewisse Privilegien erteilt hatte. Dieses erste Waldrecht ist leider
verloren gegangen. Die älteste noch vorhandene Forstordnung wurde
1274 von Herzog Albrecht dem Grossen publiziert. Danach mussten
die Waldleute "Schlagschatz und Kupferzoll" geben, sie besassen also
Metallhütten. Die gesetzgeberische Thätigkeit ruhte in den folgenden
Jahrhunderten. Erst Heinrich der Jüngere sah sich veranlasst, der
Erhaltung der Harzwälder seine Fürsorge zuzuwenden, zunächst durch
einen Erlass vom Jahre 1535, alsdann durch die Forstordnung von
1547. Dieselbe bezieht sich hauptsächlich auf das "überhand-
genommene, widerrechtliche Abhauen und Niederschlagen der Hölzer
in den Harzforsten", auf die Schonung der jungen Bäume, auf die
Hut und Trift des Viehes in den Forsten, das Führen von Hunden etc.
und die Strafen dafür. Noch grössere Sorgfalt wendete Herzog Julius

Der Oberharz.

Zur Landesverteidigung schuf er eine Landwehr, wofür einem
Jeden nach seinem Vermögen die Waffen vorgeschrieben wurden. Mit
diesen hatte derselbe auf dem Landgerichte zu erscheinen und nach
Schluſs der Gerichtssitzung sich mustern zu lassen. Die Bauern wur-
den von ihren Vögten oder alten Kriegsleuten einexerziert. Sie
muſsten ihre Waffen vorzeigen, daſs sie dieselben nicht „verpartieret“
hatten, und der Herzog lieſs billige Gewehre anfertigen, die mit
7/4 Ellen langem Lauf, geschäftet und garniert nur 2 Thaler kosteten.
Alle waren bei Strafe gebunden, wenn die Sturmglocke geläutet wurde,
mit ihrer Wehr gerüstet zu erscheinen.

Wie für Ordnung und Sicherheit, so sorgte Herzog Julius nicht
minder eifrig für die materielle Wohlfahrt seines Landes, und hierfür
bewies er eine hervorragende Begabung. Den Hauptnahrungsquellen
des Harzes, dem Walde und den unterirdischen Schätzen, widmete er
seine besondere Fürsorge. Der Betrieb beider hing eng zusammen
und ist im Harze auch immer als etwas Zusammengehöriges behandelt
worden.

Der Wald war im Harze der vornehmste Besitz. Jagd und Wild-
bann standen den Kaisern aus sächsischem Geschlechte zu, von denen
es an die Hohenstaufen überging. Der Waldbesitz dagegen stand im
Mittelalter Freien zu, Waldworchten, Waldwerken, silvani, auch die
weisen Waldleute genannt, die in hohem Ansehen standen. Diese
standen mit den Schmelzhütten in enger Beziehung und waren häufig
die Besitzer derselben (Bd. I, S. 765), und so treten, nachdem der Name
der Waldwerken gegen Ende des 15. Jahrhunderts verschwindet, die
Hüttenherren an deren Stelle. Bereits 1252 wurde ein Waldrecht (wolte-
recht) für den Harz erlassen, nachdem Kaiser Friedrich II. 1219 schon
gewisse Privilegien erteilt hatte. Dieses erste Waldrecht ist leider
verloren gegangen. Die älteste noch vorhandene Forstordnung wurde
1274 von Herzog Albrecht dem Groſsen publiziert. Danach muſsten
die Waldleute „Schlagschatz und Kupferzoll“ geben, sie besaſsen also
Metallhütten. Die gesetzgeberische Thätigkeit ruhte in den folgenden
Jahrhunderten. Erst Heinrich der Jüngere sah sich veranlaſst, der
Erhaltung der Harzwälder seine Fürsorge zuzuwenden, zunächst durch
einen Erlaſs vom Jahre 1535, alsdann durch die Forstordnung von
1547. Dieselbe bezieht sich hauptsächlich auf das „überhand-
genommene, widerrechtliche Abhauen und Niederschlagen der Hölzer
in den Harzforsten“, auf die Schonung der jungen Bäume, auf die
Hut und Trift des Viehes in den Forsten, das Führen von Hunden etc.
und die Strafen dafür. Noch gröſsere Sorgfalt wendete Herzog Julius

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[779/0799] Der Oberharz. Zur Landesverteidigung schuf er eine Landwehr, wofür einem Jeden nach seinem Vermögen die Waffen vorgeschrieben wurden. Mit diesen hatte derselbe auf dem Landgerichte zu erscheinen und nach Schluſs der Gerichtssitzung sich mustern zu lassen. Die Bauern wur- den von ihren Vögten oder alten Kriegsleuten einexerziert. Sie muſsten ihre Waffen vorzeigen, daſs sie dieselben nicht „verpartieret“ hatten, und der Herzog lieſs billige Gewehre anfertigen, die mit 7/4 Ellen langem Lauf, geschäftet und garniert nur 2 Thaler kosteten. Alle waren bei Strafe gebunden, wenn die Sturmglocke geläutet wurde, mit ihrer Wehr gerüstet zu erscheinen. Wie für Ordnung und Sicherheit, so sorgte Herzog Julius nicht minder eifrig für die materielle Wohlfahrt seines Landes, und hierfür bewies er eine hervorragende Begabung. Den Hauptnahrungsquellen des Harzes, dem Walde und den unterirdischen Schätzen, widmete er seine besondere Fürsorge. Der Betrieb beider hing eng zusammen und ist im Harze auch immer als etwas Zusammengehöriges behandelt worden. Der Wald war im Harze der vornehmste Besitz. Jagd und Wild- bann standen den Kaisern aus sächsischem Geschlechte zu, von denen es an die Hohenstaufen überging. Der Waldbesitz dagegen stand im Mittelalter Freien zu, Waldworchten, Waldwerken, silvani, auch die weisen Waldleute genannt, die in hohem Ansehen standen. Diese standen mit den Schmelzhütten in enger Beziehung und waren häufig die Besitzer derselben (Bd. I, S. 765), und so treten, nachdem der Name der Waldwerken gegen Ende des 15. Jahrhunderts verschwindet, die Hüttenherren an deren Stelle. Bereits 1252 wurde ein Waldrecht (wolte- recht) für den Harz erlassen, nachdem Kaiser Friedrich II. 1219 schon gewisse Privilegien erteilt hatte. Dieses erste Waldrecht ist leider verloren gegangen. Die älteste noch vorhandene Forstordnung wurde 1274 von Herzog Albrecht dem Groſsen publiziert. Danach muſsten die Waldleute „Schlagschatz und Kupferzoll“ geben, sie besaſsen also Metallhütten. Die gesetzgeberische Thätigkeit ruhte in den folgenden Jahrhunderten. Erst Heinrich der Jüngere sah sich veranlaſst, der Erhaltung der Harzwälder seine Fürsorge zuzuwenden, zunächst durch einen Erlaſs vom Jahre 1535, alsdann durch die Forstordnung von 1547. Dieselbe bezieht sich hauptsächlich auf das „überhand- genommene, widerrechtliche Abhauen und Niederschlagen der Hölzer in den Harzforsten“, auf die Schonung der jungen Bäume, auf die Hut und Trift des Viehes in den Forsten, das Führen von Hunden etc. und die Strafen dafür. Noch gröſsere Sorgfalt wendete Herzog Julius

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 779. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/799>, abgerufen am 22.11.2024.