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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Schmiedbarer Guss.
welche erst in diesem Jahrhundert zur vollen Anerkennung ge-
kommen ist.

Was nun den dritten Teil der neuen Abhandlung Reaumurs
anlangt, so gehört derselbe, wie schon aus seiner Überschrift hervor-
geht, fast ganz in das Gebiet der Eisengiesserei. Die Grundlage des
Erfolges, um weichen Guss zu erzielen, bildet die Auswahl des Roh-
eisens, indem dasselbe sich mehr oder weniger dafür eignet. Nur
graues Eisen soll man hierzu verwenden. Will man weisses benutzen,
so muss man es erst aduzieren, aber auch dann muss man es mit
natürlichem grauen Gusseisen zusammenschmelzen. Ist das Eisen
zu grau, so empfiehlt er einen geringen Zusatz von Alaun, der ihm
eine schönere Farbe gebe, ohne es hart zu machen. Soll das Guss-
eisen beim Umschmelzen seine Weichheit behalten, so muss das
Schmelzgefäss mit einem Futter von Holzkohlen oder von Holzkohlen
mit Beinasche ausgekleidet werden. Unter den verschiedenen Mitteln,
die Weichheit der Gusswaren zu befördern, hebt er als wichtigstes
das Erhitzen der Formen hervor. Das gut geschmolzene Gusseisen
soll in heisse Formen eingegossen werden. Um eine genügende Er-
hitzung der Formen zu ermöglichen, empfiehlt er dringend die Anwen-
dung eiserner Formkasten an Stelle der noch allgemein gebräuchlichen
hölzernen. Er verlangt, dass alle Formen nicht nur Lehm- und
Massenformen, sondern auch die Sandformen bis zur Rotglut erhitzt
werden. Dies könne in einem Ofen geschehen, der einem Cementier-
ofen ähnlich sei, und in dessen Kammern sich Gestelle mit Abteilungen
befänden, in welche man die Formkasten einschiebe. Da das Aus-
ziehen der heissen Kasten aus diesen Öfen aber beschwerlich sei, so
empfiehlt er einen Ofen, der mehr einem Ziegel- oder Backsteinbrenn-
ofen ähnlich ist, in dessen viereckiger Kammer die eisernen Form-
kasten vertikal auf den Boden und übereinander gestellt werden, dass
Kohle und Hitze sie von allen Seiten umgeben. Die Öfen könnten
nach Reaumurs Angabe so eingerichtet sein, dass man in denselben
giesst, die Formkasten also nicht herausgenommen zu werden brauchen.
-- Als ein weiteres Mittel zur Erzielung weicher Gusswaren empfiehlt
Reaumur ein Ausglühen unmittelbar nach dem Guss, so dass die
Gussstücke noch möglichst heiss in den Glühofen kommen. Auch dies
wird sehr erleichtert, wenn die Gusswaren in den zuletzt erwähnten
Öfen, die den heutigen Darrkammern der Giessereien am nächsten
kommen und in welcher die Formen erhitzt wurden, auch gegossen
werden. Das Nachglühen kann dann in denselben leicht und ohne
grosse Kosten bewerkstelligt werden. Die vielen Angaben, die

Schmiedbarer Guſs.
welche erst in diesem Jahrhundert zur vollen Anerkennung ge-
kommen ist.

Was nun den dritten Teil der neuen Abhandlung Reaumurs
anlangt, so gehört derselbe, wie schon aus seiner Überschrift hervor-
geht, fast ganz in das Gebiet der Eisengieſserei. Die Grundlage des
Erfolges, um weichen Guſs zu erzielen, bildet die Auswahl des Roh-
eisens, indem dasselbe sich mehr oder weniger dafür eignet. Nur
graues Eisen soll man hierzu verwenden. Will man weiſses benutzen,
so muſs man es erst aduzieren, aber auch dann muſs man es mit
natürlichem grauen Guſseisen zusammenschmelzen. Ist das Eisen
zu grau, so empfiehlt er einen geringen Zusatz von Alaun, der ihm
eine schönere Farbe gebe, ohne es hart zu machen. Soll das Guſs-
eisen beim Umschmelzen seine Weichheit behalten, so muſs das
Schmelzgefäſs mit einem Futter von Holzkohlen oder von Holzkohlen
mit Beinasche ausgekleidet werden. Unter den verschiedenen Mitteln,
die Weichheit der Guſswaren zu befördern, hebt er als wichtigstes
das Erhitzen der Formen hervor. Das gut geschmolzene Guſseisen
soll in heiſse Formen eingegossen werden. Um eine genügende Er-
hitzung der Formen zu ermöglichen, empfiehlt er dringend die Anwen-
dung eiserner Formkasten an Stelle der noch allgemein gebräuchlichen
hölzernen. Er verlangt, daſs alle Formen nicht nur Lehm- und
Massenformen, sondern auch die Sandformen bis zur Rotglut erhitzt
werden. Dies könne in einem Ofen geschehen, der einem Cementier-
ofen ähnlich sei, und in dessen Kammern sich Gestelle mit Abteilungen
befänden, in welche man die Formkasten einschiebe. Da das Aus-
ziehen der heiſsen Kasten aus diesen Öfen aber beschwerlich sei, so
empfiehlt er einen Ofen, der mehr einem Ziegel- oder Backsteinbrenn-
ofen ähnlich ist, in dessen viereckiger Kammer die eisernen Form-
kasten vertikal auf den Boden und übereinander gestellt werden, daſs
Kohle und Hitze sie von allen Seiten umgeben. Die Öfen könnten
nach Reaumurs Angabe so eingerichtet sein, daſs man in denselben
gieſst, die Formkasten also nicht herausgenommen zu werden brauchen.
— Als ein weiteres Mittel zur Erzielung weicher Guſswaren empfiehlt
Reaumur ein Ausglühen unmittelbar nach dem Guſs, so daſs die
Guſsstücke noch möglichst heiſs in den Glühofen kommen. Auch dies
wird sehr erleichtert, wenn die Guſswaren in den zuletzt erwähnten
Öfen, die den heutigen Darrkammern der Gieſsereien am nächsten
kommen und in welcher die Formen erhitzt wurden, auch gegossen
werden. Das Nachglühen kann dann in denselben leicht und ohne
groſse Kosten bewerkstelligt werden. Die vielen Angaben, die

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[240/0254] Schmiedbarer Guſs. welche erst in diesem Jahrhundert zur vollen Anerkennung ge- kommen ist. Was nun den dritten Teil der neuen Abhandlung Reaumurs anlangt, so gehört derselbe, wie schon aus seiner Überschrift hervor- geht, fast ganz in das Gebiet der Eisengieſserei. Die Grundlage des Erfolges, um weichen Guſs zu erzielen, bildet die Auswahl des Roh- eisens, indem dasselbe sich mehr oder weniger dafür eignet. Nur graues Eisen soll man hierzu verwenden. Will man weiſses benutzen, so muſs man es erst aduzieren, aber auch dann muſs man es mit natürlichem grauen Guſseisen zusammenschmelzen. Ist das Eisen zu grau, so empfiehlt er einen geringen Zusatz von Alaun, der ihm eine schönere Farbe gebe, ohne es hart zu machen. Soll das Guſs- eisen beim Umschmelzen seine Weichheit behalten, so muſs das Schmelzgefäſs mit einem Futter von Holzkohlen oder von Holzkohlen mit Beinasche ausgekleidet werden. Unter den verschiedenen Mitteln, die Weichheit der Guſswaren zu befördern, hebt er als wichtigstes das Erhitzen der Formen hervor. Das gut geschmolzene Guſseisen soll in heiſse Formen eingegossen werden. Um eine genügende Er- hitzung der Formen zu ermöglichen, empfiehlt er dringend die Anwen- dung eiserner Formkasten an Stelle der noch allgemein gebräuchlichen hölzernen. Er verlangt, daſs alle Formen nicht nur Lehm- und Massenformen, sondern auch die Sandformen bis zur Rotglut erhitzt werden. Dies könne in einem Ofen geschehen, der einem Cementier- ofen ähnlich sei, und in dessen Kammern sich Gestelle mit Abteilungen befänden, in welche man die Formkasten einschiebe. Da das Aus- ziehen der heiſsen Kasten aus diesen Öfen aber beschwerlich sei, so empfiehlt er einen Ofen, der mehr einem Ziegel- oder Backsteinbrenn- ofen ähnlich ist, in dessen viereckiger Kammer die eisernen Form- kasten vertikal auf den Boden und übereinander gestellt werden, daſs Kohle und Hitze sie von allen Seiten umgeben. Die Öfen könnten nach Reaumurs Angabe so eingerichtet sein, daſs man in denselben gieſst, die Formkasten also nicht herausgenommen zu werden brauchen. — Als ein weiteres Mittel zur Erzielung weicher Guſswaren empfiehlt Reaumur ein Ausglühen unmittelbar nach dem Guſs, so daſs die Guſsstücke noch möglichst heiſs in den Glühofen kommen. Auch dies wird sehr erleichtert, wenn die Guſswaren in den zuletzt erwähnten Öfen, die den heutigen Darrkammern der Gieſsereien am nächsten kommen und in welcher die Formen erhitzt wurden, auch gegossen werden. Das Nachglühen kann dann in denselben leicht und ohne groſse Kosten bewerkstelligt werden. Die vielen Angaben, die

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/254>, abgerufen am 20.05.2024.