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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Litteratur im 18. Jahrhundert.
Gedeihen und Wachstum sowohl dieser mechanischen Künste als der
Wissenschaften gleichmässig befördern würde. Wenn die Künste, die
in dunklen Zeiten geboren sind und denen der Fleiss, der im
Finsteren tappte, nur langsamen Fortschritt verschaffen konnte, lange
Zeit vor Errichtung der gelehrten Gesellschaften bestanden, so kann
man doch deutlich erkennen, dass sie in den Zeiten und den Ländern,
in denen die Wissenschaften mit Fleiss gepflegt wurden, einen über-
aus raschen Fortgang genommen haben . . . . Man wird, wenn man
einzelne derselben, wie die Uhrmacherkunst, die Schiffahrt und andere
betrachtet, einen unermesslichen Unterschied gewahr werden, welcher
durchaus nicht dem blinden Zufall, sondern den Bemühungen zuzu-
schreiben ist, welche man seit diesem Zeitraum angewendet hat, die
Geometrie, die Mechanik, die Optik, die Chemie, die Anatomie u. s. w.
zu vervollkommnen".

"Welche neue Vervollkommnung der Künste wird man nicht er-
warten können, wenn die Gelehrten, die in verschiedenen Teilen der
Naturkunde Kenntnis und Erfahrung erlangt haben, sich die Mühe
geben werden, die oft sinnreichen Arbeiten, welche der Künstler in
seiner Werkstatt unternimmt, zu untersuchen und zu erklären; wenn
sie dadurch die Bedürfnisse einer Kunst, die Grenzen, die dem
Künstler gezogen sind, die Schwierigkeiten, die ihn hindern, weiter
zu schreiten, die Beihülfe, die man aus einer Kunst zur Unter-
stützung einer anderen nehmen kann, und welche der Arbeiter selten
im Stande ist, zu erkennen, klar stellen werden! Der Messkünstler,
der Mechaniker, der Chemiker, werden einem verständigen Künstler
Hülfsmittel an die Hand geben, um die Hindernisse zu übersteigen,
welche wegzuräumen er sich nicht getraut hat. Sie werden ihn auf
Wege führen, nur nützliche Dinge zu erfinden. Zu gleicher Zeit
aber werden sie von ihm lernen, welches die Teile der Theorie sind,
deren man sich hauptsächlich befleissigen muss, um das praktische
Verfahren desto mehr aufzuklären und empirische Handgriffe auf
bestimmte Regeln zurückzuführen".

"Dieses war die Absicht der Akademie der Wissenschaften, die
stets ihre Arbeiten auf das Nützliche richtet, als sie ihre Mitglieder
anregte, an einer Beschreibung der Künste zu arbeiten. Seit dem
Anfange dieses Jahrhunderts hat sie nie aufgehört, Materialien zu
sammeln, um diesen Zweck zu erreichen. Allein der Gegenstand ist
unermesslich und kann nur durch eine lange Zeitfolge zu Stande ge-
bracht werden. Man hatte dem verstorbenen Herrn von Reaumur
aufgetragen, eine grosse Zahl Abhandlungen, die teils von vielen Mit-

Litteratur im 18. Jahrhundert.
Gedeihen und Wachstum sowohl dieser mechanischen Künste als der
Wissenschaften gleichmäſsig befördern würde. Wenn die Künste, die
in dunklen Zeiten geboren sind und denen der Fleiſs, der im
Finsteren tappte, nur langsamen Fortschritt verschaffen konnte, lange
Zeit vor Errichtung der gelehrten Gesellschaften bestanden, so kann
man doch deutlich erkennen, daſs sie in den Zeiten und den Ländern,
in denen die Wissenschaften mit Fleiſs gepflegt wurden, einen über-
aus raschen Fortgang genommen haben . . . . Man wird, wenn man
einzelne derselben, wie die Uhrmacherkunst, die Schiffahrt und andere
betrachtet, einen unermeſslichen Unterschied gewahr werden, welcher
durchaus nicht dem blinden Zufall, sondern den Bemühungen zuzu-
schreiben ist, welche man seit diesem Zeitraum angewendet hat, die
Geometrie, die Mechanik, die Optik, die Chemie, die Anatomie u. s. w.
zu vervollkommnen“.

„Welche neue Vervollkommnung der Künste wird man nicht er-
warten können, wenn die Gelehrten, die in verschiedenen Teilen der
Naturkunde Kenntnis und Erfahrung erlangt haben, sich die Mühe
geben werden, die oft sinnreichen Arbeiten, welche der Künstler in
seiner Werkstatt unternimmt, zu untersuchen und zu erklären; wenn
sie dadurch die Bedürfnisse einer Kunst, die Grenzen, die dem
Künstler gezogen sind, die Schwierigkeiten, die ihn hindern, weiter
zu schreiten, die Beihülfe, die man aus einer Kunst zur Unter-
stützung einer anderen nehmen kann, und welche der Arbeiter selten
im Stande ist, zu erkennen, klar stellen werden! Der Meſskünstler,
der Mechaniker, der Chemiker, werden einem verständigen Künstler
Hülfsmittel an die Hand geben, um die Hindernisse zu übersteigen,
welche wegzuräumen er sich nicht getraut hat. Sie werden ihn auf
Wege führen, nur nützliche Dinge zu erfinden. Zu gleicher Zeit
aber werden sie von ihm lernen, welches die Teile der Theorie sind,
deren man sich hauptsächlich befleiſsigen muſs, um das praktische
Verfahren desto mehr aufzuklären und empirische Handgriffe auf
bestimmte Regeln zurückzuführen“.

„Dieses war die Absicht der Akademie der Wissenschaften, die
stets ihre Arbeiten auf das Nützliche richtet, als sie ihre Mitglieder
anregte, an einer Beschreibung der Künste zu arbeiten. Seit dem
Anfange dieses Jahrhunderts hat sie nie aufgehört, Materialien zu
sammeln, um diesen Zweck zu erreichen. Allein der Gegenstand ist
unermeſslich und kann nur durch eine lange Zeitfolge zu Stande ge-
bracht werden. Man hatte dem verstorbenen Herrn von Reaumur
aufgetragen, eine groſse Zahl Abhandlungen, die teils von vielen Mit-

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[30/0044] Litteratur im 18. Jahrhundert. Gedeihen und Wachstum sowohl dieser mechanischen Künste als der Wissenschaften gleichmäſsig befördern würde. Wenn die Künste, die in dunklen Zeiten geboren sind und denen der Fleiſs, der im Finsteren tappte, nur langsamen Fortschritt verschaffen konnte, lange Zeit vor Errichtung der gelehrten Gesellschaften bestanden, so kann man doch deutlich erkennen, daſs sie in den Zeiten und den Ländern, in denen die Wissenschaften mit Fleiſs gepflegt wurden, einen über- aus raschen Fortgang genommen haben . . . . Man wird, wenn man einzelne derselben, wie die Uhrmacherkunst, die Schiffahrt und andere betrachtet, einen unermeſslichen Unterschied gewahr werden, welcher durchaus nicht dem blinden Zufall, sondern den Bemühungen zuzu- schreiben ist, welche man seit diesem Zeitraum angewendet hat, die Geometrie, die Mechanik, die Optik, die Chemie, die Anatomie u. s. w. zu vervollkommnen“. „Welche neue Vervollkommnung der Künste wird man nicht er- warten können, wenn die Gelehrten, die in verschiedenen Teilen der Naturkunde Kenntnis und Erfahrung erlangt haben, sich die Mühe geben werden, die oft sinnreichen Arbeiten, welche der Künstler in seiner Werkstatt unternimmt, zu untersuchen und zu erklären; wenn sie dadurch die Bedürfnisse einer Kunst, die Grenzen, die dem Künstler gezogen sind, die Schwierigkeiten, die ihn hindern, weiter zu schreiten, die Beihülfe, die man aus einer Kunst zur Unter- stützung einer anderen nehmen kann, und welche der Arbeiter selten im Stande ist, zu erkennen, klar stellen werden! Der Meſskünstler, der Mechaniker, der Chemiker, werden einem verständigen Künstler Hülfsmittel an die Hand geben, um die Hindernisse zu übersteigen, welche wegzuräumen er sich nicht getraut hat. Sie werden ihn auf Wege führen, nur nützliche Dinge zu erfinden. Zu gleicher Zeit aber werden sie von ihm lernen, welches die Teile der Theorie sind, deren man sich hauptsächlich befleiſsigen muſs, um das praktische Verfahren desto mehr aufzuklären und empirische Handgriffe auf bestimmte Regeln zurückzuführen“. „Dieses war die Absicht der Akademie der Wissenschaften, die stets ihre Arbeiten auf das Nützliche richtet, als sie ihre Mitglieder anregte, an einer Beschreibung der Künste zu arbeiten. Seit dem Anfange dieses Jahrhunderts hat sie nie aufgehört, Materialien zu sammeln, um diesen Zweck zu erreichen. Allein der Gegenstand ist unermeſslich und kann nur durch eine lange Zeitfolge zu Stande ge- bracht werden. Man hatte dem verstorbenen Herrn von Reaumur aufgetragen, eine groſse Zahl Abhandlungen, die teils von vielen Mit-

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/44>, abgerufen am 28.04.2024.