wurde; das der Normandie, der Bretagne und von Perigord sei spröde. Die Schmelzöfen in der Champagne, Lothringen, Bretagne und Normandie seien ganz wie die Öfen von Lüttich, auch wären vor 20 und 30 Jahren (1703 bis 1713) noch lederne Bälge in Gebrauch gewesen. Die Produktion der Hochöfen betrüge 2000 bis 2500 Pfd. Roheisen den Tag, welches man in Gänzen von 1200 bis 1500 Pfd. Gewicht laufen liesse. Man verwende meist Kohlen von harten Hölzern. Ein neuer grosser Ofen von 25 Pariser (27 schwedischen) Fuss Höhe war zu Grossouvre, nicht weit von Allier, erbaut worden (s. S. 153). Die Bälge, welche nach Reaumur 8 Wechsel die Minute machten, lie- ferten 6552 Kubikzoll (? Cubulos) Luft in der Minute; zu 1000 Pfd. Eisen wurden 2 Tonnen Kohlen gebraucht; in 6 Tagen erhielt man 10 grosse Gänze (gueuzes).
Swedenborg berichtet, dass der Herzog von Nevers vor meh- reren (also wohl in den 20 er) Jahren, um den Guss eiserner Kanonen einzuführen, Arbeiter aus Schweden berufen habe. Als dieser erste Versuch misslungen sei, habe er englische Arbeiter kommen lassen und die Anlagen sehr erweitert. Swedenborg selbst habe 11 oder mehr Öfen gesehen, von denen einige Doppelöfen gewesen seien, welche man für die schwersten Geschütze gleichzeitig abstechen konnte. Es gäbe auch Öfen für Geschützguss in Angouleme, deren Geschütze nach Rochefort kämen, ferner in Burgund und an anderen Plätzen. Auch im äussersten Südwesten, im französischen Navarra, wo der Rennwerksbetrieb sonst vorherrschend war, befand sich bei Baigorry ein Hochofen für Kanonen- und Munitionsgiesserei, der aber vor 1785 wegen Mangel an Holzkohlen einging.
Die Erze für die Öfen des Herzogs von Nevers hatte man nach Swedenborg meist von Nortrow (?), Essidueil, Marveil und la Cha- pelle Poumier, welche aus einem flachen Lager durch Abbau an der Oberfläche leicht gewonnen wurden, bezogen.
Die Öfen waren 24 bis 26 Fuss hoch, aus Sandsteinquadern auf- geführt. Sie hatten runden Querschnitt und in der Gicht 2 Ellen Durchmesser, vor der Form 11/2 auf 3 Fuss im Lichten. Anfangs, als man bloss den Eisenstein von Marveil verwendet habe, seien die Ge- schütze zersprungen; durch Gattierung mit anderen Erzen habe man sie aber verbessert. -- Das Frischverfahren war das wallonische (modus Gallicus), wie es Reaumur beschrieben hat. Eine Hauptsache dabei war, dass das eingeschmolzene Eisen fortwährend mit dem Rengel durchgearbeitet wurde, so dass alle Teile des Eisens dem Feuer und der Flamme, d. h. der Wirkung des Windes, ausgesetzt wurden. Die
Frankreich.
wurde; das der Normandie, der Bretagne und von Perigord sei spröde. Die Schmelzöfen in der Champagne, Lothringen, Bretagne und Normandie seien ganz wie die Öfen von Lüttich, auch wären vor 20 und 30 Jahren (1703 bis 1713) noch lederne Bälge in Gebrauch gewesen. Die Produktion der Hochöfen betrüge 2000 bis 2500 Pfd. Roheisen den Tag, welches man in Gänzen von 1200 bis 1500 Pfd. Gewicht laufen lieſse. Man verwende meist Kohlen von harten Hölzern. Ein neuer groſser Ofen von 25 Pariser (27 schwedischen) Fuſs Höhe war zu Grossouvre, nicht weit von Allier, erbaut worden (s. S. 153). Die Bälge, welche nach Reaumur 8 Wechsel die Minute machten, lie- ferten 6552 Kubikzoll (? Cubulos) Luft in der Minute; zu 1000 Pfd. Eisen wurden 2 Tonnen Kohlen gebraucht; in 6 Tagen erhielt man 10 groſse Gänze (gueuzes).
Swedenborg berichtet, daſs der Herzog von Nevers vor meh- reren (also wohl in den 20 er) Jahren, um den Guſs eiserner Kanonen einzuführen, Arbeiter aus Schweden berufen habe. Als dieser erste Versuch miſslungen sei, habe er englische Arbeiter kommen lassen und die Anlagen sehr erweitert. Swedenborg selbst habe 11 oder mehr Öfen gesehen, von denen einige Doppelöfen gewesen seien, welche man für die schwersten Geschütze gleichzeitig abstechen konnte. Es gäbe auch Öfen für Geschützguſs in Angoulème, deren Geschütze nach Rochefort kämen, ferner in Burgund und an anderen Plätzen. Auch im äuſsersten Südwesten, im französischen Navarra, wo der Rennwerksbetrieb sonst vorherrschend war, befand sich bei Baigorry ein Hochofen für Kanonen- und Munitionsgieſserei, der aber vor 1785 wegen Mangel an Holzkohlen einging.
Die Erze für die Öfen des Herzogs von Nevers hatte man nach Swedenborg meist von Nortrow (?), Essidueil, Marveil und la Cha- pelle Poumier, welche aus einem flachen Lager durch Abbau an der Oberfläche leicht gewonnen wurden, bezogen.
Die Öfen waren 24 bis 26 Fuſs hoch, aus Sandsteinquadern auf- geführt. Sie hatten runden Querschnitt und in der Gicht 2 Ellen Durchmesser, vor der Form 1½ auf 3 Fuſs im Lichten. Anfangs, als man bloſs den Eisenstein von Marveil verwendet habe, seien die Ge- schütze zersprungen; durch Gattierung mit anderen Erzen habe man sie aber verbessert. — Das Frischverfahren war das wallonische (modus Gallicus), wie es Reaumur beschrieben hat. Eine Hauptsache dabei war, daſs das eingeschmolzene Eisen fortwährend mit dem Rengel durchgearbeitet wurde, so daſs alle Teile des Eisens dem Feuer und der Flamme, d. h. der Wirkung des Windes, ausgesetzt wurden. Die
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[1002/1016]
Frankreich.
wurde; das der Normandie, der Bretagne und von Perigord sei
spröde. Die Schmelzöfen in der Champagne, Lothringen, Bretagne
und Normandie seien ganz wie die Öfen von Lüttich, auch wären vor
20 und 30 Jahren (1703 bis 1713) noch lederne Bälge in Gebrauch
gewesen. Die Produktion der Hochöfen betrüge 2000 bis 2500 Pfd.
Roheisen den Tag, welches man in Gänzen von 1200 bis 1500 Pfd.
Gewicht laufen lieſse. Man verwende meist Kohlen von harten Hölzern.
Ein neuer groſser Ofen von 25 Pariser (27 schwedischen) Fuſs Höhe
war zu Grossouvre, nicht weit von Allier, erbaut worden (s. S. 153).
Die Bälge, welche nach Reaumur 8 Wechsel die Minute machten, lie-
ferten 6552 Kubikzoll (? Cubulos) Luft in der Minute; zu 1000 Pfd.
Eisen wurden 2 Tonnen Kohlen gebraucht; in 6 Tagen erhielt man
10 groſse Gänze (gueuzes).
Swedenborg berichtet, daſs der Herzog von Nevers vor meh-
reren (also wohl in den 20 er) Jahren, um den Guſs eiserner Kanonen
einzuführen, Arbeiter aus Schweden berufen habe. Als dieser erste
Versuch miſslungen sei, habe er englische Arbeiter kommen lassen
und die Anlagen sehr erweitert. Swedenborg selbst habe 11 oder
mehr Öfen gesehen, von denen einige Doppelöfen gewesen seien,
welche man für die schwersten Geschütze gleichzeitig abstechen
konnte. Es gäbe auch Öfen für Geschützguſs in Angoulème, deren
Geschütze nach Rochefort kämen, ferner in Burgund und an anderen
Plätzen. Auch im äuſsersten Südwesten, im französischen Navarra,
wo der Rennwerksbetrieb sonst vorherrschend war, befand sich bei
Baigorry ein Hochofen für Kanonen- und Munitionsgieſserei, der aber
vor 1785 wegen Mangel an Holzkohlen einging.
Die Erze für die Öfen des Herzogs von Nevers hatte man nach
Swedenborg meist von Nortrow (?), Essidueil, Marveil und la Cha-
pelle Poumier, welche aus einem flachen Lager durch Abbau an der
Oberfläche leicht gewonnen wurden, bezogen.
Die Öfen waren 24 bis 26 Fuſs hoch, aus Sandsteinquadern auf-
geführt. Sie hatten runden Querschnitt und in der Gicht 2 Ellen
Durchmesser, vor der Form 1½ auf 3 Fuſs im Lichten. Anfangs, als
man bloſs den Eisenstein von Marveil verwendet habe, seien die Ge-
schütze zersprungen; durch Gattierung mit anderen Erzen habe man
sie aber verbessert. — Das Frischverfahren war das wallonische (modus
Gallicus), wie es Reaumur beschrieben hat. Eine Hauptsache dabei
war, daſs das eingeschmolzene Eisen fortwährend mit dem Rengel
durchgearbeitet wurde, so daſs alle Teile des Eisens dem Feuer und
der Flamme, d. h. der Wirkung des Windes, ausgesetzt wurden. Die
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 1002. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/1016>, abgerufen am 21.11.2024.
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