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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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England.
zehn Tröge Erz aufgegeben; sind diese wieder um 5 Fuss gesunken,
so gichtet man von neuem drei Körbe Kohlen und zehn Tröge Erz
auf. In 12 Stunden werden sechs Chargen gesetzt. Das Eisen wird
zweimal, zuweilen auch nur einmal in 24 Stunden abgestochen; in
der Regel erhält man bei jedem Abstich 71/2 Schiffspfund Eisen,
welche man in 23 Massel zu verteilen pflegt. Die Schlacken sind
teilweise grün und glasartig und diese werden auch auf die Glashütten
gefahren. Das daraus erhaltene Glas ist aber brüchig. Man sucht dies
dadurch zu vermeiden, dass man nur eisenfreie Schlacken aussucht.
An manchen Plätzen setzt man vier bis fünf Körbe Kohlen, darauf
das Erz und 1/8 oder 1/4 Bushel Flussstein. Bei den grossen Öfen
lässt man das Eisen direkt in das zugerichtete Flossenbett laufen,
bei kleinen Öfen dagegen in ein Gefäss, aus dem man es in gewünsch-
ten Mengen ausgiesst. In der Regel sticht man zweimal in 24 Stunden
und zwar jedesmal 1200 bis 1300 Pfd. ab. Will man aber grössere Ge-
schütze giessen, so hält man oft das Eisen zwei Tage lang im Ofen."

In Kent und Sussex waren viele Öfen für Kanonenguss, deren Be-
schreibung wir schon früher mitgeteilt haben. Bei Turnbridge soll
man aus einem Hochofen jede 16 Stunden zwei Geschütze von je
1500 Pfd. Gewicht gegossen haben. Die Formen wurden aus Lehm,
dem Haare und Mist beigemengt waren, hergestellt, und eine neben
der anderen in aufrechter Stellung in den Boden eingegraben.

Prinz Ruppert machte viele Versuche, die Erze mit Steinkohlen
zu schmelzen und soll dies auch einige Wochen durch mit Erfolg
fortgesetzt haben, aber das Gestell setzte sich voll Schlacken und
wurde durch eine zähe, schwammartige Masse verstopft, ausserdem
war das Eisen sehr schwefelhaltig.

Die Verwendung der Steinkohle an Stelle der Holzkohle bei der
Eisenbereitung wurde aber ein immer dringenderes Bedürfnis, ja
geradezu eine Existenzfrage für die englische Eisenindustrie. Sie
war der Nerv aller Verbesserungsbestrebungen im 18. Jahrhundert
und ein Glied nach dem anderen setzte sich mit jeder neuen Erfindung
an, bis der kräftige Körper der englischen Steinkohlen-Eisenindustrie
am Ende des Jahrhunderts ausgebildet war. In die ersten Jahrzehnte des
Jahrhunderts fallen bereits die Versuche des älteren Abraham Darby
zu Coalbrookdale um 1713, die Erze im Hochofen mit Koks statt mit
Holzkohlen zu schmelzen. Obgleich dieselben nicht ohne Erfolg waren,
führten sie doch noch nicht zu der eigentlichen Einführung des Koks-
Hochofenbetriebes. Dieser wurde erst um 1735 erfolgreich zu Coal-
brookdale von Abraham Darby, dem Sohne des oben genannten,

England.
zehn Tröge Erz aufgegeben; sind diese wieder um 5 Fuſs gesunken,
so gichtet man von neuem drei Körbe Kohlen und zehn Tröge Erz
auf. In 12 Stunden werden sechs Chargen gesetzt. Das Eisen wird
zweimal, zuweilen auch nur einmal in 24 Stunden abgestochen; in
der Regel erhält man bei jedem Abstich 7½ Schiffspfund Eisen,
welche man in 23 Massel zu verteilen pflegt. Die Schlacken sind
teilweise grün und glasartig und diese werden auch auf die Glashütten
gefahren. Das daraus erhaltene Glas ist aber brüchig. Man sucht dies
dadurch zu vermeiden, daſs man nur eisenfreie Schlacken aussucht.
An manchen Plätzen setzt man vier bis fünf Körbe Kohlen, darauf
das Erz und ⅛ oder ¼ Bushel Fluſsstein. Bei den groſsen Öfen
läſst man das Eisen direkt in das zugerichtete Flossenbett laufen,
bei kleinen Öfen dagegen in ein Gefäſs, aus dem man es in gewünsch-
ten Mengen ausgieſst. In der Regel sticht man zweimal in 24 Stunden
und zwar jedesmal 1200 bis 1300 Pfd. ab. Will man aber gröſsere Ge-
schütze gieſsen, so hält man oft das Eisen zwei Tage lang im Ofen.“

In Kent und Sussex waren viele Öfen für Kanonenguſs, deren Be-
schreibung wir schon früher mitgeteilt haben. Bei Turnbridge soll
man aus einem Hochofen jede 16 Stunden zwei Geschütze von je
1500 Pfd. Gewicht gegossen haben. Die Formen wurden aus Lehm,
dem Haare und Mist beigemengt waren, hergestellt, und eine neben
der anderen in aufrechter Stellung in den Boden eingegraben.

Prinz Ruppert machte viele Versuche, die Erze mit Steinkohlen
zu schmelzen und soll dies auch einige Wochen durch mit Erfolg
fortgesetzt haben, aber das Gestell setzte sich voll Schlacken und
wurde durch eine zähe, schwammartige Masse verstopft, auſserdem
war das Eisen sehr schwefelhaltig.

Die Verwendung der Steinkohle an Stelle der Holzkohle bei der
Eisenbereitung wurde aber ein immer dringenderes Bedürfnis, ja
geradezu eine Existenzfrage für die englische Eisenindustrie. Sie
war der Nerv aller Verbesserungsbestrebungen im 18. Jahrhundert
und ein Glied nach dem anderen setzte sich mit jeder neuen Erfindung
an, bis der kräftige Körper der englischen Steinkohlen-Eisenindustrie
am Ende des Jahrhunderts ausgebildet war. In die ersten Jahrzehnte des
Jahrhunderts fallen bereits die Versuche des älteren Abraham Darby
zu Coalbrookdale um 1713, die Erze im Hochofen mit Koks statt mit
Holzkohlen zu schmelzen. Obgleich dieselben nicht ohne Erfolg waren,
führten sie doch noch nicht zu der eigentlichen Einführung des Koks-
Hochofenbetriebes. Dieser wurde erst um 1735 erfolgreich zu Coal-
brookdale von Abraham Darby, dem Sohne des oben genannten,

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[1067/1081] England. zehn Tröge Erz aufgegeben; sind diese wieder um 5 Fuſs gesunken, so gichtet man von neuem drei Körbe Kohlen und zehn Tröge Erz auf. In 12 Stunden werden sechs Chargen gesetzt. Das Eisen wird zweimal, zuweilen auch nur einmal in 24 Stunden abgestochen; in der Regel erhält man bei jedem Abstich 7½ Schiffspfund Eisen, welche man in 23 Massel zu verteilen pflegt. Die Schlacken sind teilweise grün und glasartig und diese werden auch auf die Glashütten gefahren. Das daraus erhaltene Glas ist aber brüchig. Man sucht dies dadurch zu vermeiden, daſs man nur eisenfreie Schlacken aussucht. An manchen Plätzen setzt man vier bis fünf Körbe Kohlen, darauf das Erz und ⅛ oder ¼ Bushel Fluſsstein. Bei den groſsen Öfen läſst man das Eisen direkt in das zugerichtete Flossenbett laufen, bei kleinen Öfen dagegen in ein Gefäſs, aus dem man es in gewünsch- ten Mengen ausgieſst. In der Regel sticht man zweimal in 24 Stunden und zwar jedesmal 1200 bis 1300 Pfd. ab. Will man aber gröſsere Ge- schütze gieſsen, so hält man oft das Eisen zwei Tage lang im Ofen.“ In Kent und Sussex waren viele Öfen für Kanonenguſs, deren Be- schreibung wir schon früher mitgeteilt haben. Bei Turnbridge soll man aus einem Hochofen jede 16 Stunden zwei Geschütze von je 1500 Pfd. Gewicht gegossen haben. Die Formen wurden aus Lehm, dem Haare und Mist beigemengt waren, hergestellt, und eine neben der anderen in aufrechter Stellung in den Boden eingegraben. Prinz Ruppert machte viele Versuche, die Erze mit Steinkohlen zu schmelzen und soll dies auch einige Wochen durch mit Erfolg fortgesetzt haben, aber das Gestell setzte sich voll Schlacken und wurde durch eine zähe, schwammartige Masse verstopft, auſserdem war das Eisen sehr schwefelhaltig. Die Verwendung der Steinkohle an Stelle der Holzkohle bei der Eisenbereitung wurde aber ein immer dringenderes Bedürfnis, ja geradezu eine Existenzfrage für die englische Eisenindustrie. Sie war der Nerv aller Verbesserungsbestrebungen im 18. Jahrhundert und ein Glied nach dem anderen setzte sich mit jeder neuen Erfindung an, bis der kräftige Körper der englischen Steinkohlen-Eisenindustrie am Ende des Jahrhunderts ausgebildet war. In die ersten Jahrzehnte des Jahrhunderts fallen bereits die Versuche des älteren Abraham Darby zu Coalbrookdale um 1713, die Erze im Hochofen mit Koks statt mit Holzkohlen zu schmelzen. Obgleich dieselben nicht ohne Erfolg waren, führten sie doch noch nicht zu der eigentlichen Einführung des Koks- Hochofenbetriebes. Dieser wurde erst um 1735 erfolgreich zu Coal- brookdale von Abraham Darby, dem Sohne des oben genannten,

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 1067. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/1081>, abgerufen am 20.05.2024.