Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.Schmiedbarer Guss. Gusseisen durch einen Glühprozess in weiches Schmiedeeisen umzu-wandeln und welches ihn zur Erfindung des schmiedbaren Gusses geführt hatte. In seiner späteren Arbeit verwischt er diesen Stand- punkt, indem er seine Aufgabe allgemeiner dahin fasste, Mittel zu finden und anzugeben, weiche Gusswaren, welche sich feilen und bohren liessen, zu erzeugen. Dies konnte ebenso wohl durch die ver- schiedenen Umwandlungsprozesse, als von vornherein durch Erzielung eines weichen Gusses geschehen; letzteres war dann schliesslich die einfachere und natürlichere Lösung, auf welche deshalb in der späte- ren Arbeit besonderes Gewicht gelegt wird. Diese spätere Arbeit er- schien erst, wie erwähnt, nach Reaumurs Tode in den Descriptions des Arts et Metiers 1) unter dem Titel: Nouvelle art d'adoucir le fer fondu. Sie ist mit einer Einleitung des Herausgebers Duhamel du Monceau versehen und zerfällt in drei Teile. Der erste ist ein nur wenig veränderter Abdruck der alten Arbeit vom Jahre 1722, bei welchem aber der letzte Teil fehlt, so dass er nur aus fünf Memoiren besteht. Dieser beschäftigt sich mit dem Glühfrischen in geschlossenen Öfen. Der zweite Teil besteht aus vier kürzeren Memoiren und be- handelt das Glühfrischen mit einfachem Überzug. Der dritte Teil umfasst neun Abhandlungen und lehrt die Herstellung von Gusswaren, welche schon in weichem Zustande die Formen verlassen. Diese zweite ausführlichere Arbeit über denselben Gegenstand entbehrt der Anmut der ersten, es fehlt ihr die letzte Hand des Meisters. Sie hat ferner den Fehler, dass sie keinen genügend scharfen Unterschied macht zwischen der Umwandlung des Gusseisens in Schmiedeeisen -- den schmiedbaren Guss --, zwischen Oberflächenerweichung und zwischen alleiniger Aufhebung der Spannung durch ein nachträg- liches Glühen. Dieser Unterschied ist aber ein fundamentaler, denn bei ersterem wird eine Verwandlung der Substanz, ein metallurgisch- chemischer Prozess angestrebt, während es sich beim Glühen unter loser Decke, sowie beim einfachen Ausglühen nur um eine physika- lische Wirkung, nämlich um die Aufhebung der Spannung, welche durch das rasche Erstarren des flüssigen Metalles in den Formen den Gusswaren anhaftet, handelt. Diese Verwischung der Grenzen von zwei durchaus verschiedenen Prozessen, welche allerdings ineinander übergehen, zieht sich bedauerlicherweise durch die ganze Litteratur hindurch, nicht nur zum Nachteil der theoretischen Erkenntnis, son- dern auch der praktischen Verwertung der Erfindung Reaumurs, 1) Ausgabe von Bertrand, Tome XV, p. 71--277.
Schmiedbarer Guſs. Guſseisen durch einen Glühprozeſs in weiches Schmiedeeisen umzu-wandeln und welches ihn zur Erfindung des schmiedbaren Gusses geführt hatte. In seiner späteren Arbeit verwischt er diesen Stand- punkt, indem er seine Aufgabe allgemeiner dahin faſste, Mittel zu finden und anzugeben, weiche Guſswaren, welche sich feilen und bohren lieſsen, zu erzeugen. Dies konnte ebenso wohl durch die ver- schiedenen Umwandlungsprozesse, als von vornherein durch Erzielung eines weichen Gusses geschehen; letzteres war dann schlieſslich die einfachere und natürlichere Lösung, auf welche deshalb in der späte- ren Arbeit besonderes Gewicht gelegt wird. Diese spätere Arbeit er- schien erst, wie erwähnt, nach Reaumurs Tode in den Descriptions des Arts et Métiers 1) unter dem Titel: Nouvelle art d’adoucir le fer fondu. Sie ist mit einer Einleitung des Herausgebers Duhamel du Monceau versehen und zerfällt in drei Teile. Der erste ist ein nur wenig veränderter Abdruck der alten Arbeit vom Jahre 1722, bei welchem aber der letzte Teil fehlt, so daſs er nur aus fünf Memoiren besteht. Dieser beschäftigt sich mit dem Glühfrischen in geschlossenen Öfen. Der zweite Teil besteht aus vier kürzeren Memoiren und be- handelt das Glühfrischen mit einfachem Überzug. Der dritte Teil umfaſst neun Abhandlungen und lehrt die Herstellung von Guſswaren, welche schon in weichem Zustande die Formen verlassen. Diese zweite ausführlichere Arbeit über denselben Gegenstand entbehrt der Anmut der ersten, es fehlt ihr die letzte Hand des Meisters. Sie hat ferner den Fehler, daſs sie keinen genügend scharfen Unterschied macht zwischen der Umwandlung des Guſseisens in Schmiedeeisen — den schmiedbaren Guſs —, zwischen Oberflächenerweichung und zwischen alleiniger Aufhebung der Spannung durch ein nachträg- liches Glühen. Dieser Unterschied ist aber ein fundamentaler, denn bei ersterem wird eine Verwandlung der Substanz, ein metallurgisch- chemischer Prozeſs angestrebt, während es sich beim Glühen unter loser Decke, sowie beim einfachen Ausglühen nur um eine physika- lische Wirkung, nämlich um die Aufhebung der Spannung, welche durch das rasche Erstarren des flüssigen Metalles in den Formen den Guſswaren anhaftet, handelt. Diese Verwischung der Grenzen von zwei durchaus verschiedenen Prozessen, welche allerdings ineinander übergehen, zieht sich bedauerlicherweise durch die ganze Litteratur hindurch, nicht nur zum Nachteil der theoretischen Erkenntnis, son- dern auch der praktischen Verwertung der Erfindung Reaumurs, 1) Ausgabe von Bertrand, Tome XV, p. 71—277.
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Schmiedbarer Guſs.
Guſseisen durch einen Glühprozeſs in weiches Schmiedeeisen umzu-
wandeln und welches ihn zur Erfindung des schmiedbaren Gusses
geführt hatte. In seiner späteren Arbeit verwischt er diesen Stand-
punkt, indem er seine Aufgabe allgemeiner dahin faſste, Mittel zu
finden und anzugeben, weiche Guſswaren, welche sich feilen und
bohren lieſsen, zu erzeugen. Dies konnte ebenso wohl durch die ver-
schiedenen Umwandlungsprozesse, als von vornherein durch Erzielung
eines weichen Gusses geschehen; letzteres war dann schlieſslich die
einfachere und natürlichere Lösung, auf welche deshalb in der späte-
ren Arbeit besonderes Gewicht gelegt wird. Diese spätere Arbeit er-
schien erst, wie erwähnt, nach Reaumurs Tode in den Descriptions
des Arts et Métiers 1) unter dem Titel: Nouvelle art d’adoucir le fer
fondu. Sie ist mit einer Einleitung des Herausgebers Duhamel du
Monceau versehen und zerfällt in drei Teile. Der erste ist ein nur
wenig veränderter Abdruck der alten Arbeit vom Jahre 1722, bei
welchem aber der letzte Teil fehlt, so daſs er nur aus fünf Memoiren
besteht. Dieser beschäftigt sich mit dem Glühfrischen in geschlossenen
Öfen. Der zweite Teil besteht aus vier kürzeren Memoiren und be-
handelt das Glühfrischen mit einfachem Überzug. Der dritte Teil
umfaſst neun Abhandlungen und lehrt die Herstellung von Guſswaren,
welche schon in weichem Zustande die Formen verlassen. Diese
zweite ausführlichere Arbeit über denselben Gegenstand entbehrt der
Anmut der ersten, es fehlt ihr die letzte Hand des Meisters. Sie
hat ferner den Fehler, daſs sie keinen genügend scharfen Unterschied
macht zwischen der Umwandlung des Guſseisens in Schmiedeeisen —
den schmiedbaren Guſs —, zwischen Oberflächenerweichung und
zwischen alleiniger Aufhebung der Spannung durch ein nachträg-
liches Glühen. Dieser Unterschied ist aber ein fundamentaler, denn
bei ersterem wird eine Verwandlung der Substanz, ein metallurgisch-
chemischer Prozeſs angestrebt, während es sich beim Glühen unter
loser Decke, sowie beim einfachen Ausglühen nur um eine physika-
lische Wirkung, nämlich um die Aufhebung der Spannung, welche
durch das rasche Erstarren des flüssigen Metalles in den Formen den
Guſswaren anhaftet, handelt. Diese Verwischung der Grenzen von
zwei durchaus verschiedenen Prozessen, welche allerdings ineinander
übergehen, zieht sich bedauerlicherweise durch die ganze Litteratur
hindurch, nicht nur zum Nachteil der theoretischen Erkenntnis, son-
dern auch der praktischen Verwertung der Erfindung Reaumurs,
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