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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Lavoisier und die antiphlogistische Chemie.
sich wieder Luft in grosser Menge entwickelt 1). Die Frage, ob ein
besonderer Teil der Luft bei der Verkalkung absorbiert werde, hatte
Lavoisier noch nicht untersucht. Da teilte ihm Pristley, bei einem
Aufenthalt in Paris 1774, seine Entdeckung des Sauerstoffgases mit
und dadurch erlangte erst diese Entdeckung in Lavoisiers Kopf
ihre weltgeschichtliche Bedeutung. 1775 erschien die wichtige Schrift
Lavoisiers, in der er nachwies, dass es der Sauerstoffsei, welcher
die Verbrennung bewirke
und dass der Sauerstoff die notwendige
Bedingung jedes Verbrennungsprozesses sei. In demselben Aufsatz
wies er nach, dass die fixe Luft (Kohlensäure) eine Verbindung von
Kohle mit Sauerstoff sei, da bei dem Erhitzen von Kohlen mit Metall-
kalk regulinisches Metall zurückbleibe und fixe Luft entweiche. Ebenso
wies er bereits darauf hin, dass im Salpeter viel Sauerstoff enthalten
sein müsse, woraus sich die lebhaften Verbrennungserscheinungen
derselben mit Kohlen und anderen Körpern erklärten. Um seine
Erklärung der fixen Luft noch klarer zu beweisen, stellte er Ver-
brennungsversuche mit Diamanten im Inneren eines mit Luft oder
Sauerstoffgas gefüllten Glasgefässes mit Hülfe grosser Brenngläser an. Er
zeigte, dass bei der Verbrennung nichts anderes als fixe Luft gebildet
wird, gerade so, wie wenn man in gleicher Weise Holzkohle verbrennt.

Wichtiger noch war seine Arbeit über die Verbrennung des
Phosphors, welche er 1777 publizierte, denn er konnte dabei zugleich
nachweisen, dass bei der Verbrennung in einem abgemessenen Volumen
Luft nur ein Fünftel absorbiert wurde, während vier Fünftel einer
Luftart zurückblieb, welche weder die Verbrennung noch die Atmung
unterhalten konnte. Er suchte daraus zu beweisen, dass die atmo-
sphärische Luft ein Gemisch aus zwei verschiedenen Gasarten sei.
In demselben Jahre 1777 bewies er die Zusammensetzung der Schwefel-
säure. Dass bei der Verbrennung von Schwefel schweflige Säure ent-
stehe, war längst bekannt, dass dies durch Verbindung von Schwefel mit
einer gewissen Menge Sauerstoff geschehe, war für Lavoisier leicht
nachzuweisen. Erhitzt man Quecksilber mit koncentrierter Schwefel-
säure, so entwickelt sich ebenfalls schweflige Säure, indem die Schwefel-
säure einen Teil ihres Sauerstoffs an das Quecksilber abtritt. Dieser
vom Quecksilber aufgenommene Sauerstoff entweicht aber wieder bei
stärkerem Erhitzen. Auf diese Weise konnte Lavoisier Schwefel-
säure direkt in schweflige Säure und Sauerstoff zerlegen und den
Beweis liefern, dass die Schwefelsäure nur eine höhere Oxydations-

1) Kopp, a. a. O., Bd. I, S. 305.

Lavoisier und die antiphlogistische Chemie.
sich wieder Luft in groſser Menge entwickelt 1). Die Frage, ob ein
besonderer Teil der Luft bei der Verkalkung absorbiert werde, hatte
Lavoisier noch nicht untersucht. Da teilte ihm Pristley, bei einem
Aufenthalt in Paris 1774, seine Entdeckung des Sauerstoffgases mit
und dadurch erlangte erst diese Entdeckung in Lavoisiers Kopf
ihre weltgeschichtliche Bedeutung. 1775 erschien die wichtige Schrift
Lavoisiers, in der er nachwies, daſs es der Sauerstoffsei, welcher
die Verbrennung bewirke
und daſs der Sauerstoff die notwendige
Bedingung jedes Verbrennungsprozesses sei. In demselben Aufsatz
wies er nach, daſs die fixe Luft (Kohlensäure) eine Verbindung von
Kohle mit Sauerstoff sei, da bei dem Erhitzen von Kohlen mit Metall-
kalk regulinisches Metall zurückbleibe und fixe Luft entweiche. Ebenso
wies er bereits darauf hin, daſs im Salpeter viel Sauerstoff enthalten
sein müsse, woraus sich die lebhaften Verbrennungserscheinungen
derselben mit Kohlen und anderen Körpern erklärten. Um seine
Erklärung der fixen Luft noch klarer zu beweisen, stellte er Ver-
brennungsversuche mit Diamanten im Inneren eines mit Luft oder
Sauerstoffgas gefüllten Glasgefäſses mit Hülfe groſser Brenngläser an. Er
zeigte, daſs bei der Verbrennung nichts anderes als fixe Luft gebildet
wird, gerade so, wie wenn man in gleicher Weise Holzkohle verbrennt.

Wichtiger noch war seine Arbeit über die Verbrennung des
Phosphors, welche er 1777 publizierte, denn er konnte dabei zugleich
nachweisen, daſs bei der Verbrennung in einem abgemessenen Volumen
Luft nur ein Fünftel absorbiert wurde, während vier Fünftel einer
Luftart zurückblieb, welche weder die Verbrennung noch die Atmung
unterhalten konnte. Er suchte daraus zu beweisen, daſs die atmo-
sphärische Luft ein Gemisch aus zwei verschiedenen Gasarten sei.
In demselben Jahre 1777 bewies er die Zusammensetzung der Schwefel-
säure. Daſs bei der Verbrennung von Schwefel schweflige Säure ent-
stehe, war längst bekannt, daſs dies durch Verbindung von Schwefel mit
einer gewissen Menge Sauerstoff geschehe, war für Lavoisier leicht
nachzuweisen. Erhitzt man Quecksilber mit koncentrierter Schwefel-
säure, so entwickelt sich ebenfalls schweflige Säure, indem die Schwefel-
säure einen Teil ihres Sauerstoffs an das Quecksilber abtritt. Dieser
vom Quecksilber aufgenommene Sauerstoff entweicht aber wieder bei
stärkerem Erhitzen. Auf diese Weise konnte Lavoisier Schwefel-
säure direkt in schweflige Säure und Sauerstoff zerlegen und den
Beweis liefern, daſs die Schwefelsäure nur eine höhere Oxydations-

1) Kopp, a. a. O., Bd. I, S. 305.
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[632/0646] Lavoisier und die antiphlogistische Chemie. sich wieder Luft in groſser Menge entwickelt 1). Die Frage, ob ein besonderer Teil der Luft bei der Verkalkung absorbiert werde, hatte Lavoisier noch nicht untersucht. Da teilte ihm Pristley, bei einem Aufenthalt in Paris 1774, seine Entdeckung des Sauerstoffgases mit und dadurch erlangte erst diese Entdeckung in Lavoisiers Kopf ihre weltgeschichtliche Bedeutung. 1775 erschien die wichtige Schrift Lavoisiers, in der er nachwies, daſs es der Sauerstoffsei, welcher die Verbrennung bewirke und daſs der Sauerstoff die notwendige Bedingung jedes Verbrennungsprozesses sei. In demselben Aufsatz wies er nach, daſs die fixe Luft (Kohlensäure) eine Verbindung von Kohle mit Sauerstoff sei, da bei dem Erhitzen von Kohlen mit Metall- kalk regulinisches Metall zurückbleibe und fixe Luft entweiche. Ebenso wies er bereits darauf hin, daſs im Salpeter viel Sauerstoff enthalten sein müsse, woraus sich die lebhaften Verbrennungserscheinungen derselben mit Kohlen und anderen Körpern erklärten. Um seine Erklärung der fixen Luft noch klarer zu beweisen, stellte er Ver- brennungsversuche mit Diamanten im Inneren eines mit Luft oder Sauerstoffgas gefüllten Glasgefäſses mit Hülfe groſser Brenngläser an. Er zeigte, daſs bei der Verbrennung nichts anderes als fixe Luft gebildet wird, gerade so, wie wenn man in gleicher Weise Holzkohle verbrennt. Wichtiger noch war seine Arbeit über die Verbrennung des Phosphors, welche er 1777 publizierte, denn er konnte dabei zugleich nachweisen, daſs bei der Verbrennung in einem abgemessenen Volumen Luft nur ein Fünftel absorbiert wurde, während vier Fünftel einer Luftart zurückblieb, welche weder die Verbrennung noch die Atmung unterhalten konnte. Er suchte daraus zu beweisen, daſs die atmo- sphärische Luft ein Gemisch aus zwei verschiedenen Gasarten sei. In demselben Jahre 1777 bewies er die Zusammensetzung der Schwefel- säure. Daſs bei der Verbrennung von Schwefel schweflige Säure ent- stehe, war längst bekannt, daſs dies durch Verbindung von Schwefel mit einer gewissen Menge Sauerstoff geschehe, war für Lavoisier leicht nachzuweisen. Erhitzt man Quecksilber mit koncentrierter Schwefel- säure, so entwickelt sich ebenfalls schweflige Säure, indem die Schwefel- säure einen Teil ihres Sauerstoffs an das Quecksilber abtritt. Dieser vom Quecksilber aufgenommene Sauerstoff entweicht aber wieder bei stärkerem Erhitzen. Auf diese Weise konnte Lavoisier Schwefel- säure direkt in schweflige Säure und Sauerstoff zerlegen und den Beweis liefern, daſs die Schwefelsäure nur eine höhere Oxydations- 1) Kopp, a. a. O., Bd. I, S. 305.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 632. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/646>, abgerufen am 22.11.2024.