Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

England.
durchgeführt und gelangte erst 1747 durch Professor Marons Brief,
der in der königlichen Gesellschaft verlesen und dann veröffentlicht
wurde, zur allgemeinen Kenntnis.

Dem älteren Abraham Darby gebührt das weitere Verdienst,
die Eisengiesserei in England verbessert und die Sandformerei 1708
eingeführt zu haben.

In die erste Hälfte des Jahrhunderts fällt ein anderer wichtiger
Fortschritt der Eisengiesserei, die Einführung der Flammöfen zum Um-
schmelzen des Roheisens, besonders zur Erzeugung grosser Gussstücke.
Als Brennmaterial diente hierbei ebenfalls Steinkohle. Damit war
diese auch in diesen Zweig der Eisenindustrie erfolgreich eingeführt.
Den 1729 bei Whitehaven angestellten Versuch, Eisenerze mit Stein-
kohlen im Flammofen zu schmelzen, haben wir S. 130 beschrieben.

Im Jahre 1720 nahm Hanbury die Weissblechfabrikation, die nach
Yarrantons Tode in Verfall geraten war, mit Erfolg auf. Der-
selbe errichtete 1728 das erste Blechwalzwerk in England. 1750
zählte man bereits vier Weissblechhütten, die alle in Wales lagen.
Durch das Walzverfahren hatten die englischen Bleche schöneren
Glanz als die importierten. Sie wurden deshalb rasch beliebt,
und da der Bedarf an Weissblech in Grossbritannien und Irland
ein bedeutender war, so wurde die heimische Weissblechfabrikation
für das Land ein grosser Segen.

Schon vor oder zu Anfang des Jahrhunderts kannte man in Eng-
land die Cementstahlfabrikation. Dieselbe spielte wenigstens schon
zu der Zeit, als Reaumur seine berühmte Schrift über dieselbe ver-
öffentlichte (1722), eine bedeutende Rolle daselbst. Wie Reaumur
berichtet, verwendeten die Engländer schon damals ausschliesslich schwe-
disches Eisen für die Bereitung ihres Brennstahls. Die Cementieröfen
wurden ebenfalls mit Steinkohlen gefeuert, nur zum Cementierpulver
selbst war Holzkohlenpulver erforderlich. Hier finden wir also die erste
erfolgreiche Verwendung der Steinkohlen auch bei der Stahlfabrikation.

Noch wichtiger wurde dieselbe, als Huntsman 1740 den Tiegel-
gussstahl erfand. Die Tiegel wurden mit Koks geheizt. Die Ver-
kokung der Steinkohlen war selbstverständlich ebenfalls eine Erfin-
dung der Engländer, und reicht dieselbe schon in das vorhergehende
Jahrhundert zurück.

Alle diese Operationen und Erfindungen haben wir in dem all-
gemeinen Teile bereits beschrieben, ebenso auch die zahlreichen Ver-
suche, die schwierigste Aufgabe, Schmiedeeisen mit Steinkohlen zu
frischen, zu lösen.


England.
durchgeführt und gelangte erst 1747 durch Professor Marons Brief,
der in der königlichen Gesellschaft verlesen und dann veröffentlicht
wurde, zur allgemeinen Kenntnis.

Dem älteren Abraham Darby gebührt das weitere Verdienst,
die Eisengieſserei in England verbessert und die Sandformerei 1708
eingeführt zu haben.

In die erste Hälfte des Jahrhunderts fällt ein anderer wichtiger
Fortschritt der Eisengieſserei, die Einführung der Flammöfen zum Um-
schmelzen des Roheisens, besonders zur Erzeugung groſser Guſsstücke.
Als Brennmaterial diente hierbei ebenfalls Steinkohle. Damit war
diese auch in diesen Zweig der Eisenindustrie erfolgreich eingeführt.
Den 1729 bei Whitehaven angestellten Versuch, Eisenerze mit Stein-
kohlen im Flammofen zu schmelzen, haben wir S. 130 beschrieben.

Im Jahre 1720 nahm Hanbury die Weiſsblechfabrikation, die nach
Yarrantons Tode in Verfall geraten war, mit Erfolg auf. Der-
selbe errichtete 1728 das erste Blechwalzwerk in England. 1750
zählte man bereits vier Weiſsblechhütten, die alle in Wales lagen.
Durch das Walzverfahren hatten die englischen Bleche schöneren
Glanz als die importierten. Sie wurden deshalb rasch beliebt,
und da der Bedarf an Weiſsblech in Groſsbritannien und Irland
ein bedeutender war, so wurde die heimische Weiſsblechfabrikation
für das Land ein groſser Segen.

Schon vor oder zu Anfang des Jahrhunderts kannte man in Eng-
land die Cementstahlfabrikation. Dieselbe spielte wenigstens schon
zu der Zeit, als Reaumur seine berühmte Schrift über dieselbe ver-
öffentlichte (1722), eine bedeutende Rolle daselbst. Wie Reaumur
berichtet, verwendeten die Engländer schon damals ausschlieſslich schwe-
disches Eisen für die Bereitung ihres Brennstahls. Die Cementieröfen
wurden ebenfalls mit Steinkohlen gefeuert, nur zum Cementierpulver
selbst war Holzkohlenpulver erforderlich. Hier finden wir also die erste
erfolgreiche Verwendung der Steinkohlen auch bei der Stahlfabrikation.

Noch wichtiger wurde dieselbe, als Huntsman 1740 den Tiegel-
guſsstahl erfand. Die Tiegel wurden mit Koks geheizt. Die Ver-
kokung der Steinkohlen war selbstverständlich ebenfalls eine Erfin-
dung der Engländer, und reicht dieselbe schon in das vorhergehende
Jahrhundert zurück.

Alle diese Operationen und Erfindungen haben wir in dem all-
gemeinen Teile bereits beschrieben, ebenso auch die zahlreichen Ver-
suche, die schwierigste Aufgabe, Schmiedeeisen mit Steinkohlen zu
frischen, zu lösen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f1082" n="1068"/><fw place="top" type="header">England.</fw><lb/>
durchgeführt und gelangte erst 1747 durch Professor <hi rendition="#g">Marons</hi> Brief,<lb/>
der in der königlichen Gesellschaft verlesen und dann veröffentlicht<lb/>
wurde, zur allgemeinen Kenntnis.</p><lb/>
            <p>Dem älteren <hi rendition="#g">Abraham Darby</hi> gebührt das weitere Verdienst,<lb/>
die Eisengie&#x017F;serei in England verbessert und die Sandformerei 1708<lb/>
eingeführt zu haben.</p><lb/>
            <p>In die erste Hälfte des Jahrhunderts fällt ein anderer wichtiger<lb/>
Fortschritt der Eisengie&#x017F;serei, die Einführung der Flammöfen zum Um-<lb/>
schmelzen des Roheisens, besonders zur Erzeugung gro&#x017F;ser Gu&#x017F;sstücke.<lb/>
Als Brennmaterial diente hierbei ebenfalls Steinkohle. Damit war<lb/>
diese auch in diesen Zweig der Eisenindustrie erfolgreich eingeführt.<lb/>
Den 1729 bei Whitehaven angestellten Versuch, Eisenerze mit Stein-<lb/>
kohlen im Flammofen zu schmelzen, haben wir S. 130 beschrieben.</p><lb/>
            <p>Im Jahre 1720 nahm <hi rendition="#g">Hanbury</hi> die Wei&#x017F;sblechfabrikation, die nach<lb/><hi rendition="#g">Yarrantons</hi> Tode in Verfall geraten war, mit Erfolg auf. Der-<lb/>
selbe errichtete 1728 <hi rendition="#g">das erste Blechwalzwerk</hi> in England. 1750<lb/>
zählte man bereits vier Wei&#x017F;sblechhütten, die alle in Wales lagen.<lb/>
Durch das Walzverfahren hatten die englischen Bleche schöneren<lb/>
Glanz als die importierten. Sie wurden deshalb rasch beliebt,<lb/>
und da der Bedarf an Wei&#x017F;sblech in Gro&#x017F;sbritannien und Irland<lb/>
ein bedeutender war, so wurde die heimische Wei&#x017F;sblechfabrikation<lb/>
für das Land ein gro&#x017F;ser Segen.</p><lb/>
            <p>Schon vor oder zu Anfang des Jahrhunderts kannte man in Eng-<lb/>
land die Cementstahlfabrikation. Dieselbe spielte wenigstens schon<lb/>
zu der Zeit, als <hi rendition="#g">Reaumur</hi> seine berühmte Schrift über dieselbe ver-<lb/>
öffentlichte (1722), eine bedeutende Rolle daselbst. Wie <hi rendition="#g">Reaumur</hi><lb/>
berichtet, verwendeten die Engländer schon damals ausschlie&#x017F;slich schwe-<lb/>
disches Eisen für die Bereitung ihres Brennstahls. Die Cementieröfen<lb/>
wurden ebenfalls mit Steinkohlen gefeuert, nur zum Cementierpulver<lb/>
selbst war Holzkohlenpulver erforderlich. Hier finden wir also die erste<lb/>
erfolgreiche Verwendung der Steinkohlen auch bei der Stahlfabrikation.</p><lb/>
            <p>Noch wichtiger wurde dieselbe, als <hi rendition="#g">Huntsman</hi> 1740 den Tiegel-<lb/>
gu&#x017F;sstahl erfand. Die Tiegel wurden mit Koks geheizt. Die Ver-<lb/>
kokung der Steinkohlen war selbstverständlich ebenfalls eine Erfin-<lb/>
dung der Engländer, und reicht dieselbe schon in das vorhergehende<lb/>
Jahrhundert zurück.</p><lb/>
            <p>Alle diese Operationen und Erfindungen haben wir in dem all-<lb/>
gemeinen Teile bereits beschrieben, ebenso auch die zahlreichen Ver-<lb/>
suche, die schwierigste Aufgabe, Schmiedeeisen mit Steinkohlen zu<lb/>
frischen, zu lösen.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1068/1082] England. durchgeführt und gelangte erst 1747 durch Professor Marons Brief, der in der königlichen Gesellschaft verlesen und dann veröffentlicht wurde, zur allgemeinen Kenntnis. Dem älteren Abraham Darby gebührt das weitere Verdienst, die Eisengieſserei in England verbessert und die Sandformerei 1708 eingeführt zu haben. In die erste Hälfte des Jahrhunderts fällt ein anderer wichtiger Fortschritt der Eisengieſserei, die Einführung der Flammöfen zum Um- schmelzen des Roheisens, besonders zur Erzeugung groſser Guſsstücke. Als Brennmaterial diente hierbei ebenfalls Steinkohle. Damit war diese auch in diesen Zweig der Eisenindustrie erfolgreich eingeführt. Den 1729 bei Whitehaven angestellten Versuch, Eisenerze mit Stein- kohlen im Flammofen zu schmelzen, haben wir S. 130 beschrieben. Im Jahre 1720 nahm Hanbury die Weiſsblechfabrikation, die nach Yarrantons Tode in Verfall geraten war, mit Erfolg auf. Der- selbe errichtete 1728 das erste Blechwalzwerk in England. 1750 zählte man bereits vier Weiſsblechhütten, die alle in Wales lagen. Durch das Walzverfahren hatten die englischen Bleche schöneren Glanz als die importierten. Sie wurden deshalb rasch beliebt, und da der Bedarf an Weiſsblech in Groſsbritannien und Irland ein bedeutender war, so wurde die heimische Weiſsblechfabrikation für das Land ein groſser Segen. Schon vor oder zu Anfang des Jahrhunderts kannte man in Eng- land die Cementstahlfabrikation. Dieselbe spielte wenigstens schon zu der Zeit, als Reaumur seine berühmte Schrift über dieselbe ver- öffentlichte (1722), eine bedeutende Rolle daselbst. Wie Reaumur berichtet, verwendeten die Engländer schon damals ausschlieſslich schwe- disches Eisen für die Bereitung ihres Brennstahls. Die Cementieröfen wurden ebenfalls mit Steinkohlen gefeuert, nur zum Cementierpulver selbst war Holzkohlenpulver erforderlich. Hier finden wir also die erste erfolgreiche Verwendung der Steinkohlen auch bei der Stahlfabrikation. Noch wichtiger wurde dieselbe, als Huntsman 1740 den Tiegel- guſsstahl erfand. Die Tiegel wurden mit Koks geheizt. Die Ver- kokung der Steinkohlen war selbstverständlich ebenfalls eine Erfin- dung der Engländer, und reicht dieselbe schon in das vorhergehende Jahrhundert zurück. Alle diese Operationen und Erfindungen haben wir in dem all- gemeinen Teile bereits beschrieben, ebenso auch die zahlreichen Ver- suche, die schwierigste Aufgabe, Schmiedeeisen mit Steinkohlen zu frischen, zu lösen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/1082
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 1068. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/1082>, abgerufen am 21.11.2024.