haus. Den Betrieb vermittelte ein schönes Wasserrad, dessen Ge- stänge sich auf eine Meile weit erstreckte1).
Die Stahlfabrikation, sowohl von Guss- als Cementstahl, entwickelte sich von Jahr zu Jahr mehr. Es wurden viele neue Reckhämmer oder Stahlraffinierhämmer, um geschmiedeten Cementstahl und Gärb- stahl (shear steel) zu machen, errichtet. Die Roheisenproduktion nahm zwar nicht in demselben Verhältnis zu, doch stieg sie 1750 bis 1760 von 22000 auf 27000 Tons.
Die schottische Eisenindustrie fing erst um 1730 an sich zu ent- wickeln. Um diese Zeit bestand ein Hochofen zu Invergarry, der von einer Liverpooler Gesellschaft errichtet worden war. Ein anderer Hochofen wurde im Jahre 1730 von einer irländischen Gesellschaft bei Bunawe in Argylshire erbaut 2). Diese Hütte stand bis 1866 unter dem Namen Lorne-Ofen im Betrieb. Eine weitere, 1730 in Strathspey bei Abernethy errichtete Eisenhütte umfasste einen Hochofen und vier Frischherde. Die Erze wurden auf den Rücken von Ponys 20 englische Meilen weit von Tomintoul in Banffshire geholt. 1754 wurde zu Goatfield am Loch Fyne in Argylshire ein Hochofen, Cra- leckan genannt, erbaut. Die Unternehmer stammten aus Lancashire, von wo sie auch ihre Erze bezogen. Die Holzkohlen wurden aus den benachbarten Wäldern auf den Rücken von Ponys, die Züge von 30 bis 40 Stück bildeten, gebracht. Auch hier war mit dem Hochofen eine Frischhütte verbunden. Das Werk kam 1813 zum Erliegen.
Im Jahre 1760 legte Dr. Roebuck von Birmingham den Grund zu der modernen schottischen Eisenindustrie dadurch, dass er das Kokshochofenwerk zu Carron erbaute (s. S. 364).
Dieses grossartig nach Smeatons Plänen angelegte Werk wuchs durch den Unternehmungsgeist seines Gründers zu solchem Umfang, dass es um 1772 mit den dazu gehörigen Anstalten, welche einen Bezirk von etlichen Meilen einnahmen, über 2000 Arbeiter beschäftigte. Damals waren die grossen Cylindergebläse, welche Smeaton erbaut hatte, schon in Thätigkeit. Thomas Pennant, der zu jener Zeit das Werk besuchte, schrieb: "Es sind beständig zwei grosse Schmelzöfen im Gange, bei denen ungeheure cylinderförmige Blasebälge angebracht sind, die vom Wasser getrieben werden, wozu ein eigenes Reservoir erfordert wird. In Zeiten der Trockenheit wird das wegfliessende Wasser vermittelst einer Feuermaschine in den Behälter zurückgebracht.
1) Siehe Thomas Pennant, Reise durch Schottland, 1769. Deutsch 1779. S. 186.
2)St. John V. Day, The iron and steel industries of Scotland, p. 30.
Beck, Geschichte des Eisens. 68
England.
haus. Den Betrieb vermittelte ein schönes Wasserrad, dessen Ge- stänge sich auf eine Meile weit erstreckte1).
Die Stahlfabrikation, sowohl von Guſs- als Cementstahl, entwickelte sich von Jahr zu Jahr mehr. Es wurden viele neue Reckhämmer oder Stahlraffinierhämmer, um geschmiedeten Cementstahl und Gärb- stahl (shear steel) zu machen, errichtet. Die Roheisenproduktion nahm zwar nicht in demselben Verhältnis zu, doch stieg sie 1750 bis 1760 von 22000 auf 27000 Tons.
Die schottische Eisenindustrie fing erst um 1730 an sich zu ent- wickeln. Um diese Zeit bestand ein Hochofen zu Invergarry, der von einer Liverpooler Gesellschaft errichtet worden war. Ein anderer Hochofen wurde im Jahre 1730 von einer irländischen Gesellschaft bei Bunawe in Argylshire erbaut 2). Diese Hütte stand bis 1866 unter dem Namen Lorne-Ofen im Betrieb. Eine weitere, 1730 in Strathspey bei Abernethy errichtete Eisenhütte umfaſste einen Hochofen und vier Frischherde. Die Erze wurden auf den Rücken von Ponys 20 englische Meilen weit von Tomintoul in Banffshire geholt. 1754 wurde zu Goatfield am Loch Fyne in Argylshire ein Hochofen, Cra- leckan genannt, erbaut. Die Unternehmer stammten aus Lancashire, von wo sie auch ihre Erze bezogen. Die Holzkohlen wurden aus den benachbarten Wäldern auf den Rücken von Ponys, die Züge von 30 bis 40 Stück bildeten, gebracht. Auch hier war mit dem Hochofen eine Frischhütte verbunden. Das Werk kam 1813 zum Erliegen.
Im Jahre 1760 legte Dr. Roebuck von Birmingham den Grund zu der modernen schottischen Eisenindustrie dadurch, daſs er das Kokshochofenwerk zu Carron erbaute (s. S. 364).
Dieses groſsartig nach Smeatons Plänen angelegte Werk wuchs durch den Unternehmungsgeist seines Gründers zu solchem Umfang, daſs es um 1772 mit den dazu gehörigen Anstalten, welche einen Bezirk von etlichen Meilen einnahmen, über 2000 Arbeiter beschäftigte. Damals waren die groſsen Cylindergebläse, welche Smeaton erbaut hatte, schon in Thätigkeit. Thomas Pennant, der zu jener Zeit das Werk besuchte, schrieb: „Es sind beständig zwei groſse Schmelzöfen im Gange, bei denen ungeheure cylinderförmige Blasebälge angebracht sind, die vom Wasser getrieben werden, wozu ein eigenes Reservoir erfordert wird. In Zeiten der Trockenheit wird das wegflieſsende Wasser vermittelst einer Feuermaschine in den Behälter zurückgebracht.
1) Siehe Thomas Pennant, Reise durch Schottland, 1769. Deutsch 1779. S. 186.
2)St. John V. Day, The iron and steel industries of Scotland, p. 30.
Beck, Geschichte des Eisens. 68
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England.
haus. Den Betrieb vermittelte ein schönes Wasserrad, dessen Ge-
stänge sich auf eine Meile weit erstreckte 1).
Die Stahlfabrikation, sowohl von Guſs- als Cementstahl, entwickelte
sich von Jahr zu Jahr mehr. Es wurden viele neue Reckhämmer
oder Stahlraffinierhämmer, um geschmiedeten Cementstahl und Gärb-
stahl (shear steel) zu machen, errichtet. Die Roheisenproduktion nahm
zwar nicht in demselben Verhältnis zu, doch stieg sie 1750 bis 1760
von 22000 auf 27000 Tons.
Die schottische Eisenindustrie fing erst um 1730 an sich zu ent-
wickeln. Um diese Zeit bestand ein Hochofen zu Invergarry, der von
einer Liverpooler Gesellschaft errichtet worden war. Ein anderer
Hochofen wurde im Jahre 1730 von einer irländischen Gesellschaft
bei Bunawe in Argylshire erbaut 2). Diese Hütte stand bis 1866 unter
dem Namen Lorne-Ofen im Betrieb. Eine weitere, 1730 in Strathspey
bei Abernethy errichtete Eisenhütte umfaſste einen Hochofen und
vier Frischherde. Die Erze wurden auf den Rücken von Ponys
20 englische Meilen weit von Tomintoul in Banffshire geholt. 1754
wurde zu Goatfield am Loch Fyne in Argylshire ein Hochofen, Cra-
leckan genannt, erbaut. Die Unternehmer stammten aus Lancashire,
von wo sie auch ihre Erze bezogen. Die Holzkohlen wurden aus den
benachbarten Wäldern auf den Rücken von Ponys, die Züge von 30
bis 40 Stück bildeten, gebracht. Auch hier war mit dem Hochofen
eine Frischhütte verbunden. Das Werk kam 1813 zum Erliegen.
Im Jahre 1760 legte Dr. Roebuck von Birmingham den Grund
zu der modernen schottischen Eisenindustrie dadurch, daſs er das
Kokshochofenwerk zu Carron erbaute (s. S. 364).
Dieses groſsartig nach Smeatons Plänen angelegte Werk wuchs
durch den Unternehmungsgeist seines Gründers zu solchem Umfang,
daſs es um 1772 mit den dazu gehörigen Anstalten, welche einen
Bezirk von etlichen Meilen einnahmen, über 2000 Arbeiter beschäftigte.
Damals waren die groſsen Cylindergebläse, welche Smeaton erbaut
hatte, schon in Thätigkeit. Thomas Pennant, der zu jener Zeit das
Werk besuchte, schrieb: „Es sind beständig zwei groſse Schmelzöfen
im Gange, bei denen ungeheure cylinderförmige Blasebälge angebracht
sind, die vom Wasser getrieben werden, wozu ein eigenes Reservoir
erfordert wird. In Zeiten der Trockenheit wird das wegflieſsende Wasser
vermittelst einer Feuermaschine in den Behälter zurückgebracht.
1) Siehe Thomas Pennant, Reise durch Schottland, 1769. Deutsch 1779.
S. 186.
2) St. John V. Day, The iron and steel industries of Scotland, p. 30.
Beck, Geschichte des Eisens. 68
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 1073. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/1087>, abgerufen am 21.11.2024.
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