das für die Stahlfabrikation besonders geeignete Eisen fabrizierten, höhere Preise zahlten. Sie vergüteten den Hüttenwerken in und um Danemora, von denen sie dieses Eisen bezogen, grundsätzlich 15 Proc. mehr als der Normalpreis des Eisens war. Sie kauften ausserdem den betreffenden Werken die ganze Produktion ab und banden die Besitzer durch Verträge, an niemand anders als an sie ihr Eisen ab- zugeben. Dieses Eisen führte die gemeinschaftliche Bezeichnung Oregrund-Eisen, weil alle diese Hütten ihr Eisen in dem Hafen von Oregrund verschifften. Von da ging es teils nach Newcastle, haupt- sächlich aber nach Hull, namentlich das für die Sheffielder Werke. Das Oregrund-Eisen hatten die Engländer förmlich mit Beschlag belegt und wachten mit Eifersucht darüber, dass es nicht in andere Hände gelangte. Dies war der wichtigste Grund des grossen Aufschwungs und der Bedeutung der englischen Stahlfabrikation und weshalb in keinem anderen Lande die Cementstahlfabrikation zu gleicher Blüte kommen konnte. Kein anderes Land hatte ein solches Material, und La Play schreibt mit Recht den Misserfolg der vielen Versuche zur Einführung dieser Stahlfabrikation in Frankreich diesem Um- stande zu.
Natürlich lag es nahe, dass die Schweden selbst die Vorteile ihres vorzüglichen Materials ausnutzten, und sind denn auch man- cherlei Versuche schon frühzeitig gemacht worden. Dass dieselben in der ersten Hälfte des Jahrhunderts keinen besonderen Erfolg hatten, geht aus Polhems Bemerkungen in seinem patriotischen Testament hervor. Ein Versuch auf der Hütte zu Akerby in Rosslagen, welche das vorzügliche @-Eisen lieferte, hatte keinen Erfolg, angeblich weil der Prozess zu kostspielig war, was aber daher kam, dass man teuere englische Steinkohle als Heizmaterial verwendete. In den sechziger Jahren des 18. Jahrhunderts war auch auf der Eisenhütte zu Osterby, welche das beste Stabeisen -- das sogenannte Zwei-Kugel-Eisen, mit der Marke o o -- lieferte, ein Stahlbrennofen angelegt worden. Jars schreibt darüber: Der Ofen hat bezüglich seiner Bauart mit dem in England gebräuchlichen viel Ähnlichkeit, allein er ist nicht so vor- teilhaft wie dieser angelegt; es befinden sich drei Kisten in jedem Ofen, deren jede nur sechs Fuss lang ist und in welche zusammen 30 Schiffspfund (4800 kg) Eisen gehen. Ein Ofen hat vier Feuerungen, welche aber nur zwei englischen gleichkommen, weil der Rost nicht durch den Ofen durchgeht, sondern sich in der Mitte eine Scheide- wand befindet. Das Sonderbarste dabei ist aber, dass man die Arbeit für unmöglich hält, wenn der Ofen nicht wie in England mit Stein-
Beck, Geschichte des Eisens. 19
Die Cementstahlfabrikation in England.
das für die Stahlfabrikation besonders geeignete Eisen fabrizierten, höhere Preise zahlten. Sie vergüteten den Hüttenwerken in und um Danemora, von denen sie dieses Eisen bezogen, grundsätzlich 15 Proc. mehr als der Normalpreis des Eisens war. Sie kauften auſserdem den betreffenden Werken die ganze Produktion ab und banden die Besitzer durch Verträge, an niemand anders als an sie ihr Eisen ab- zugeben. Dieses Eisen führte die gemeinschaftliche Bezeichnung Oregrund-Eisen, weil alle diese Hütten ihr Eisen in dem Hafen von Oregrund verschifften. Von da ging es teils nach Newcastle, haupt- sächlich aber nach Hull, namentlich das für die Sheffielder Werke. Das Oregrund-Eisen hatten die Engländer förmlich mit Beschlag belegt und wachten mit Eifersucht darüber, daſs es nicht in andere Hände gelangte. Dies war der wichtigste Grund des groſsen Aufschwungs und der Bedeutung der englischen Stahlfabrikation und weshalb in keinem anderen Lande die Cementstahlfabrikation zu gleicher Blüte kommen konnte. Kein anderes Land hatte ein solches Material, und La Play schreibt mit Recht den Miſserfolg der vielen Versuche zur Einführung dieser Stahlfabrikation in Frankreich diesem Um- stande zu.
Natürlich lag es nahe, daſs die Schweden selbst die Vorteile ihres vorzüglichen Materials ausnutzten, und sind denn auch man- cherlei Versuche schon frühzeitig gemacht worden. Daſs dieselben in der ersten Hälfte des Jahrhunderts keinen besonderen Erfolg hatten, geht aus Polhems Bemerkungen in seinem patriotischen Testament hervor. Ein Versuch auf der Hütte zu Akerby in Roſslagen, welche das vorzügliche -Eisen lieferte, hatte keinen Erfolg, angeblich weil der Prozeſs zu kostspielig war, was aber daher kam, daſs man teuere englische Steinkohle als Heizmaterial verwendete. In den sechziger Jahren des 18. Jahrhunderts war auch auf der Eisenhütte zu Osterby, welche das beste Stabeisen — das sogenannte Zwei-Kugel-Eisen, mit der Marke o o — lieferte, ein Stahlbrennofen angelegt worden. Jars schreibt darüber: Der Ofen hat bezüglich seiner Bauart mit dem in England gebräuchlichen viel Ähnlichkeit, allein er ist nicht so vor- teilhaft wie dieser angelegt; es befinden sich drei Kisten in jedem Ofen, deren jede nur sechs Fuſs lang ist und in welche zusammen 30 Schiffspfund (4800 kg) Eisen gehen. Ein Ofen hat vier Feuerungen, welche aber nur zwei englischen gleichkommen, weil der Rost nicht durch den Ofen durchgeht, sondern sich in der Mitte eine Scheide- wand befindet. Das Sonderbarste dabei ist aber, daſs man die Arbeit für unmöglich hält, wenn der Ofen nicht wie in England mit Stein-
Beck, Geschichte des Eisens. 19
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0303"n="289"/><fwplace="top"type="header">Die Cementstahlfabrikation in England.</fw><lb/>
das für die Stahlfabrikation besonders geeignete Eisen fabrizierten,<lb/>
höhere Preise zahlten. Sie vergüteten den Hüttenwerken in und um<lb/>
Danemora, von denen sie dieses Eisen bezogen, grundsätzlich 15 Proc.<lb/>
mehr als der Normalpreis des Eisens war. Sie kauften auſserdem<lb/>
den betreffenden Werken die ganze Produktion ab und banden die<lb/>
Besitzer durch Verträge, an niemand anders als an sie ihr Eisen ab-<lb/>
zugeben. Dieses Eisen führte die gemeinschaftliche Bezeichnung<lb/>
Oregrund-Eisen, weil alle diese Hütten ihr Eisen in dem Hafen von<lb/>
Oregrund verschifften. Von da ging es teils nach Newcastle, haupt-<lb/>
sächlich aber nach Hull, namentlich das für die Sheffielder Werke. Das<lb/>
Oregrund-Eisen hatten die Engländer förmlich mit Beschlag belegt<lb/>
und wachten mit Eifersucht darüber, daſs es nicht in andere Hände<lb/>
gelangte. Dies war der wichtigste Grund des groſsen Aufschwungs<lb/>
und der Bedeutung der englischen Stahlfabrikation und weshalb in<lb/>
keinem anderen Lande die Cementstahlfabrikation zu gleicher Blüte<lb/>
kommen konnte. Kein anderes Land hatte ein solches Material, und<lb/><hirendition="#g">La Play</hi> schreibt mit Recht den Miſserfolg der vielen Versuche<lb/>
zur Einführung dieser Stahlfabrikation in Frankreich diesem Um-<lb/>
stande zu.</p><lb/><p>Natürlich lag es nahe, daſs die Schweden selbst die Vorteile<lb/>
ihres vorzüglichen Materials ausnutzten, und sind denn auch man-<lb/>
cherlei Versuche schon frühzeitig gemacht worden. Daſs dieselben in<lb/>
der ersten Hälfte des Jahrhunderts keinen besonderen Erfolg hatten,<lb/>
geht aus <hirendition="#g">Polhems</hi> Bemerkungen in seinem patriotischen Testament<lb/>
hervor. Ein Versuch auf der Hütte zu Akerby in Roſslagen, welche<lb/>
das vorzügliche -Eisen lieferte, hatte keinen Erfolg, angeblich weil<lb/>
der Prozeſs zu kostspielig war, was aber daher kam, daſs man teuere<lb/>
englische Steinkohle als Heizmaterial verwendete. In den sechziger<lb/>
Jahren des 18. Jahrhunderts war auch auf der Eisenhütte zu Osterby,<lb/>
welche das beste Stabeisen — das sogenannte Zwei-Kugel-Eisen, mit<lb/>
der Marke o o — lieferte, ein Stahlbrennofen angelegt worden. <hirendition="#g">Jars</hi><lb/>
schreibt darüber: Der Ofen hat bezüglich seiner Bauart mit dem in<lb/>
England gebräuchlichen viel Ähnlichkeit, allein er ist nicht so vor-<lb/>
teilhaft wie dieser angelegt; es befinden sich drei Kisten in jedem<lb/>
Ofen, deren jede nur sechs Fuſs lang ist und in welche zusammen<lb/>
30 Schiffspfund (4800 kg) Eisen gehen. Ein Ofen hat vier Feuerungen,<lb/>
welche aber nur zwei englischen gleichkommen, weil der Rost nicht<lb/>
durch den Ofen durchgeht, sondern sich in der Mitte eine Scheide-<lb/>
wand befindet. Das Sonderbarste dabei ist aber, daſs man die Arbeit<lb/>
für unmöglich hält, wenn der Ofen nicht wie in England mit Stein-<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#g">Beck</hi>, Geschichte des Eisens. 19</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[289/0303]
Die Cementstahlfabrikation in England.
das für die Stahlfabrikation besonders geeignete Eisen fabrizierten,
höhere Preise zahlten. Sie vergüteten den Hüttenwerken in und um
Danemora, von denen sie dieses Eisen bezogen, grundsätzlich 15 Proc.
mehr als der Normalpreis des Eisens war. Sie kauften auſserdem
den betreffenden Werken die ganze Produktion ab und banden die
Besitzer durch Verträge, an niemand anders als an sie ihr Eisen ab-
zugeben. Dieses Eisen führte die gemeinschaftliche Bezeichnung
Oregrund-Eisen, weil alle diese Hütten ihr Eisen in dem Hafen von
Oregrund verschifften. Von da ging es teils nach Newcastle, haupt-
sächlich aber nach Hull, namentlich das für die Sheffielder Werke. Das
Oregrund-Eisen hatten die Engländer förmlich mit Beschlag belegt
und wachten mit Eifersucht darüber, daſs es nicht in andere Hände
gelangte. Dies war der wichtigste Grund des groſsen Aufschwungs
und der Bedeutung der englischen Stahlfabrikation und weshalb in
keinem anderen Lande die Cementstahlfabrikation zu gleicher Blüte
kommen konnte. Kein anderes Land hatte ein solches Material, und
La Play schreibt mit Recht den Miſserfolg der vielen Versuche
zur Einführung dieser Stahlfabrikation in Frankreich diesem Um-
stande zu.
Natürlich lag es nahe, daſs die Schweden selbst die Vorteile
ihres vorzüglichen Materials ausnutzten, und sind denn auch man-
cherlei Versuche schon frühzeitig gemacht worden. Daſs dieselben in
der ersten Hälfte des Jahrhunderts keinen besonderen Erfolg hatten,
geht aus Polhems Bemerkungen in seinem patriotischen Testament
hervor. Ein Versuch auf der Hütte zu Akerby in Roſslagen, welche
das vorzügliche -Eisen lieferte, hatte keinen Erfolg, angeblich weil
der Prozeſs zu kostspielig war, was aber daher kam, daſs man teuere
englische Steinkohle als Heizmaterial verwendete. In den sechziger
Jahren des 18. Jahrhunderts war auch auf der Eisenhütte zu Osterby,
welche das beste Stabeisen — das sogenannte Zwei-Kugel-Eisen, mit
der Marke o o — lieferte, ein Stahlbrennofen angelegt worden. Jars
schreibt darüber: Der Ofen hat bezüglich seiner Bauart mit dem in
England gebräuchlichen viel Ähnlichkeit, allein er ist nicht so vor-
teilhaft wie dieser angelegt; es befinden sich drei Kisten in jedem
Ofen, deren jede nur sechs Fuſs lang ist und in welche zusammen
30 Schiffspfund (4800 kg) Eisen gehen. Ein Ofen hat vier Feuerungen,
welche aber nur zwei englischen gleichkommen, weil der Rost nicht
durch den Ofen durchgeht, sondern sich in der Mitte eine Scheide-
wand befindet. Das Sonderbarste dabei ist aber, daſs man die Arbeit
für unmöglich hält, wenn der Ofen nicht wie in England mit Stein-
Beck, Geschichte des Eisens. 19
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/303>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.