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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Walzwerke. Scheren.
walze. Die Walzen müssten dann 41/2 Fuss lang und 10 bis 11 Zoll
dick sein. Eisenplatten walzte man nicht von solchen Dimensionen.
Solche von 2 Fuss Länge und 11/2 bis 13/4 Fuss breit (etwa 0,60 x
0,50 m) galten als grosse Platten. Die Bleche zum Verzinnen hatten
10 bis 11 Zoll auf 13 Zoll (0,30 bis 0,39 m) und waren die dafür
benutzten Walzen nur 14 bis 15 Zoll (etwa 0,42 m) lang.

Im Jahre 1791 erhielten Jamain und Poncelet in Frankreich
ein Patent auf Blechwalzwerke. Dillingen war nach Neuwied und
Everingsen das älteste Blechwalzwerk in Deutschland.

An die Walzen reihen sich die Pressen, welche zur Formgebung
in Metallfabriken vielfach angewendet wurden. Wir weisen besonders
auf die vorzüglichen Leistungen Polhems zu Stjernsund und Boultons
zu Soho hin.

James Knight liess sich 1762 eine ganz eigentümliche Ma-
schine, welche er "Forge harness", Schmiederüstzeug, nannte, in
England patentieren, um damit Eisen und andere Metalle heiss
auszuziehen. Der ganze Apparat bestand nach der etwas unklaren
Beschreibung aus einer Schraubenmaschine oder Spaltpresse (screw
engine or slitting press), einem gusseisernen Hammerhelm und guss-
eisernem Ambossblock. Die Schraubenmaschine bestand aus einer
grossen Schraube und einem schweren Schwungrad (fly), durch welches
die Schraube in Bewegung gesetzt wurde, und dem Körper oder
Kasten der Maschine, in welchen die Messer eingesetzt wurden. Die
Messer mussten zuerst so gestellt werden, dass sie einen Kasten bil-
deten, in welchen die Eisenluppe (in der gewöhnlichen Weise aus
Roheisen bereitet) hineingelegt wurde. Alsdann wurde das Schwung-
rad durch ein Wasserrad in Bewegung gesetzt und presste die eiserne
Luppe zu einem flachen Kuchen zusammen. Hierauf wurde die
Schraube zurückgezogen und die Messer so angeordnet, dass sie
bei einem zweiten Angriff ineinander griffen und den Kuchen in
Kolben zerschnitten, welche unter dem Hammer in der gewöhnlichen
Weise ausgereckt wurden. Hammerhelm, Hammer und Amboss waren
von Eisen und konnten Helm und Hammer auch in einem Stück
gegossen werden. Die Kolben wurden in einem Wärmeofen mit Koks
erhitzt.

Eine Nagelpresse liess sich Thomas Clifford am 4. Dezbr. 1790
patentieren. Die Nägel wurden aus Blechplatten mit Hülfe eines
Stempels ausgestanzt. Die Gestalt des Stahlstempels (punch) entsprach
genau dem Längenprofil des Nagels. Die Köpfe wurden dann durch
Anköpfstempel geformt. Jeder Nagel kam in richtiger Lage unter

Walzwerke. Scheren.
walze. Die Walzen müſsten dann 4½ Fuſs lang und 10 bis 11 Zoll
dick sein. Eisenplatten walzte man nicht von solchen Dimensionen.
Solche von 2 Fuſs Länge und 1½ bis 1¾ Fuſs breit (etwa 0,60 ×
0,50 m) galten als groſse Platten. Die Bleche zum Verzinnen hatten
10 bis 11 Zoll auf 13 Zoll (0,30 bis 0,39 m) und waren die dafür
benutzten Walzen nur 14 bis 15 Zoll (etwa 0,42 m) lang.

Im Jahre 1791 erhielten Jamain und Poncelet in Frankreich
ein Patent auf Blechwalzwerke. Dillingen war nach Neuwied und
Everingsen das älteste Blechwalzwerk in Deutschland.

An die Walzen reihen sich die Pressen, welche zur Formgebung
in Metallfabriken vielfach angewendet wurden. Wir weisen besonders
auf die vorzüglichen Leistungen Polhems zu Stjernsund und Boultons
zu Soho hin.

James Knight lieſs sich 1762 eine ganz eigentümliche Ma-
schine, welche er „Forge harness“, Schmiederüstzeug, nannte, in
England patentieren, um damit Eisen und andere Metalle heiſs
auszuziehen. Der ganze Apparat bestand nach der etwas unklaren
Beschreibung aus einer Schraubenmaschine oder Spaltpresse (screw
engine or slitting press), einem guſseisernen Hammerhelm und guſs-
eisernem Amboſsblock. Die Schraubenmaschine bestand aus einer
groſsen Schraube und einem schweren Schwungrad (fly), durch welches
die Schraube in Bewegung gesetzt wurde, und dem Körper oder
Kasten der Maschine, in welchen die Messer eingesetzt wurden. Die
Messer muſsten zuerst so gestellt werden, daſs sie einen Kasten bil-
deten, in welchen die Eisenluppe (in der gewöhnlichen Weise aus
Roheisen bereitet) hineingelegt wurde. Alsdann wurde das Schwung-
rad durch ein Wasserrad in Bewegung gesetzt und preſste die eiserne
Luppe zu einem flachen Kuchen zusammen. Hierauf wurde die
Schraube zurückgezogen und die Messer so angeordnet, daſs sie
bei einem zweiten Angriff ineinander griffen und den Kuchen in
Kolben zerschnitten, welche unter dem Hammer in der gewöhnlichen
Weise ausgereckt wurden. Hammerhelm, Hammer und Amboſs waren
von Eisen und konnten Helm und Hammer auch in einem Stück
gegossen werden. Die Kolben wurden in einem Wärmeofen mit Koks
erhitzt.

Eine Nagelpresse lieſs sich Thomas Clifford am 4. Dezbr. 1790
patentieren. Die Nägel wurden aus Blechplatten mit Hülfe eines
Stempels ausgestanzt. Die Gestalt des Stahlstempels (punch) entsprach
genau dem Längenprofil des Nagels. Die Köpfe wurden dann durch
Anköpfstempel geformt. Jeder Nagel kam in richtiger Lage unter

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[598/0612] Walzwerke. Scheren. walze. Die Walzen müſsten dann 4½ Fuſs lang und 10 bis 11 Zoll dick sein. Eisenplatten walzte man nicht von solchen Dimensionen. Solche von 2 Fuſs Länge und 1½ bis 1¾ Fuſs breit (etwa 0,60 × 0,50 m) galten als groſse Platten. Die Bleche zum Verzinnen hatten 10 bis 11 Zoll auf 13 Zoll (0,30 bis 0,39 m) und waren die dafür benutzten Walzen nur 14 bis 15 Zoll (etwa 0,42 m) lang. Im Jahre 1791 erhielten Jamain und Poncelet in Frankreich ein Patent auf Blechwalzwerke. Dillingen war nach Neuwied und Everingsen das älteste Blechwalzwerk in Deutschland. An die Walzen reihen sich die Pressen, welche zur Formgebung in Metallfabriken vielfach angewendet wurden. Wir weisen besonders auf die vorzüglichen Leistungen Polhems zu Stjernsund und Boultons zu Soho hin. James Knight lieſs sich 1762 eine ganz eigentümliche Ma- schine, welche er „Forge harness“, Schmiederüstzeug, nannte, in England patentieren, um damit Eisen und andere Metalle heiſs auszuziehen. Der ganze Apparat bestand nach der etwas unklaren Beschreibung aus einer Schraubenmaschine oder Spaltpresse (screw engine or slitting press), einem guſseisernen Hammerhelm und guſs- eisernem Amboſsblock. Die Schraubenmaschine bestand aus einer groſsen Schraube und einem schweren Schwungrad (fly), durch welches die Schraube in Bewegung gesetzt wurde, und dem Körper oder Kasten der Maschine, in welchen die Messer eingesetzt wurden. Die Messer muſsten zuerst so gestellt werden, daſs sie einen Kasten bil- deten, in welchen die Eisenluppe (in der gewöhnlichen Weise aus Roheisen bereitet) hineingelegt wurde. Alsdann wurde das Schwung- rad durch ein Wasserrad in Bewegung gesetzt und preſste die eiserne Luppe zu einem flachen Kuchen zusammen. Hierauf wurde die Schraube zurückgezogen und die Messer so angeordnet, daſs sie bei einem zweiten Angriff ineinander griffen und den Kuchen in Kolben zerschnitten, welche unter dem Hammer in der gewöhnlichen Weise ausgereckt wurden. Hammerhelm, Hammer und Amboſs waren von Eisen und konnten Helm und Hammer auch in einem Stück gegossen werden. Die Kolben wurden in einem Wärmeofen mit Koks erhitzt. Eine Nagelpresse lieſs sich Thomas Clifford am 4. Dezbr. 1790 patentieren. Die Nägel wurden aus Blechplatten mit Hülfe eines Stempels ausgestanzt. Die Gestalt des Stahlstempels (punch) entsprach genau dem Längenprofil des Nagels. Die Köpfe wurden dann durch Anköpfstempel geformt. Jeder Nagel kam in richtiger Lage unter

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 598. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/612>, abgerufen am 16.07.2024.