rohem Zustande verkauft. Die Feilenfabrik hatte aufgehört. In der neuen Fabrik war weder eine Dampfmaschine, noch ein Hammer. Alle Güsse mussten zum Verschmieden nach der alten Fabrik gebracht werden. Der dortige neue Hammer (von 1818) war aber so schwach, dass er nur Gussstahl von 3 Zoll Dicke schmieden konnte. Das Walzen von Gussstahl zu Platten musste durchgängig anderen Werken, namentlich dem Walzwerke des "Mechanikus" Franz Dienenthal in Spillenberg bei Essen, des Erbauers der ersten Blechwalzen sowie der ersten Dampfmaschinenfabrik am Niederrhein, übergeben werden. Obgleich sich das Werk von Jahr zu Jahr hob und Krupp mehr Aufträge bekam, als er ausführen konnte, befand er sich doch damals in andauernder Geldklemme, aus der ihn weder seine Familie noch seine Freunde, die immer noch nicht an die Zukunft seines Unternehmens glauben wollten, befreiten. Dies drückte oft schwer auf ihn, so dass er 1820 ernstlich daran dachte, nach Russland aus- zuwandern.
Um den Ruf seines Geschäftes zu heben, legte er 1821 Proben seines Gussstahls dem Verein zur Beförderung des Gewerbefleisses in den königl. preussischen Staaten in Berlin vor. Nach gründlicher Prü- fung bekundete dieser 1822 öffentlich, "dass Herr Friedrich Krupp in Essen an der Ruhr durch langjährige Versuche und grosse Aufopfe- rungen es so weit gebracht hat, dass sein Gussstahl im allgemeinen den Vorzug vor dem englischen hat. . . . Sein Fabrikat ist von der Abteilung für Manufakturen und Handel in Berlin sorgfältig unter- sucht und dahin beurteilt worden, dass es an Brauchbarkeit und innerer Güte dem besten englischen Stahl gleichzuachten, ja in mehr- facher Hinsicht ihm vorzuziehen ist" 1).
So ehrenvoll diese Anerkennung war, so konnte sie doch Fried- rich Krupp, dessen Gesundheit so erschüttert war, dass er oft viele Monate lang, von heftigen Schmerzen gepeinigt, arbeitsunfähig war, nur wenig nützen. Da ihn niemand im Geschäfte ersetzen konnte, so musste dieses zurückgehen. Die traurige Lage, in die die Familie ge- riet, zwang dieselbe, ihre Wohnung in der Stadt aufzugeben und ein kleines Arbeiterhäuschen bei dem Werke, welches für einen der Meister errichtet worden war, zu beziehen. Am 8. Oktober 1826 raffte die Brustwassersucht den thätigen Mann hinweg. In dieser schwierigen Lage musste der erst 14 Jahre alte Alfred Krupp, der älteste Sohn von Friedrich Krupp, das väterliche Geschäft antreten.
1) Der ausführliche Bericht befindet sich in der 5. Lieferung der Verhand- lungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbefleisses.
Beck, Geschichte des Eisens. 23
Deutschland bis 1830.
rohem Zustande verkauft. Die Feilenfabrik hatte aufgehört. In der neuen Fabrik war weder eine Dampfmaschine, noch ein Hammer. Alle Güsse muſsten zum Verschmieden nach der alten Fabrik gebracht werden. Der dortige neue Hammer (von 1818) war aber so schwach, daſs er nur Guſsstahl von 3 Zoll Dicke schmieden konnte. Das Walzen von Guſsstahl zu Platten muſste durchgängig anderen Werken, namentlich dem Walzwerke des „Mechanikus“ Franz Dienenthal in Spillenberg bei Essen, des Erbauers der ersten Blechwalzen sowie der ersten Dampfmaschinenfabrik am Niederrhein, übergeben werden. Obgleich sich das Werk von Jahr zu Jahr hob und Krupp mehr Aufträge bekam, als er ausführen konnte, befand er sich doch damals in andauernder Geldklemme, aus der ihn weder seine Familie noch seine Freunde, die immer noch nicht an die Zukunft seines Unternehmens glauben wollten, befreiten. Dies drückte oft schwer auf ihn, so daſs er 1820 ernstlich daran dachte, nach Ruſsland aus- zuwandern.
Um den Ruf seines Geschäftes zu heben, legte er 1821 Proben seines Guſsstahls dem Verein zur Beförderung des Gewerbefleiſses in den königl. preuſsischen Staaten in Berlin vor. Nach gründlicher Prü- fung bekundete dieser 1822 öffentlich, „daſs Herr Friedrich Krupp in Essen an der Ruhr durch langjährige Versuche und groſse Aufopfe- rungen es so weit gebracht hat, daſs sein Guſsstahl im allgemeinen den Vorzug vor dem englischen hat. . . . Sein Fabrikat ist von der Abteilung für Manufakturen und Handel in Berlin sorgfältig unter- sucht und dahin beurteilt worden, daſs es an Brauchbarkeit und innerer Güte dem besten englischen Stahl gleichzuachten, ja in mehr- facher Hinsicht ihm vorzuziehen ist“ 1).
So ehrenvoll diese Anerkennung war, so konnte sie doch Fried- rich Krupp, dessen Gesundheit so erschüttert war, daſs er oft viele Monate lang, von heftigen Schmerzen gepeinigt, arbeitsunfähig war, nur wenig nützen. Da ihn niemand im Geschäfte ersetzen konnte, so muſste dieses zurückgehen. Die traurige Lage, in die die Familie ge- riet, zwang dieselbe, ihre Wohnung in der Stadt aufzugeben und ein kleines Arbeiterhäuschen bei dem Werke, welches für einen der Meister errichtet worden war, zu beziehen. Am 8. Oktober 1826 raffte die Brustwassersucht den thätigen Mann hinweg. In dieser schwierigen Lage muſste der erst 14 Jahre alte Alfred Krupp, der älteste Sohn von Friedrich Krupp, das väterliche Geschäft antreten.
1) Der ausführliche Bericht befindet sich in der 5. Lieferung der Verhand- lungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbefleiſses.
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Deutschland bis 1830.
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Alle Güsse muſsten zum Verschmieden nach der alten Fabrik gebracht
werden. Der dortige neue Hammer (von 1818) war aber so schwach,
daſs er nur Guſsstahl von 3 Zoll Dicke schmieden konnte. Das
Walzen von Guſsstahl zu Platten muſste durchgängig anderen Werken,
namentlich dem Walzwerke des „Mechanikus“ Franz Dienenthal
in Spillenberg bei Essen, des Erbauers der ersten Blechwalzen
sowie der ersten Dampfmaschinenfabrik am Niederrhein, übergeben
werden. Obgleich sich das Werk von Jahr zu Jahr hob und Krupp
mehr Aufträge bekam, als er ausführen konnte, befand er sich doch
damals in andauernder Geldklemme, aus der ihn weder seine Familie
noch seine Freunde, die immer noch nicht an die Zukunft seines
Unternehmens glauben wollten, befreiten. Dies drückte oft schwer
auf ihn, so daſs er 1820 ernstlich daran dachte, nach Ruſsland aus-
zuwandern.
Um den Ruf seines Geschäftes zu heben, legte er 1821 Proben
seines Guſsstahls dem Verein zur Beförderung des Gewerbefleiſses in
den königl. preuſsischen Staaten in Berlin vor. Nach gründlicher Prü-
fung bekundete dieser 1822 öffentlich, „daſs Herr Friedrich Krupp
in Essen an der Ruhr durch langjährige Versuche und groſse Aufopfe-
rungen es so weit gebracht hat, daſs sein Guſsstahl im allgemeinen
den Vorzug vor dem englischen hat. . . . Sein Fabrikat ist von der
Abteilung für Manufakturen und Handel in Berlin sorgfältig unter-
sucht und dahin beurteilt worden, daſs es an Brauchbarkeit und
innerer Güte dem besten englischen Stahl gleichzuachten, ja in mehr-
facher Hinsicht ihm vorzuziehen ist“ 1).
So ehrenvoll diese Anerkennung war, so konnte sie doch Fried-
rich Krupp, dessen Gesundheit so erschüttert war, daſs er oft viele
Monate lang, von heftigen Schmerzen gepeinigt, arbeitsunfähig war,
nur wenig nützen. Da ihn niemand im Geschäfte ersetzen konnte,
so muſste dieses zurückgehen. Die traurige Lage, in die die Familie ge-
riet, zwang dieselbe, ihre Wohnung in der Stadt aufzugeben und ein
kleines Arbeiterhäuschen bei dem Werke, welches für einen der
Meister errichtet worden war, zu beziehen. Am 8. Oktober 1826
raffte die Brustwassersucht den thätigen Mann hinweg. In dieser
schwierigen Lage muſste der erst 14 Jahre alte Alfred Krupp, der
älteste Sohn von Friedrich Krupp, das väterliche Geschäft antreten.
1) Der ausführliche Bericht befindet sich in der 5. Lieferung der Verhand-
lungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbefleiſses.
Beck, Geschichte des Eisens. 23
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/369>, abgerufen am 22.11.2024.
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